Feminismus, Macht, Ökonomie - Anna Oppermann hat viele Themen, die heute noch diskutiert werden, in ihren Kunstcollagen verarbeitet. Die 1993 an Krebs gestorbene Künstlerin hat keinerlei Anweisungen hinterlassen, wie mit ihren Kunstwerken zu verfahren sei. Allerdings hat sie alles gut dokumentiert, was schon einmal aufgebaut war. So kann man in der Bundeskunsthalle nun zweierlei sehen: Rekonstruiertes und ein neuer Blick auf die Collagen - auch als Kommunikationsangebot.
Tausende Objekte, die einen überwältigen
Aus fast jeder Ecke der Bundeskunsthalle wuchert eine „Ensemble“ genannte Collage aus manchmal tausenden Fotos, Gegenständen, Wörtern und Pflanzen. 18 der insgesamt 61 von Anna Oppermann geschaffenen „Ensembles“ hat die Bundeskunsthalle rekonstruiert und zugleich ergänzt. Von „Frauen wie Ängel“, entstanden ab dem Jahr 1968 - bis „Paradoxe Intentionen - Das Blaue vom Himmel herunter lügen“, entstanden rund ums Jahr 1990.
Tausende Objekte, die einen überwältigen. Mit „Anna Oppermann. Eine Retroperspektive“ zeigt Intendantin Eva Kraus auch, was ihre Bundeskunsthalle programmatisch will und kuratorisch zu leisten vermag.
„Es geht natürlich vor allen Dingen um feministische Themen“, sagt Intendantin Eva Kraus. „Es geht aber auch um Ökonomie, um Macht, um Machtdemonstration, ein hierarchisches System. Es geht auch um das Private zum Öffentlichen, um die Frage, wie man künstlerisches Handeln in einen öffentlichen Raum transferiert. Das sind ganz viele Themen, die sie schon vordenkt. Und das ist einfach wichtig, das auch heutzutage noch mal zu reflektieren.“
Anna Opperman hat ihre Arbeiten auf die Ausstellungsräume angepasst
Als die Holsteinerin Anna Oppermann 1993 an Krebs stirbt, hinterlässt sie kein Testament, keine Anweisung, wie mit den Tütenbergen und Kisten randvoll mit ihrer Kunstproduktion umzugehen ist. Ihre Collagen enthalten zum Glück immer Hinweise auf die ursprüngliche Anordnung, da sie alles abfotografiert und auch selbst entwickelt hat.
Das Kurator:innenteam hat nicht nur rekonstruiert, sondern mutig eigene Perspektiven auf die Ensembles entwickelt. „Sie hat die Arbeiten immer auf die Räume angepasst, in denen sie sie ausgestellt hat“, erklärt Kuratorin Susanne Kleine.
Angefangen habe Anna Oppermann mit kleinen Collagen und Zetteln auf ihrem Arbeitstisch, so Susanne Kleine, dann habe sie sich immer mehr in den Raum hinein gearbeitet. Das Kunstwerk sei immer größer geworden, habe immer mehr den Rahmen gesprengt.
Die Künstlerin warnt selbst vor ihrer Ensemble-Methode
Diese Sprengkraft hat eine beinahe erschlagende Wirkung. In einem Video-Statement aus dem Jahr 1977 hockt die Künstlerin in Absatzschuhen und mit goldenen Wimpern inmitten ihrer riesigen „Ensemble“-Arbeit für die Documenta 6. Der Titel: „Künstler sein“. Mit zaghafter Stimme warnt sie inmitten von Objekten vor ihrer Ensemble-Methode und damit auch davor, was die Bonner Bundeskunsthalle 30 Jahre nach ihrem Tod jetzt wiederholt:
Ihre Zettel und Minifotos vertragen sich nicht mit modernen Alarmanlagen
So viele Schreine voller kleinformatiger Bilder, die aus Ecken und Nischen die Wände entlang und in den Raum wachsen. Dazu kommen viele Notizzettel, die man lesen will und damit eintauchen in Anna Oppermanns eigenen Sprachkosmos voller Witz und Unverstelltheit.
So spielt sie vor 44 Jahren mit der Idee einer Bundeskunsthalle und nennt ihr vier Meter hohes Modell sowohl „Elfenbeinturm“ als auch „Kundesbrunsthalle“. So ein Schlagwort ist Kommunikationsangebot und Interpretationshilfe.
Nur leider kann man sich oft nicht richtig den Zetteln und Minifotos nähern: Beugt man sich zu weit vor, geht die Alarmanlage los. So eine Sicherung mag heute notwendig sein, widerspricht allerdings dem Freiheitsgedanken, der in dieser randvoll bepackten Ausstellung ansonsten überall aus Anna Oppermanns Werk hervortritt. Als Methode – Freiheit im Anordnen - und als wiederkehrendes Motiv – etwa, wenn sie immer wieder in einem geöffneten Fenster oder in ihrem Handspiegel ein Stück blauen Himmel auftauchen lässt.
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