In der Ausstellung könne man den Künstler Max Liebermann während seines kreativen Prozesses sehen, beschreibt Kurator Dr. Sören Fischer seine Herangehensweise: „Wir schauen Max Liebermann über die Schulter, beobachten ihn beim Finden von Motiven, beim Suchen von Lösungen. Das gibt einen viel intimeren Blick als es Gemälde können.“
Liebermanns zeichnerische Handschrift entwickelt sich über die Jahre. In seinen frühen Zeichnungen der 1870er-Jahre betont er die Konturen und weniger die Flächen. Ab den 1880er-Jahren wird seine Arbeit flächiger, in den 1890er-Jahren entstehen schließlich modern anmutende Zeichnungen, bei denen die Linie zur Chiffre wird und teilweise sogar Kritzelei ähnelt.
Von der Skizze zum Gemälde
Kurator Sören Fischer fasst Liebermanns Handschrift in drei Kategorien zusammen. Viele der Zeichnungen stehen in einem direkten Zusammenhang mit Gemälden. Das sehe man auch in der Ausstellung, wo dann links die Zeichnung hängt und rechts, in der Reproduktion, das Gemälde, so Kurator Fischer. So könne man genau sehen, was der Künstler von der Zeichnung in das Gemälde übernommen oder abgewandelt habe.
Die zweite Kategorie seien autonome Zeichnungen, die für sich stünden – ohne das Vorhaben, daraus ein Gemälde zu machen. So etwa das Landschaftsbild „Allee in Laren“ von 1896. Solche Bilder habe Liebermann als Erinnerung gezeichnet, als Reservoir für spätere Projekte, so Kurator Sören Fischer. Dennoch sei es keine Skizze, sondern stehe für sich.
Als dritte Kategorie sieht Kurator Sören Fischer die Auseinandersetzung mit einem Motiv sowie das stetige Üben der Zeichentechnik – ähnlich den Fingerübungen eines Klavierspielenden. So im Fall der Zeichnung „Holländisches strickendes Mädchen“. Neben einer „fertigen Figur“ sind auf dem Blatt auch zwei Entwürfe der gleichen Figur zu sehen.
Zeichnungen erzählen über Max Liebermanns Leben
Für seine Studien und Skizzen benutzte Max Liebermann gerne Bleistift und Kohle, mit denen er schnell Konturen festlegen konnte. Für seine autonomen Zeichnungen durfte es technisch auch aufwendiger sein.
Ein Bild, das viel über Max Liebermann erzähle, so Kurator Fischer, sei „Garten in Wannsee“ um 1920. Dieses schon damals sehr teure Anwesen hat der Künstler aus eigenen Mitteln finanziert. Max Liebermann war es wichtig, seiner Herkunftsfamilie zu beweisen, dass er als Maler erfolgreich genug war, dass er sich Haus und Garten leisten konnte.
Max Liebermann überzeugt auch als Zeichner und ohne große Farbpalette. Seinen Themen bleibt er mit Bleistift und Kreide treu: Landschaften, Sport und immer wieder die Welt des sogenannten „einfachen Volkes“, inspiriert von seinen Aufenthalten in Holland.