1899 wurde Hans Thoma vom Badischen Großherzog zum Direktor seiner Gemäldegalerie in Karlsruhe berufen. Thoma war damals schon 60 Jahre alt und ein erfolgreicher Künstler. Als Museumsdirektor verfolgte er eine konservative Ankaufspolitik, ignorierte die avantgardistischen Kunstströmungen der Moderne und kaufte vor allem Werke regionaler Künstler. Diesem Aspekt geht jetzt eine Ausstellung der Kunsthalle Karlsruhe nach.
Wer wurde gefördert – und wer nicht?
Tanzende Mädchen auf einer Schwarzwaldwiese oder die Frau des Malers mit Blumen im Arm – diese Gemälde sind es, die man von Hans Thoma aus dem Besitz der Kunsthalle Karlsruhe kennt. Und die nun auch wieder in der Ausstellung zu sehen sind.
Neu ist, dass der Blick der Kunsthalle sich zum 100. Todestag des sogenannten „Malerfürsten“ auf seine Tätigkeit als Museumsdirektor von 1899-1919 in Karlsruhe richtet. Untersucht wurde vor allem, welche Ankaufspolitik Hans Thoma zu Beginn des 20. Jahrhunderts verfolgt hat. Wen hat er gefördert – und wen nicht?
Konventionelle Werke von regionaler Künstler statt Avantgarde
In einem separaten Ausstellungsraum hängen ein paar Beispiele: das Gemälde von Wolle spinnenden Frauen in einer Schwarzwaldstube von Wilhelm Hasemann oder ein Totenschädel des Realisten Wilhelm Leibl, den Thoma aus München kannte.
Dass Hans Thoma einem konservativen Kunstverständnis anhing und eher konventionelle Werke vor allem regionaler Künstler ankaufte als avantgardistische war allerdings schon lange bekannt, erklärt die Kuratorin Leonie Beiersdorf.
Konservative Ankaufspolitik der deutschen Museumslandschaft
Thomas konservative Ankaufspolitik war in der deutschen Museumslandschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts keine Ausnahme, sondern eher die Regel. Aber natürlich gab es auch andere, offenere Geister, die die neuen Strömungen, die vor allem aus Frankreich kamen, ankauften und auch hierzulande bekannt machten.
Das Kunstverständnis spiegelt schließlich immer auch eine Geisteshaltung wider. In Thomas Fall war das, wie wir spätestens seit den Enthüllungen des vergangenen Jahres wissen, eben auch eine völkisch-nationale und antisemitische. Die Kunsthalle Karlsruhe hatte dazu umgehend und klar Stellung bezogen.
Fehlende Auseinandersetzung mit Hans Thomas Geisteshaltung
Leider ist von einer kritischen Auseinandersetzung mit Hans Thomas Geisteshaltung zu völkisch-nationalem Gedankengut in der Studio-Ausstellung kaum etwas zu sehen. Die Kunsthalle Karlsruhe hat zur Zeit keinen Platz für große Sonderausstellungen, weil sie gerade grundlegend umgebaut wird und quasi im Exil im Gebäude des ZKM untergebracht ist.
Es ist trotzdem erstaunlich, dass man sich mit solcher Akribie der Ankaufspolitik von Hans Thoma und seiner Rolle als Museumsdirektor widmet – Aspekte, die vor allem Fach-Kreise interessieren dürften.
Neuer Blick auf Hans Thoma
Spannend ist, was das Museum im Hintergrund an Forschungsarbeit zu den Netzwerken von Hans Thoma geleistet hat und im digitalen Raum zur Verfügung stellt. Daran lässt sich sehr gut ablesen, in welchen Kreisen er verkehrte, mit wem er in Kontakt stand, wer ihn förderte und beeinflusste. Dieser Blick auf Hans Thoma ist wirklich neu und aufschlussreich. Ein Besuch der entsprechenden Internetseite ist also sehr zu empfehlen!