Gemeinsamer Prottesttag

Streiks am Freitag: ver.di und Fridays For Future demonstrieren in BW

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Torsten Hansel-Engelhart
Matthias Breitinger

ver.di setzte am Freitag den Warnstreik im ÖPNV in sieben baden-württembergischen Städten fort. Dabei fanden auch gemeinsame Proteste mit Fridays For Future statt.

Unter dem Motto "Wir fahren zusammen" fanden an diesem Freitag in 20 Städten in Baden-Württemberg Demonstrationen der Klimabewegung Fridays for Future (FFF) statt. Gemeinsam mit der Gewerkschaft ver.di hatten die Klimaaktivisten zum Streik aufgerufen. In manchen Städten gab es sogar gemeinsame Kundgebungen mit den streikenden Beschäftigten des öffentlichen Nahverkehrs.

Größte Demonstrationen in Freiburg, Stuttgart und Mannheim

Die mit Abstand größte Demonstration war in Freiburg angemeldet. Um 11 Uhr fand auf dem Platz der alten Synagoge eine gemeinsame Kundgebung der Klimaaktivisten und ver.di statt. Die Organisatoren hatten vorab mit bis zu 9.500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern gerechnet. Bis zum Mittag versammelten sich ca. 2.000 Demonstrierende auf dem Platz der alten Synagoge. Gegen 12 Uhr sollte dann ein Demozug durch die Freiburger Innenstadt starten.

Es gehe darum sich "für gute Arbeit und klimafreundliche Mobilität" einzusetzen, so FFF Freiburg vorab in einer Pressemitteilung. Deutschlandweit hatten FFF und ver.di zu einem gemeinsamen Klimastreik unter dem Motto "Wir Fahren Zusammen" aufgerufen. Weitere größere Demonstrationen waren in Stuttgart (2.000 erwartete Teilnehmer), Mannheim (1.500), Heidelberg (1.000) und Karlsruhe (400) geplant.

Ein verlässlicher Nahverkehr sei wichtig für das Erreichen der Klimaziele, so Fridays for Future. "Nur mit besseren Arbeitsbedingungen und mehr Geld für Bus und Bahn kommen wir alle auch in Zukunft klimafreundlich von A nach B", sagte Nisha Toussaint-Teachout von Fridays for Future Stuttgart. Man wolle nicht mehr zulassen, dass die Ampelregierung den Nahverkehr und die Klimapolitik vor die Wand fahre. Gemeinsam mit den Beschäftigten soll eine Bewegung aufgebaut werden, die gemeinsam für Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit kämpft.

Wie es zur Allianz mit ver.di kam und wie viel Schlagkraft Fridays for Future noch hat, erläutert die Sprecherin der Stuttgarter Ortsgruppe, Nisha Toussaint-Teachout, im Interview mit dem SWR:

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Rund 4.500 Beschäftigte beteiligten sich an ÖPNV-Warnstreik

Für Pendlerinnen und Pendler, Berufstätige und Schülerinnen und Schüler war es am Donnerstag und Freitag in sieben Städten in Baden-Württemberg deutlich schwerer, zur Arbeit oder in die Schule zu kommen. Zu dem zweitägige Warnstreik hatte ver.di unter anderem in Stuttgart, Karlsruhe, Heilbronn, Freiburg, Baden-Baden, Esslingen und Konstanz aufgerufen. Laut einer Mitteilung von ver.di legten am Freitag insgesamt rund 4.500 Streikende ihre Arbeit nieder. Das sei eine Streikbeteiligung von fast 70 Prozent.

Tübingen und Reutlingen waren zwar vom Warnstreik im ÖPNV nicht betroffen, hier fielen keine Busse aus. Fridays for Future hatte aber zu Demos aufgerufen - in Reutlingen ab 11 Uhr auf dem Marktplatz, in Tübingen um 15 Uhr am Europaplatz beim Busbahnhof. Dort waren 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer angemeldet.

Die Polizei rechnete am Freitag mit deutlich mehr Verkehr auf den Straßen und längeren Staus in den Städten. Welche Busse und Bahnen in den betroffenen Städten nicht fuhren und welche Verkehrsmittel trotzdem unterwegs waren, lesen Sie hier:

Warnstreik trifft in Stuttgart die SSB, in Esslingen die SVE

In der Region Stuttgart waren von dem zweitägigen Warnstreik Stuttgart und Esslingen betroffen. In Stuttgart fuhren Busse und Bahnen der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) sowie die Seilbahn, die Zahnradbahn, der Zacke-Bus und der On-Demand-Service SSB Flex an beiden Tagen nicht. Die Nachtbusse bleiben in den Nächten von Donnerstag auf Freitag und von Freitag auf Samstag ebenfalls im Depot. Auch der Kundenservice, die Fundstelle sowie die Kundenzentren wurden geschlossen und sind nicht erreichbar.

