Tote und quicklebendige Autorinnen und Autoren im direkten Wettstreit miteinander – Beim Slam-Poetry „Dead & Alive” in Karlsruhe treten Schauspielende mit Texten verstorbener Künstler*innen gegen heutige Slam Poet*innen an. Das Format ist so beliebt, dass es bereits zum 40. Mal stattfand.
Diesmal hat besonders die junge Autorin Johanna Bauer mit ihrem trockenen Humor und ihren Texten über komplizierte Beziehungen und Jobsuche überzeugt. Aber auch die Texte des großen Satirikers Kurt Tucholsky fanden beim Publikum großen Anklang. Am meisten Stimmen räumte aber der Slam Poet Lars Ruppel ab, mit einer Verballhornung von Fontanes Ballade „John Maynard“.
Das ganze Haus ist voller eingefleischter Slam-Poetry-Fans
Ausverkauftes Haus und ein etwas anderes Publikum als man sonst im Badischen Staatstheater antrifft, viele sind eingefleischte Slam-Poetry-Fans. Der preisgekrönte Slam-Poet Philipp Herold erklärte als Moderator des Abends nochmal kurz die Spielregeln.
Schnell ist aus dem Publikum heraus eine Jury gewählt. Natürlich wird auf Diversität wert gelegt – kein Problem, denn das Publikum ist bunt gemischt. Und dann ging es auch schon los mit dem ersten Text. „Zur soziologischen Psychologie der Löcher“ von Kurt Tucholsky aus dem Jahr 1931, gesprochen von Claudia Hübschmann, Ensemble-Mitglied des Badischen Staatstheaters.
Die junge Slam-Poetin Johanna Bauer haut ihre Sätze raus
Wie gut, dass mit der Schauspielerin Claudia Hübschmann noch eine zweite Frau auf der Bühne stand, auch wenn es natürlich besser gewesen wäre, wenn sie auch den Text einer Dichterin hätte präsentieren dürfen.
Die einzige weibliche Autorin an diesem Abend war die junge Slam Poetin Johanna Bauer. Mit ihrem Text über eine schwierige Beziehung versetzte sie das Publikum kurz vor der Pause zum ersten Mal so richtig in Begeisterung. In Oversize-Sweatshirt, Jeans und großer Brille stand sie starr vorm Mikro und haute ihre Sätze raus. Auch das war wohl bewusster Teil ihrer Performance.
Schweizerdeutsche Lautmalereien über unreife Sojabohnen
Ganz anders der Schweizer Valerio Moser, er machte eine richtige Show aus seinen Beiträgen – selbst wenn es nur um lautmalerische Spiele über unreife Sojabohnen geht: Moser hatte mit seinem schweizerdeutschen Dialekt eindeutig einen Vorteil. Obwohl die leiseren Texte seines Landsmanns, des Liedermachers Manni Matter, der 1972 tödlich verunglückte, trotz dieser Mundart nicht ganz so gut ankamen. Ebenso wie die etwas schwierigeren Songtexte von David Bowie.
Am Ende siegen die komischen Beiträge
Und es zeigte sich mal wieder: Rülpsen kommt nicht nur im Kindertheater gut an. Slam-Poet Lars Ruppel holte die meisten Stimmen mit einer verballhornten Version von Fontanes „John Maynard“, wobei sein Held Mike Lüpke heißt und statt eines brennenden Schiffs eine von fettigem Essen verpestete Straßenbahn steuert.
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