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Ferdinand Schmalz: Mein Lieblingstier heißt Winter

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Sehnsüchtig wurde im Literaturbetrieb der Debütroman von Ferdinand Schmalz erwartet. Dass Schmalz aus Graz kommt, ebenso wie der frisch gekürte Büchnerpreisträger Clemens J. Setz, gab Anlass zu Spekulationen darüber, ob sich das Zentrum der deutschsprachigen Literatur nicht zumindest temporär in Richtung Steiermark verschoben haben könnte. Ferdinand Schmalz, ein Künstlername, war vor allem als Autor für das Theater bekannt geworden, bis er 2017 mit einem Auszug aus seinem ersten Roman den Klagenfurter Ingeborg-Bachmann-Preis gewann.

Die Hauptfigur ist ein Mann mit dem sprechenden Namen Schlicht, der als Vertreter für Tiefkühlkost arbeitet. Er kennt seine Kundschaft und deren Vorlieben, darf sich also guten Gewissens einen Fachmann nennen. Herr Doktor Schauer beispielsweise erhält alle zwei Wochen eine Portion gefrorenes Rehragout. Und eben jener Doktor Schauer bittet Franz Schlicht eines Tages um Mithilfe bei einer Tötung – seiner eigenen. Denn Schauer ist unheilbar krank.

Von nun an entwickelt sich der Roman zu einem österreichischen Panoptikum, zu einer mit grotesken Komik aungefütterten Geschichte, in der der Erzähler die Politik, die Arbeitswelt und den Alltag genau beobachtet und in eine oberflächlich simple, aber kunstvoll hergestellte Suada taucht.

Der Schauplatz des Romans ist Wien, und in bester Tradition verbindet Schmalz den Wiener Hang zum Morbiden mit Komik. In der Hitze des Sommers sprachmäandert sich der Tiefkühlexperte Schlicht durch ein skurriles Ambiente, das uns schnell so vorkommt als sei es ganz normal. Vielleicht ist es sogar so.

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Autor/in
SWR