Es war einer der größten Theaterskandale des 20. Jahrhunderts, denn das Thema lautet: Sex. Mit heutigem Blick kann man darin viel über unsere Gegenwart erkennen, findet SWR Kultur Praktikantin Charlotte Prestel.
Es ist Arthur Schnitzlers erfolgreichstes Bühnenstück: Der Reigen. 1900 erschienen, sorgte der Autor in Wien für Aufmerksamkeit. Was konservative und völkische Kreise dazu brachte, die Theaterbühne zu stürmen: Sex. Je ein Mann und eine Frau schildern in zehn Dialogen ihr sexuelles Begehren.
Es ist ein Reigen durch die sozialen Schichten: der Gatte gibt sich zuerst seiner Ehefrau hin, in der darauffolgenden Szene dem süßen Mädel, der Graf und die Dirne finden zusammen. Moralvorstellungen und Normen scheinen ausgesetzt –Theaterskandal und der „Reigen-Prozess“ folgten. Charlotte Prestel ist auch heute noch von diesem umstrittenen Klassiker begeistert.
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Als Arthur Schnitzler 1896 seinen Reigen verfasst, hält er das Bühnenstück für unaufführbar. Zu anrüchig, zu wenig literarisch. 1900 im Privatdruck nur für Freunde erschienen, dauert es drei weitere Jahre, bis der Reigen ein breiteres Publikum erreicht. In nur acht Monaten folgen zehn Auflagen des Stücks, das einen Nerv der Zeit getroffen haben muss, ein Bestseller.
Munterer Reigen quer durch soziale Schichten
Zehn Szenen, jeweils ein Mann und eine Frau. Einer von beiden lässt sich wiederum in der nächsten Szene mit einem neuen Partner ein. Das Personal verbindet unterschiedliche soziale Schichten: den Soldaten mit dem Stubenmädchen, den Gatten mit dem „süßen Mädel“ oder den Grafen mit der Dirne. Dadurch zeigt Schnitzler: Sexualität hält sich nicht an soziale Grenzen. Vollständig klammert der Autor die Moral aber nicht aus. Auf den Liebesakt folgt zuweilen ein schlechtes Gewissen:
Auszug aus dem Hörbuch Reigen: Dialog der junge Herr, die junge Frau aus CD 1, Reigen 12, 2 Min. – 2 Min. 15 Sek.
Zuschauerräume werden gestürmt – vor Gericht wird wegen des Stücks prozessiert. Bei diesen Reaktionen kann der Reigen zweifellos als umstrittener Klassiker gelten.
Warum das Bühnenstück heute noch lesen?
Schnitzler beleuchtet nicht nur die Kultur des Fin de Siècle, sondern eröffnet Perspektiven auf unsere Gegenwart. Beziehungsformen vervielfältigen sich - von Monogamie bis Polyamorie oder Freundschaft Plus. Ob auf heutigen Datingapps oder im bunten Reigen: Wen wir warum begehren ist eine zeitlose Frage, deren Antwort wir vielleicht in einer vergangenen Epoche finden können.
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Nach der gleichnamigen Komödie | Mit: Alfons Hoffmann, Günter Gube, Ernst Ernsthoff, Franz Johann Danz, Franz Dehler, Helmuth Hiller u. a. | Hörspielbearbeitung und Regie: Amido Hoffmann | Produktion: Schweizer Radio DRS 1966