Am Badischen Staatstheater Karlsruhe hat die neue Spielzeit mit „The Wreckers“ begonnen, einer wenig bekannten Oper der britischen Komponistin Ethel Smyth. Ihre Strandräuber-Geschichte wurde erstmals in Deutschland in der englischen Originalfassung von 1909 gezeigt.
Strandräuber an der Küste von Cornwall
Wir befinden uns an der Küste von Cornwall. Ein ganzes Dorf lockt mit falschen Leuchtfeuern die vorbeifahrenden Schiffe auf Felsen, sodass sie kentern und untergehen. Die angespülten Kisten sind das Einzige, was die Menschen haben, sie leben von diesem Verbrechen. Sie sind Strandräuber, also „Wreckers“.
Ethel Smyth kämpfte für die Rechte der Frauen
Die britische Komponistin Ethel Smyth hat die Oper zu Beginn des 20. Jahrhunderts geschrieben, 1906 kam sie erstmals auf die Bühne. Ethel Smyth gilt als starke Frau, die für ihre Arbeit gekämpft hat, für ihr Ansehen als komponierende Frau und darüber hinaus für das Frauenwahlrecht.
„Und diese Stärke, die merkt man der Musik an. Es hat für sich gar nichts Epigonales und ist für mich eine sehr eigenständige Sprache von einer Komponistin, die auf einem sehr konsequenten Weg ist“, sagt Generalmusikdirektor Georg Fritzsch. Er dirigiert „The Wreckers“ am Badischen Staatstheater Karlsruhe.
Der Chor der Strandräuber bildet das Zentrum
Es ist eine Oper, die einen großen Teil ihrer Wirkung durch die vielen Chor-Auftritte entfaltet. Der Chor ist eigentlich das Zentrum, das sind die Strandräuber, die Masse, die quasi-religiös darauf eingeschworen ist, Menschen zu töten, um sich selbst zu bereichern.
Fesselnde Mezzosopranistin Dorothea Spilger
Gegenüber der Masse stehen Einzelpersonen, vor allem das Liebespaar Mark und Thirza, das sich entscheidet, die Schiffe zu warnen. Die beiden wissen, dass gerade das in ihrem Dorf als Verrat gilt und dass darauf die Todesstrafe steht.
In der Rolle der Thirza fesselt Mezzosopranistin Dorothea Spilger das Publikum. Sie schafft es, die innere Zerrissenheit zu zeigen, sie vermittelt glaubhaft Wut und Mut und stirbt am Ende für die Liebe.
Handlung in die Zukunft verlegt
Regisseur Keith Warner hat die Handlung in die Zukunft verlegt. Die Erde ist nahezu unbewohnbar geworden, die Luft so schlecht, dass man nur mit Gasmaske ins Freie kann. Alles spielt in einer U-Boot-artigen Enge. Die einzigen Fenster sind Bullaugen, durch die am Schluss lauter Teufel schauen.
Der Glaube an Gott, der den Menschen Halt geben könnte, ist pervertiert, das stilisierte Kirchenschiff längst selbst ein Wrack. Die Hexenjagd endet hier aber nicht mit Verbrennen, sondern mit Ertränken. Das passt erschreckend gut zum steigenden Pegel der Weltmeere in unserer Zeit. Alles ist feucht und klamm, grau und düster. Keith Warner setzt ganz bewusst funkelnde Akzente.
Oper verdient einen Platz im Repertoire
„The Wreckers“ von Ethel Smyth zeigt, wie schwer es ist, anders als die breite Masse zu handeln, auch wenn die sich grausam und blutrünstig verhält. Das ist absolut zeitlos. Und zeitlos ist auch die Musik, die einen Platz im Opern-Repertoire verdient.
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