Nein zu Sex, Ehe und Kindern

Nach Trump-Wahl: Südkoreas 4B-Bewegung geht in den USA viral

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Autor/in
Ines Kunze
Team SWR Kultur: Autorin InesKunze

Nach Trumps Wahlsieg fürchten viele US-Amerikanerinnen um ihre Rechte, insbesondere in Bezug auf die Gesetzgebung in Sachen Abtreibung. Manche von ihnen schließen sich jetzt der sogenannten 4B-Bewegung aus Südkorea an, teils aus Protest, teils aus Selbstschutz.

Schon während seiner ersten Amtszeit hat sich Donald Trump klar auf die Seite der Abtreibungsgegner gestellt. Sollte das sogenannte „Project 2025“, ein Plan ultrakonservativer Trump-Unterstützer zur Umgestaltung der US-Exekutive, im kommenden Jahr in den USA umgesetzt werden, könnten etwa Abtreibungspillen kaum noch verfügbar sein. Organisationen, die diese Pillen anbieten, melden seit Trumps Wiederwahl deutlich gestiegene Anfragen.

Viele Frauen berichten von ihrer Angst, unter Trumps Regierung ihre Rechte zu verlieren. Manche sehen einen Ausweg und Protest darin, ganz auf Beziehungen mit Männern zu verzichten. Ein Vorbild finden sie in der „4B-Bewegung“ aus Südkorea. Tausende Südkoreanerinnen haben sich in den letzten Jahren demonstrativ von den Männern abgewendet.

Viermal Nein: Woher kommt die Bewegung?

Die vier Bs der Bewegung finden sich in den koreanischen Begriffen bisekseu, bichulsan, biyeonae und bihon: Kein Sex, keine Geburten, keine Beziehungen und keine Ehen.

Die Südkoreanerinnen protestieren so gegen patriarchale Strukturen und Sexismus in ihrem Land: In der koreanischen Gesellschaft werden Frauen bis heute deutlich schlechter bezahlt und finden schwieriger einen Job, wenn sie sich nicht den strengen Schönheitsstandards der koreanischen Gemeinschaft fügen. Auch wenden sie sich gegen sexuelle Übergriffe wie das sogenannte „Upskirting“, die nur selten geahndet werden.

Mann fotografiert Frau unter den Rock
Beim sogenannten „Upskirting“ filmen oder fotografieren Täter ihren Opfern heimlich unter den Rock.

In den südkoreanischen Medien ist oft von einem „Geschlechterkrieg“ die Rede. Auch Amnesty International bescheinigt Südkorea im Vergleich zu anderen Industrienationen einen schlechten Wert in Sachen Gleichberechtigung. Einen Höhepunkt erreichte die feministische Bewegung in Südkorea im Jahr 2016: Damals sorgte ein Femizid für Schlagzeilen, bei dem ein Mann eine fremde junge Frau in der Nähe einer U-Bahn-Station erstach, aus Hass, weil er sich von Frauen ignoriert fühlte.

Südkorea und seine Vorkämpferinnen der #MeToo-Bewegung | Alle Internetze | ARTE

Zulauf aus Selbstschutz und Protest

Dass die 4B-Bewegung jetzt auch in den USA Zulauf bekommt, hat vor allem zwei Gründe: Zum einen wollen Frauen sich damit aus Protest Männern verweigern, die Trump gewählt haben. Andere führen an, dass es für sie eine Schutzmaßnahme ist, um etwa ungewollte Schwangerschaften zu verhindern.

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Schon zu Beginn von Trumps erster Amtszeit waren Frauen in den USA zu sogenannten „Women’s Marches“ auf die Straße gegangen. Viele der Protestierenden trugen pinke Mützen mit Zipfeln, sogenannte „Pussy Hats“, in Anlehnung an eine frauenfeindliche Äußerungen Trumps, die im Wahlkampf 2016 bekannt wurde: Wenn man berühmt sei, so der damalige Präsidentschaftskandidat, könne man Frauen überall anfassen.

Hunderttausende laufen die Pennsylvania Avenue in Washington beim Women's March hinunter.
Hunderttausende laufen beim Women's March am 21. Januar 2021 die Pennsylvania Avenue in Washington D.C. hinunter.

Manche Anhängerinnen der 4B-Bewegung schneiden sich aktuell die Haare ab oder rasieren sich gleich eine Glatze, oft vor laufender Kamera. Für sie ist es ein symbolischer Akt, um sich für Männer unattraktiv zu machen. Andere berichten, dass sie Beziehungen beenden oder sich sterilisieren lassen.

Suchanfragen zum „4B Movement“ steigen rasant

Welche Dimensionen die Bewegung inzwischen hat, lässt sich kaum abschätzen. Klar ist, dass die Aufmerksamkeit für das „4B Movement“ in den letzten Tagen deutlich gestiegen ist: Laut Auswertungen von Google wurde der Begriff seit der Wahl rund zehnmal mehr gesucht als davor. In den sozialen Medien werden Posts teilweise zehn- bis hunderttausende Male geliket und geteilt.

Ob es sich dabei immer um Anhängerinnen handelt, bleibt aber fraglich. Einige Userinnen fragen sich auch, ob sie denn „mitmachen dürfen“, wenn sie zwar die Werte der Bewegung teilen, aber schon ein Kind haben oder sich nicht von ihrem Partner trennen wollen.

Kritik und Häme von Trump-Unterstützer*innen

Dass die 4B-Bewegung in konservativen Kreisen Kritik und Häme erfährt, ist wenig verwunderlich. Aber auch aus der feministischen Bubble gibt es Zweifel: Aktivistin Eve etwa, eine ehemalige evangelikale Christin, hält den Protest für nicht zielführend.

Lasst mich euch sagen, dass sie keinen Mangel an Frauen haben, die bereit sind, mit diesen Männern zusammen zu sein, ihre Kinder zu bekommen und ihr kleines Trad-Wife-Leben mit ihnen zu führen.

Manche Userinnen äußern auch die Angst davor, was passiert, wenn sie Männer gegen sich aufbringen.

Was, wenn sie uns verachten?

Kritik gibt es außerdem am symbolischen Haare-Abrasieren. Haarausfall-Betroffene werfen den Aktivistinnen fehlende Solidarität, teilweise sogar Heuchlerei vor.

Sinkende Geburtenrate und mehr individueller Frieden

In Südkorea sinken seit Jahren die Geburtenzahlen, doch inwieweit eine bewusste Enthaltsamkeit dafür verantwortlich ist, lässt sich aus den Erhebungen nicht ableiten.

Menschen in U-Bahn in Seoul, Südkorea
Weniger Pendelzeit für mehr Kinder: Südkoreas Präsident will mit schnelleren U-Bahnen die Geburtenrate ankurbeln.

Südkoreas Präsident Yoon Suk-yeol hält eher die mangelnde Zeit, die Paare miteinander verbringen, für das Kernproblem. Deshalb ließ kurzerhand eine besonders schnelle U-Bahn bauen, um Pendelzeiten zu verkürzen.

Welche Dimensionen die Bewegung in den USA annehmen wird, ist knapp eine Woche nach der US-Wahl noch schwer abzusehen. Frauen, die sich der 4B-Bewegung schon zuvor angeschlossen hatten, berichten zumindest von deutlich mehr Frieden auf individueller Ebene: Sie hätten seither weniger Angst vor Vergewaltigungen, häuslicher Gewalt oder ungewollten Schwangerschaften.

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