Betreibt eine Künstliche Intelligenz Raubbau an geistigem Eigentum? Auf Instagram gepostete Kunstwerke, mit denen sich Künstlerinnen und Künstler im Netz präsentieren, will der Konzern etwa künftig nutzen, um seine KI zu trainieren. Die Social-Media-Plattform Cara setzt dagegen. Alle dort geposteten Bilder werden von einer unsichtbaren Hülle umgeben, um sie vor KI zu schützen.
Wenn KI Kunst kopiert
Für die Illustratorin Kristina Gehrmann war der Schritt klar. Der Weg zu ihren 12.000 Followern auf Instagram war zwar weit, doch dass der Mutterkonzern Meta alle Bilder der Plattform in ihre Künstliche Intelligenz einspeist hat, ging dann doch einen Schritt zu weit.
Die Künstlerin suchte Alternativen, sich im Netz zu präsentieren. Wie mittlerweile rund eine Million andere eröffnete sie einen Account im Künstlernetzwerk Cara. Eine 2023 gegründete Plattform abseits von Urlaubsfotos und Influencervideos, sondern nur für Kunst – ganz ohne KI.
Cara als Teil einer Anti-KI-Bewegung
Hier menschelt es im Feed. Ein KI-Detektor checkt dafür jedes hochgeladene Bild.
Damit hebe sich Cara auch von anderen Plattformen wie Artstation ab, sagt Kristina Gehrmann. Auf denen sei es mittlerweile schwierig geworden, überhaupt noch menschengemachte Bilder zu finden.
Cara ist Teil einer Anti-KI-Bewegung, die der Industrialisierung der Kulturproduktion etwas entgegensetzen will. Eine Technologie namens Glaze legt eine virtuellen Hülle um die Bilder, der es KI-Modellen erschwert, die Bilder weiterzuverarbeiten.
Die KI agiert in der rechtlichen Grauzone
Cara schützt also gegen den Raubbau an geistigem Eigentum, das Recht tut es nur teilweise.
Denn Künstler besitzen ihren Stil nicht, wie Thomas Schwenke weiß. Auch nicht, wenn sie diesen eindeutig geprägt haben wie Banksy seinen Graffiti-Stil oder Salvador Dalí die psychedelischen Bilder. Der Rechtsanwalt ist Experte in Fragen der Künstlicher Intelligenz und Mediennutzung.
„People, not bots” wird zum Distinktionsmerkmal
Auf der einen Seite möchte man Künstler und ihre Werke schützen, auf der anderen Seite möchte man die Kunst auch nicht monopolisieren und die Möglichkeit lassen, die Kunst und ihre Stile weiterzuentwickeln.
Verbieten könnte man vieles. Die Gesellschaft entscheidet, wie sie am Ende damit umgehen möchte: „Es ist also weniger eine rechtliche, als eine kulturelle Frage, wie man mit diesen neuen Verhältnissen umgeht,“ gibt Thomas Schwenke zu bedenken.
„People, not bots”: Immer mehr Websites werben damit, keine künstliche Intelligenz zu verwenden und der Verzicht auf KI wird zum neuen Distinktionsmerkmal. Eines, das dem Netzwerk Cara Hunderttausende neue Nutzerinnen und Nutzer beschert.
Ob diese jedoch alle auch auf Instagram verzichten, ist zwar fraglich – trotzdem ist es ein bemerkenswerter Schritt.
Mehr zu Kunst und KI
Was geht - was bleibt? Zeitgeist. Debatten. Kultur. Kreativität und KI: Ist Maschinenkunst auch Kunst?
Programme wie Dall-E oder Midjourney revolutionieren die Art und Weise wie Kunst hergestellt wird. Es braucht nur noch eine Eingabe, einen Prompt, der das gewünschte Bild präzise beschreibt und in Windeseile spuckt der Algorithmus passende Darstellungen aus.
Gerade hat Google ImaGen vorgestellt, das bewegte Bilder herstellt, Videos zu bauen ist also auch kein Problem mehr. Schon lange gibt es automatische Textgeneratoren wie GPT-3. Die Zukunft ganzer Berufszweige der Kreativbranche scheint bedroht zu sein.
Der Künstler Mario Klingemann arbeitet schon lange mit KI. Jetzt, wo jede*r mithilfe von Programmen wie Dall-E Kunst erzeugen kann, wird es für ihn als Künstler immer schwerer wirklich Neues zu schaffen: „Das reine Erzeugen hübscher Bilder ist mir zu einfach. Ich versuche herauszufinden, was Kunst ausmacht“, sagt er uns.
Die Literaturwissenschaftlerin Stephanie Catani von der Uni Würzburg forscht unter anderem zu Literatur und Kunst, die auf Algorithmen basiert. Sie ist der Meinung, dass eine KI erst mal noch nicht den großen Roman schreiben wird.
Einen ganzen fiktionalen Text zu schreiben, das könnten Maschinen noch nicht besonders gut. Was Catani hingegen mehr interessiere, ist die Frage: „Welches kreative Potenzial steckt in der Maschine als Tool für Künstler*innen der Gegenwart? Denn das eigentlich Kreative ist, mit diesem Programm so umzugehen, dass etwas entsteht, was weiterdenkt.“
Unsere Kollegen vom NDR haben in ihrem Podcast „Die Idee“ auch eine Folge zum Thema Künstliche Intelligenz gemacht! Norbert Grundei spricht darin mit dem KI-Experten Prof. Peter Kabel darüber, ob Künstliche Intelligenz die Bestseller von morgen schreibt oder die Charthits, die wir hören. Er sagt: Ja! Denn für bestimmte Texte ist heute schon KI verantwortlich. Hört doch mal rein bei „Die Idee“:
https://www.ardaudiothek.de/episode/die-idee-mit-norbert-grundei/36-was-kann-die-kuenstliche-intelligenz-prof-peter-kabel/n-joy/12007465/
Weblinks zum Thema:
Dall-E 2: https://openai.com/dall-e-2/
Midjourney: https://www.midjourney.com/home/
Google KI-Video Genarator: https://imagen.research.google/video/
Mario Klingemann: https://quasimondo.com/
KI-Podcast Steve Jobs im Joe Rogan-Interview: https://share.transistor.fm/s/22f16c7f
SWR Wissenschaftspodcast "Fakt ab": https://www.ardaudiothek.de/episode/fakt-ab-eine-woche-wissenschaft/sie-hat-jetzt-einen-anwalt-eine-google-ki-macht-ernst/swr2/10625093/
Was geht - was bleibt? Die Debatte um LaMDA: https://www.ardaudiothek.de/episode/was-geht-was-bleibt-zeitgeist-debatten-kultur/debatte-um-lamda-haben-algorithmen-gefuehle/swr2/10588035/
Habt ihr noch mehr Themen, die wir uns dringend anschauen sollten? Schreibt uns an kulturpodcast@swr.de
Host: Max Knieriemen
Redaktion: Max Knieriemen und Kristine Harthauer
Podcastreihe KI oder K.O. – Runde 7: Kann KI Kunst schaffen?
Ist Kunst noch Kunst, wenn KI dabei mitmischt oder ist das dann Schummeln? Und was bedeutet Künstliche Intelligenz für kreative Berufe? Wir sprechen mit Experten über die Studie “KI und Bildende Kunst” der Stiftung Kunstfonds und Initiative Urheberrecht.