Zentrum Baukultur

„70 Jahre Kunst am Bau“: Mainzer Ausstellung zeigt architekturbezogene Kunst aus sieben Jahrzehnten

Stand
Autor/in
Hannegret Kullmann

1950 beschlossen die Bundesrepublik und die DDR unabhängig voneinander, dass die Gegenwartskunst bei der Gestaltung staatlicher Bauten eine feste Rolle spielen soll. Deshalb blickt Deutschland auf eine lange Tradition der sogenannten Kunst am Bau zurück. Die Ausstellung „70 Jahre Kunst am Bau“ im Zentrum für Baukultur in Mainz präsentiert ausgewählte Projekte – von den Anfängen in den fünfziger Jahren über die neuen Regierungsgebäude in Berlin bis hin zu den Auslandsbauten.

Rund 10.000 baubezogene Kunstwerke gibt es in Deutschland

Wie die Selbstdarstellung mittels architekturbezogener Kunst in den letzten 70 Jahren aussah, gliedert die Ausstellung kapitelweise auf. So war auch in der DDR die Kunst tief in der Baukultur verankert. Das illustrieren unter anderem Wand- und Glasbilder von Walter Womacka: Entstanden im Stil des sozialistischen Realismus zeigen sie fröhlich zupackende Menschen im Arbeiter- und Bauernstaat.

Bunte Glaswand mit Arbeitermotiven im Stil des sozialistischen Realismus, DDR-Kunst
„Aus der Geschichte der Arbeiterbewegung“ - Glaskunst von Walter Womacka im ehemaligen Staatsratsgebäude in Berlin.

Während sich viele Kunstwerke als Ergänzung zum Bau präsentieren, sticht Otto Herbert Hajeks ganzheitlicher Ansatz hervor. Mitte der siebziger Jahre entwarf er für das Bonner Landwirtschaftsministerium die für ihn typischen geometrischen Muster in den Farben gelb, rot, blau und schwarz.

An die 10.000 baubezogenen Kunstwerke gibt es in ganz Deutschland, aber auch im Ausland. Botschaften, Schulen und Goethe-Institute repräsentieren Deutschland und fungieren als eine Art Visitenkarte in Sachen Architektur und Kunst.

Deutschlandweit rund 10.000 Kunst-am-Bau-Werke Architektur trifft auf Kulturförderung: Baut der Bund, gehört Kunst dazu

Staatliche Kunstförderung, Prestigeobjekt oder Dekoration? Kunst am Bau kann vieles sein. Seit den fünfziger Jahren ist sie in Deutschland fest verankert. Was hat es damit auf sich?

Berlin als Hotspot für die Kunst am Bau

Ein Hotspot ist natürlich Berlin mit seinen vielen Regierungsgebäuden und Ministerien. Die Liste der Künstlerinnen und Künstler in den Bundestagsbauten liest sich wie das Who is Who der deutschen Gegenwartskunst: Gerhard Richter, Christian Boltanski oder Katharina Grosse. 

Konzeptkünstler Hans Haacke hinterfragt in einem Innenhof des Reichstagsgebäudes den Volks-Begriff. Mit den Worten „Der Bevölkerung“ in einem Beet wandelt er den historischen Schriftzug über dem Hauptportal „Dem deutschen Volke“ ab. Der Entwurf war seinerzeit hochumstritten und beschäftigte sogar den Bundestag.

 

Schriftzug aus Pflanzen "Der Bevölkerung" in Innenhof des Reichtagsgebäudes
Das Kunstwerk von Hans Haacke stieß im Jahr 2000 eine politische Diskussion an.

Nicht alle Kunstwerke sind frei zugänglich

Nicht alle Kunst-am-Bau-Werke sind öffentlich zugänglich. Im Bundestag kann man sie nur im Rahmen von Führungen besichtigen. Und viele Kunstwerke bleiben denen vorbehalten, die in Ministerien, Behörden oder Forschungsanstalten des Bundes arbeiten. Michael Kasiske:

Es war Anliegen dieser Ausstellung, diese Kunstwerke, die eben nicht überall zu sehen sind, zu zeigen und in die Öffentlichkeit zu bringen und dafür ein Bewusstsein zu schaffen, was es an Kunst am Bau gibt durch die Jahre, seit der Gründung der Republik bis heute.

Die Schau im Zentrum Baukultur ist sehenswert, leidet aber unter Platzmangel. Zum Glück gibt es einen exzellenten Ausstellungs-Katalog. Dank ihm kann man ganz in Ruhe nachvollziehen, wie die Kunst am Bau sieben Jahrzehnte deutscher Gesellschaft und Politik widerspiegelt.

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Hannegret Kullmann