Gespräch

„Naives Verhalten der Berlinale“: Offener Brief gegen Einladung an AfD-Politiker*innen

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Interview
Mareike Gries

Das Verhalten der Leitung der Berlinale sei sehr naiv, kommentiert Filmkritiker Rüdiger Suchsland. In einem Offenen Brief protestierten in der vergangenen Woche rund 200 Film- und Kulturschaffende gegen die Einladung von AfD-Politiker*innen zur Eröffnungsgala der diesjährigen Berlinale.

Offener Brief zwingt Berlinale zum Handeln

Die Rechtfertigung des Festivals sei: Die Politiker*innen gehörten dem Berliner Abgeordnetenhaus und dem Bundestag an und müssten deswegen eingeladen werden. Jedoch betont die Leitung der Berlinale gleichzeitig, die AfD würde antidemokratische Positionen vertreten, die nicht den Werten des Filmfestivals entsprechen.

Der offene Brief wurde vermutlich von Mitarbeitenden der Berlinale initiiert, die namentlich nicht bekannt seien, berichtet Suchsland. Nach kurzer Zeit wurde der Brief wieder aus dem Netz gelöscht. „Vielleicht wurde der interne Whisteblower entdeckt“, spekuliert Suchsland, da die genauen Hintergründe nicht bekannt seien.

Brief zwingt die politischen Träger zum Handeln

Rüdiger Suchsland konnte den Brief kurz nach der Veröffentlichung lesen. Darin stand die Aufforderung, AfD-Politiker*innen auszuladen, aber auch allgemeine Urteile über die Kulturszene in Deutschland, „denen ich nicht beipflichten kann“, meint Suchsland. Zum Beispiel, dass es in Deutschland Zensur in der Kunst und Kultur geben würde. Aber jenseits vom Inhalt, so Suchsland, sei der Brief wichtig, „weil er die Berlinale und die politischen Träger zum Handeln zwingt“.

Berlinale immer schon politisch

Die Berlinale sei immer stolz darauf gewesen, ein politisches Festival zu sein, sagt Rüdiger Suchsland, „sie haben daraus eine Marke gemacht“. Die Berlinale würde sich oft zu verschiedenen politischen Themen äußern, so der Filmkritiker, „aber wenn es um die AfD geht, bleibt sie ganz still“.

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