Von dem Warnstreik in und um Stuttgart ausgenommen waren die Busse der Linien 53, 54, 58, 60, 64, 66, 73, 90, die von Auftragsunternehmen für die SSB bedient werden und deshalb fuhren. Nicht betroffen vom Warnstreik waren außerdem die S-Bahnen im Raum Stuttgart, da diese von der Deutschen Bahn (DB) und nicht von der SSB betrieben werden. Mit Betriebsbeginn am Samstag, dem 2. März 2024, soll der Betrieb bei der SSB wieder nach Fahrplan laufen.

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Auch in Esslingen wurde ein großer Teil des Öffentlichen Personen-Nahverkehrs lahmgelegt. Beim Städtischen Verkehrsbetrieb Esslingen (SVE) waren folgende Linien betroffen: 101, 102, 103, 104, 105, 108, 109, 110, 111, 113, 115, 118, 132, 138. Auch die Kundenzentren der SVE waren am Donnerstag und Freitag geschlossen. Dagegen waren alle Buslinien in Esslingen unterwegs, die von privaten Busunternehmen übernommen werden. Ebenso die Nachtbusse N12 und N13 vom 1. auf den 2. März 2024.

Demonstrationen beeinträchtigen am Freitag den Verkehr in Stuttgart

Massive Verkehrsbeeinträchtigungen wurden am Freitag besonders in Stuttgart erwartet. Denn zusätzlich zu den Warnstreiks im ÖPNV waren an dem Tag im Stadtgebiet mehrere Großdemonstrationen angemeldet. Die Klimaschutzbewegung Fridays for Future hatte am Vormittag ihre Demonstration angemeldet. Sie war um 9:40 Uhr am Marktplatz geplant, die Abschlusskundgebung sollte dort bis circa 14 Uhr dauern.

Eine weitere Versammlung hatte das "Bündnis Impulse für den Wohnungsbau in Baden‐Württemberg" angekündigt. Eine Sternfahrt mit rund 200 Lastern und Baufahrzeugen führte ausgehend von der Waldau, dem Cannstatter Wasen und vom Birkenkopf ab 10 Uhr in Richtung Stadtzentrum. Zeitweise sorgte die die Demonstration im Bereich des Charlottenplatzes zu langen Staus, hieß es von der Integrierten Verkehrsleitzentrale. Laut Veranstalter beteiligten sich mehr als 1.200 Teilnehmer an der Demofahrt. Am Abend folgt zudem noch eine Fahrrad-Demo "Critical Mass" ab 18 Uhr durch Stuttgart.

In der Stuttgarter Innenstadt fahren Lkw und Baufahrzeuge in einer Sternfahrt ins Zentrum. Das "Bündnis Impulse für den Wohnungsbau in Baden-Württemberg" hat eine Kundgebung angekündigt.
In der Stuttgarter Innenstadt fahren Lkw und Baufahrzeuge in einer Sternfahrt ins Zentrum. Das "Bündnis Impulse für den Wohnungsbau in Baden-Württemberg" hat eine Kundgebung angekündigt.

In Karlsruhe gab es als Alternative die Stadtbahnen der AVG

Der Warnstreik im ÖPNV traf auch Karlsruhe und Baden-Baden. Bei den Verkehrsbetrieben Karlsruhe (VBK) fuhren keine Straßenbahnen und auch keine städtischen Busse. Als Alternative konnten die Fahrgäste im Stadtgebiet Karlsruhe auch die Stadtbahnen der Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG) nutzen, die viele Trambahn-Haltestellen in Karlsruhe bedienen. Das Schwesterunternehmen der VBK wurde am Donnerstag und Freitag nach aktuellem Stand nicht bestreikt. Deshalb verkehren die folgenden AVG-Stadtbahnlinien im Raum Karlsruhe ganz normal: S1, S11, S12, S31, S32, S4, S5, S51, S52, S6, S7, S71, S8 und S81.

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AVG-Stadtbahnen in Heilbronn wurden umgeleitet

Auch in Heilbronn bekamen Fahrgäste den Ausstand im Nahverkehr zu spüren. Die drei Stadtbahnlinien S4, S41 und S42 der Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG) fuhren am Donnerstag und Freitag nicht durch die Heilbronner Innenstadt. Sie wurden über den Hauptbahnhof und die Strecke der Deutschen Bahn umgeleitet.

Wie in der vergangenen Woche blieben in Heilbronn am Donnerstag und Freitag auch alle Stadtbusse im Depot. Nicht betroffen war der Regionalverkehr. Außerdem schlossen sich die Beschäftigten des Heilbronner Hallenbades "Soleo" dem Warnstreik an. Am Donnerstag blieb die Sauna geschlossen, am Freitag war das Hallenbad komplett zu.

Am Freitag fand um 9 Uhr eine Kundgebung von ÖPNV-Beschäftigten auf dem Heilbronner Bollwerksplatz statt, am späten Nachmittag war eine weitere auf dem Kiliansplatz geplant. Die Klimaschutzbewegung Fridays for Future wollte sich an der Demonstration beteiligen.

