Film

Schmerzhafter Heimatfilm „Niemand ist bei den Kälbern“ mit Saskia Rosendahl

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AUTOR/IN
Rüdiger Suchsland

Vor fünf Jahren zeichnete Alina Herbing in ihrem Roman „Niemand ist bei den Kälbern“ das Portrait einer nordostdeutschen Provinz-Generation. Regisseurin Sabrina Sarabi hat das Buch als deutschen Western verfilmt, mit großen Landschaftsbildern. Im Zentrum steht Christin, gespielt von Saskia Rosendahl. Ein erstes Highlight im neuen Kinojahr.

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Schnaps hilft immer in diesem Film

Die Menschen in diesem Film sind wortkarg, sie fressen viel in sich hinein. Die Geschichte erzählen ihre Gesichter. Christin ist eine junge Frau Anfang 20. Ihre Welt liegt irgendwo zwischen Hamburg, Hannover und Berlin. Im Kühlschrank gibt es viel Wurst und auch viel Zitronenlimo. Fast alle im Dorf sind Bauern. Überall ist Frust, überall ist auch latente Aggression, überall gibt es auch eine Flasche Schnaps, die einen über das Schlimmste hinwegtrösten kann.

Hauptsache weg aus der Tristesse

Saskia Rosendahl gibt dieser scheinbar oberflächlichen Figur Würde, Tiefe und Charme. Man liebt sie schnell, hält zu ihr. Was tut sie den ganzen Tag? Sie macht die Kälber. Sonst nicht viel. Genaugenommen langweilt sie sich unendlich und tröstet sich mit kleinen Fluchten: Der Spontantrip nach Hamburg, der Griff zur Flasche, die anderen Männer, Tagträume. Was Christin vor allem will, ist weg. In Bewegung kommen. Egal wohin. Das hat lange etwas Selbstzerstörerisches. Am Ende schafft sie doch den Absprung, nicht ohne Verluste allerdings.

Erstes Highlight im Kinojahr 2022

Der zweite Film von Sabrina Sarabi ist ein schöner, stimmungsvoller, ungewöhnlicher deutscher Film. Die Regisseurin inszeniert genau und lakonisch, mit viel Sinn für Atmosphäre. So ist ein Heimatfilm aus der Provinz entstanden, schmerzhaft, zerrissen, und gerade darin ein frühes Highlight des neuen Kino-Jahres.

Trailer „Niemand ist bei den Kälbern“ von Sabrina Sarabi

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Rüdiger Suchsland