Kein Fernseher, aber viele Bücher und jede Menge Fantasie
Kolja Malik ist 1990 geboren und in Trier aufgewachsen – ein Millennial also. Eine Generation, die mit Fernsehen, Kino und Handys groß wurde. Nicht aber Kolja Malik.
Filme waren zwar schon immer seine Leidenschaft, aber zugleich auch eine Sehnsucht, an die er in seiner Kindheit nur schwer herankam. Denn er ist ohne Fernseher aufgewachsen und war nur selten im Kino.
Dafür hatte er aber viele Bücher. Und die hat er versucht, zu visualisieren. Viele kleine Bilder und Skizzen hat er in die Bücher, zur jeweiligen Szene, hineingemalt und so eine Art Storyboard entworfen, wie die Geschichte als Film aussehen würde. Die ersten Schritte waren damit getan.
Erstes Drehbuch mit elf Jahren
Sein erstes eigenes Drehbuch schrieb Kolja Malik mit elf Jahren. Der zweite Streich folgte nur ein paar Jahre später und war zudem ein erfolgreicher. Mit dem experimentellen 3-Minüter „Beduinen des Westens“ (2008) belegte er den 1. Platz beim Deutschen Jugendvideopreis sowie den 2. Preis beim Bundesfestival Deutscher Film-Autoren.
Ein Film über das ständige Unterwegssein, eine ständige Suche ohne Ziel – alles mit der Handykamera gedreht. Seine Voice-Over-Kommentare passen zu den grobkörnigen, fließenden Bildern.
Kolja Malik bleibt weiter emsig und bringt den 50-Minüter „Burn it down“ raus. Ein Flackerfilm: optisch wie auch inhaltlich verwaschen – ein bewusstes Stilmittel.
2012 wurde er auf der Filmschau Baden-Württemberg für den Jugendfilmpreis nominiert und für die Kameraführung gefeiert. Der Start in eine steile Karriere? Es schien sehr danach.
„Am Ende sind alle allein“ sorgt trotz Low-Budget-Produktion für großes Aufsehen
Im Alter von 21 Jahren begann Kolja Malik mit der Arbeit an seinem ersten Spielfilm „Am Ende sind alle allein“. Drei Jahre lang hat er, während des Studiums an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg, für diesen Film gelebt und gearbeitet.
2015 fand der Film beim Festival des deutschen Films statt und 2016 lief er im Kino. Ein Film, der so anders ist als andere deutsche Filme.
Trailer zu „Am Ende sind alle allein“:
In dem 90-Minüter begegnen sich fünf Mittzwanziger, die eine Nacht lang, ganz nah und sehr intim, Aufwühlendes zusammen erleben und den Zuschauer mit in den Bann ziehen.
Es scheint so, als würde die Kamera einfach zufällig draufhalten, wo gerade etwas passiert. Es wirkt brutal authentisch und es fällt schwer, zu glauben, dass alles inszeniert ist – ohne Kitsch, kein falsches Pathos. Ein Meisterwerk, das Kolja Malik allein durch Crowfunding für nur 3.000 Euro produziert hat. Auf eine Filmförderung wollte er nicht warten.
Professionelle Schauspieler des Aachener Staatstheaters wie Emilia de Fries, Nadine Kiesewalter und Robert Seiler konnte Malik für diesen Film gewinnen. Er kannte sie durch seine Arbeit als Videokünstler und Regieassistent am Theater Aachen.
Nebenjobs bringen Kohle und Inspirationen für Filme
Um an Geld für seine Filme zu kommen, schleppte Malik Zementsäcke auf Baustellen, setzte Spritzen als Assistenzarzt in der indischen Stadt Tiruvannamalai während einer Fernreise, entfernte im Theater als Regieassistent Zahnpasta von Bühnenbrettern und arbeitete als Kassierer und Putzhilfe in einem Pornokino – für nichts war er sich zu fein.
Durch all seine Tätigkeiten gewann er spannende Einblicke, die ihm als Drehbuchautor und Regisseur hilfreich sein sollten. Zum Beispiel für seinen 30-minütigen Streifen „Storkow Kalifornia“ (2018) – sein Abschlusswerk an der Filmakademie Baden-Württemberg.
Ein Film über eine Sohn-Mutter-Beziehung: Der 30-Jährige Sunny und seine Mutter leben als Außenseiter auf dem Land und nehmen Drogen. Doch als die Polizistin Liv in Sunnys Leben tritt, verändert das die symbiotische Beziehung zwischen ihm und seiner Mutter.
2018 eröffnete „Storkow Kalifornia“ die Sektion „Perspektive Deutsches Kino“ bei der Berlinale und war in der „Short Film Corner“ der Filmfestspiele von Cannes 2018 zu sehen.
Trailer zu „Storkow Kalifornia“:
Der lange Weg nach Las Vegas
Mit seinem aktuellen Kinofilm „LASVEGAS“ (2023) schafft er den Sprung über den Ozean. Las Vegas, Los Angeles, Berlin: große Städte, in denen der Film entstanden ist – und mit großen Schauspielernamen wie Nastassja Kinski, Robert Stadlober und seiner Schwester, der Schauspielerin Julia Malik.
Gut Ding will Weile haben: Vor zehn Jahren begann er das Drehbuch und entwickelte es immer weiter. Zuerst sollte es ein Thriller werden. Doch davon verabschiedete sich Malik im Laufe des Schreibens immer mehr und so wurde es am Ende eine eskapistische Liebensgeschichte.
„LASVEGAS“ – Regisseur Kolja Malik erzählt eine unmögliche Liebesgeschichte
Für Malik ist es der Versuch, den Ursprung von Gewalt zu verstehen. Zugrunde liegt ein wahrer Kriminalfall, doch den wollte er nicht als Kriminalfall erzählen.
„Ich wollte keinen berechnenden Film machen, sondern einen warmen – eine dunkle Umarmung. Einen, bei dem ich weinen darf, ohne mit Bauchschmerzen aus dem Kino zu kommen.“