Klöckner war von 2002 bis 2011 schon einmal Bundestagsabgeordnete, dann ging sie zurück in die Landespolitik, um die SPD aus der Regierung zu drängen. Drei Mal ist Klöckner unterlegen, zwei Mal als Spitzenkandidatin, zuletzt als CDU-Landesvorsitzende bei der Landtagswahl im März dieses Jahres.
Die einstige Hoffnungsträgerin der rheinland-pfälzischen CDU bekam danach aus den eigenen Reihen einen deutlichen Dämpfer: Sie führt zwar die CDU-Landesliste für die Bundestagswahl im September an, wurde aber von den Delegierten mit einem schlechten Ergebnis abgestraft. Widerspruch gab es auch während des Unions-Kandidatenduells zwischen CDU-Chef Armin Laschet und dem CSU-Vorsitzenden Markus Söder. Während Klöckner sich für Laschet stark machte, war die Stimmung im Landesverband deutlich pro Söder.
Klöckner kandidiert nun wieder in ihrem Heimat-Wahlkreis Kreuznach.
Ministerin zwischen allen Stühlen
Kaum ein anderes Regierungsmitglied der Großen Koalition hat so viel Gegenwind bekommen wie Julia Klöckner. Immer wieder hatte die selbsternannte "Lobbyistin für die Bauern" Traktordemonstrationen wütender Landwirte vor der Tür. Dauerkritik kommt von Umwelt- und Naturschützern, von Ernährungsexperten und Verbraucherschützern - von den Grünen ebenso wie von konservativen Agrarpolitikern in der Unionsfraktion.
Die großen deutschen Supermarktketten haben sich bei der Kanzlerin über sie beschwert. Die Verbraucherorganisation Foodwatch hat Klöckner verklagt, ihre Kontakte zu Lobbyisten offenzulegen. Mit Kabinettskollegin und Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) lieferte Klöckner sich eine Dauerfehde, von "Zickenkrieg" war die Rede. Julia Klöckner hat zu ihrer Situation einmal gesagt: "Am Ende ist man für irgendjemanden immer schuld." Die Aufgabe, unterschiedlichste Interessen in ihrem Ressort zusammenzubinden, wurde schließlich Chefsache. Die "Zukunftskommission Landwirtschaft" hat ihren Abschlussbericht im Juli Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) übergeben.
Die "Ankündigungsministerin"
Julia Klöckner hatte sich einiges vorgenommen als Ministerin für Landwirtschaft und Ernährung: etwa die Stärkung ländlicher Räume, ein Tierwohl-Label und "mehr Ernährungskompetenz". Kritiker sagen, sie gehe immer nur so weit, wie sie müsse - eine eigene Strategie fehle.
Klöckner hinterlässt einige Baustellen und ungelöste Konflikte - von der Zuckersteuer bis zur Nitratbelastung des Grundwassers, vom Tierwohl-Kennzeichen bis zum Streit um faire Preise für die Bauern. Auf den letzten Drücker kamen noch die Gesetze zum Insektenschutz und zum Ende des Kükentötens.
Im Naheland verwurzelt
Julia Klöckner zeigt sich gerne heimatverbunden und geerdet - sie nennt sich selbst "geländegängig". Sie ist viel in ihrem Wahlkreis unterwegs, sucht die Nähe zu den Menschen. Trotz aller Kritik duckt sie sich nicht weg, sondern stellt sich Diskussionen. Sie ist schlagfertig und rhetorisch geschickt.
Seit 2019 ist sie mit Ralph Grieser verheiratet, der einen Oldtimer-Handel in Mülheim-Kärlich betreibt. Beide sind sportliche Radfahrer. Julia Klöckner ist kritische Katholikin. Sie findet es daneben, dass Priester Motorräder segnen dürfen, aber keine homosexuellen Paare.
Im Netz zu Hause
Kaum eine Politikerin ist so aktiv in den sozialen Netzwerken wie Klöckner. Sie postet regelmäßig bei Twitter und Instagram - gerne auch mal Bilder von Hündin Ella. Manchmal werden ihre Posts aber auch zum Eigentor: In einem Twittervideo lobte sie ausgerechnet den Chef des umstrittenen Lebensmittelkonzerns Nestlé, einem der mächtigsten Gegner der Zuckersteuer, für seine Fortschritte in Sachen gesunde Lebensmittel - und bekam einen Shitstorm dafür.
Eine Koch-Aktion mit der "Bild"-Zeitung und Promikoch Johann Lafer kam auch nicht gut an: Das Menü, angepriesen als günstig und gesund für die Familie, wurde mit Billigfleisch des Sponsors zubereitet.
In der Bundes-CDU unangefochten
So umstritten Julia Klöckner als Landwirtschaftsministerin ist, in ihrer Bundespartei ist sie eine feste Größe. Sollte Armin Laschet Kanzler werden und wie angekündigt die Hälfte der Unionsministerposten mit Frauen besetzen, wird er an der stellvertretenden CDU-Bundesvorsitzenden aus Rheinland-Pfalz kaum vorbeikommen.