Landesdenkmalämter tagen in Mannheim

Mehr Bürgerbeteiligung: Wie erreicht Denkmalschutz die Gesellschaft?

Stand
Autor/in
Kerstin Bachtler

Wie kann die Denkmalpflege auf eine sich wandelnde Gesellschaft eingehen? Das ist die Grundfrage, die sich die Landesdenkmalämter der Republik auf ihrer Fachtagung „DenkMal miteinander – Teilhabe in der Denkmalpflege“ stellen, die vom 10. bis 12. Juni 2024 in Mannheim stattfindet.

Bürgerbeteiligung stand am Beginn der Denkmalpflege

Die Anfänge der Denkmalpflege sind geschichtsinteressierten Bürgerinnen und Bürgern zu verdanken. Die ersten Konservatoren arbeiteten im 19. Jahrhundert ehrenamtlich und setzten auf die Unterstützung vieler Bürgerinnen und Bürger, erklärt die baden-württembergische Landeskonservatorin Prof. Dr. Ulrike Plate. Mit der zunehmenden Institutionalisierung habe sich die Denkmalpflege aber immer weiter von dieser ursprünglichen Zusammenarbeit entfernt.

Geschichts- und Altertumsvereine waren wesentliche Motoren darin, sich für den Erhalt von Kulturgut einzusetzen und auch darauf zu dringen, dass es einen institutionellen Schutz von Denkmalen gibt.

Luftbild der Burgruine Hardenburg bei Bad Dürkheim in Rheinland-Pfalz
Die Burgruine Hardenburg bei Bad Dürkheim ist mit einer Grundfläche von 16.000 Quadratmetern die größte Burg zwischen Rhein und Saar. Zwischen 1200 und 1725 war sie die Residenz der Grafen von Leiningen.

Suche nach gesellschaftsrelevanten Themen

Die Landesdenkmalämter sind sich ihrer gesellschaftspolitischen Aufgabe bewusst, dennoch kämpfen sie seit Jahren gegen den Vorwurf, sie kümmerten sich nur um kunsthistorisch hochrangige Gebäude. Auf der anderen Seite gibt es auch die Kritik, dass die Denkmalpflege Gebäude schützen wolle, die zu jung seien, um als Denkmal zu gelten.

Auch die Themen Migration und Diversität müssten deutlicher in der Denkmalpflege gespiegelt werden, sagt Plate. Dazu habe man bereits Foren veranstaltet, um Bürgerinnen und Bürger zum Austausch einzuladen.

Blick auf das ehemalige Institut für Hygiene und Mikrobiologie
Umstrittenes Objekt der Denkmalpflege: Die wegen ihrer früheren Nutzung als „Mäusebunker“ bekannte Forschungseinrichtung für experimentelle Medizin der Berliner Charité sollte ursprünglich abgerissen werden.

Umstrittene Denkmale: Sind Tierversuchslabore schützenswert?

Manche historischen Gebäude, die die Denkmalpflege als schützenswert einstuft, werden als Wohnhäuser genutzt. Experten haben bei einigen solcher Häuser das Gespräch mit den Bewohnerinnen und Bewohnern und den Eigentümern gesucht, um zu klären, wie sich deren Bedürfnisse mit den Vorgaben des Denkmalschutzes vereinbaren lassen. Doch oft ist es nicht leicht, Kompromisse zu erzielen.

Beim sogenannten „Mäusebunker“ in Berlin streiten sich Anwohnende und Fachleute darüber, ob der wuchtige Bau aus den 1970er-Jahren tatsächlich denkmalwürdig ist. Grund für den Streit ist unter anderem die ehemalige Nutzung des Gebäudes für Tierversuche.

Bürgerinnen und Bürger helfen Denkmale einzuschätzen

Gerade bei historischen Gebäuden in kleineren Orten, zum Beispiel bei alten Fachwerkhäusern, ist die Denkmalpflege auf die Unterstützung und das Wissen von Bürgerinnen und Bürgern angewiesen.

Menschen, die lange in einem Dorf wohnen, kennen oft Geschichten, die nirgends aufgeschrieben wurden: Wer wohnte hier? Wie hieß der Bäcker, der hier einmal eine Bäckerei hatte? Wann war das Haus abgebrannt? Mit Antworten auf solche Fragen können Expert*innen besser einschätzen, ob ein Objekt wichtig und erhaltenswert ist.

Historische Häuser im Sanierungsgebiet Fischerviertel in Ulm
Im Mittelalter siedelten Handwerker in der Nähe der Donau. Heute zeugen im Fischer- und Gerberviertel Häuser aus dem 15. bis 17. Jahrhundert von der Ulmer Stadtgeschichte.

Viele Menschen setzen sich ehrenamtlich für Denkmale ein, indem sie zum Beispiel Spenden sammeln oder vor Ort arbeiten. Diesen Menschen wolle man mehr Gehör und eine Stimme verleihen, um ihre Motivation aufrecht zu erhalten und auch künftig Helferinnen und Helfer zum Mitmachen zu animieren, sagt Plate. Auch Handwerker, die historische Gebäude restaurieren, seien wichtige Partner der Denkmalpflege.

Haus 5, 9 von J.J.P. Oud, Weißenhofsiedlung, Stuttgart, Baden-Württemberg,
Die Weißenhofsiedlung in Stuttgart wurde 1927 vom Deutschen Werkbund unter der Leitung von Ludwig Mies van der Rohe und anderen führenden Vertretern des Neuen Bauens errichtet.

Entscheidungen in die Öffentlichkeit tragen

Auf ihrem Treffen wollen die Fachleute darüber diskutieren, wie sie ihre Entscheidungen künftig in der Öffentlichkeit transparenter machen können. Das sei auch eine wichtige Voraussetzung, um in Streitfällen die unterschiedlichen Parteien zu befrieden. Das Ziel sei, so Prof. Dr. Ulrike Plate, dass die Bürgerinnen und Bürger die Prozesse künftig besser verstehen sollen.

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