Eine Kundgebung oder Demonstration in der Stadt hatte es am Donnerstag nicht gegeben. "Heute wird in Heilbronn still gestreikt", hatte Katharina Kaupp, Bezirksgeschäftsführerin von ver.di Heilbronn-Neckar-Franken, gesagt. Die Beschäftigten blieben demnach zu Hause, die Busse im Depot.

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Warnstreik trifft auch Bundesligaspiel des SC Freiburg

Auch bei der Freiburger Verkehrs AG (VAG) fuhren am Donnerstag und Freitag von Betriebsbeginn bis Betriebsschluss keine Straßenbahnen und mit wenigen Ausnahmen keine Busse. So wurden die Busse der Südbaden Bus GmbH und die Breisgau S-Bahn nicht bestreikt. Auch die Schauinslandbahn, das Kundenzentrum pluspunkt und das VAG-Fundbüro blieben geschlossen.

Der Warnstreik hatte auch Auswirkungen auf die Anreise zum Bundesliga-Heimspiel des SC Freiburg gegen den FC Bayern München am Freitagabend. Der SC Freiburg bat seine Fans vorab, möglichst zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu kommen. Die Parkplätze am Stadion waren laut dem Verein alle vergeben. Wegen einer Veranstaltung in der Messehalle zur selben Zeit war vorab auch auf dem Messeparkplatz mit einer hohen Auslastung gerechnet worden.

Die Fans durften eine halbe Stunde früher als üblich ins Stadion. Vor und nach dem Spiel sollten zudem Sonderzüge der Deutschen Bahn zwischen dem Freiburger Hauptbahnhof und der Haltestelle Messe/Universität für Entlastung sorgen. Das gelang - ein Verkehrschaos blieb aus. Auf einer Streik-Kundgebung mit rund 200 Teilnehmenden vor dem VAG-Zentrum äußerte Freiburgs Oberbürgermeister Martin Horn (parteilos) Verständnis für die Warnstreiks.

Fähre zwischen Meersburg und Konstanz fuhr nicht

Auch am Bodensee war der Warnstreik im ÖPNV zu spüren. Zwischen Konstanz und Meersburg (Bodenseekreis) fielen an beiden Tagen die Fähren aus. Ein Ersatzverkehr war aber geplant: Fußgänger und Radfahrer konnten auf ein Fahrgastschiff ausweichen. Auch der städtische Busverkehr in Konstanz war vom Warnstreik betroffen. Der Katamaran zwischen Konstanz und Friedrichshafen (Bodenseekreis) fuhr dagegen. Das teilten die Stadtwerke am See mit.

Ein Passagierschiff ersetzt die Fähre Konstanz-Meersburg, die wegen des Streiks ausfällt
Weil in Konstanz die Fähre streikt, gibt es für Passagiere ohne Auto ein Ersatzschiff.

Warum ruft ver.di zum Warnstreik auf?

Grund für die Warnstreiks sind die Tarifverhandlungen in den einzelnen Bundesländern. Weil die nicht vorankommen, will die Gewerkschaft den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen. Deshalb wurden für die ganze Woche Arbeitsniederlegungen angekündigt. Von Bundesland zu Bundesland sind die Forderungen in den Verhandlungen allerdings unterschiedlich. In Baden-Württemberg sind rund 6.500 Beschäftigte von den Tarifverhandlungen betroffen. Die Gewerkschaft ver.di will hier unter anderem eine Absenkung der Arbeitszeit sowie eine Schichtzulage durchsetzen. Außerdem sollen sich Beschäftigte künftig Verspätungen als Arbeitszeit vollständig anrechnen lassen können.

"Wer bestellt, sollte auch zahlen", sagte ver.di-Verhandlungsführer Jan Bleckert laut einer Mitteilung vom Donnerstag. Die Politik wolle eine Verdoppelung des ÖPNV bis 2030 erreichen, sorge aber bislang nicht für eine auskömmliche Finanzierung. "Und wir sollen in Tarifverhandlungen akzeptieren, dass der notwendige Ausbau des kommunalen Nahverkehrs von den Beschäftigten selbst durch schlechte Arbeitsbedingungen bezahlt wird", so der ver.di-Verhandlungsführer. "Dieses Spiel machen wir nicht mit."

Bleckert forderte die Arbeitgeberseite auf, in der nächsten Woche "endlich ein Angebot auf den Tisch zu legen, das Verantwortung und Belastung im Fahrbetrieb gerecht wird". Die dritte Verhandlungsrunde in den Tarifverhandlungen in Baden-Württemberg ist nach Angaben der Gewerkschaft für den 5. und 6. März in Stuttgart vereinbart.

Zu der gemeinsamen Aktion von ver.di und Fridays for Future sagte ver.di-Vize Christine Behle: "Die Beschäftigten haben ihren Teil zur Mobilitätswende beigetragen. Politiker auf allen Ebenen müssen nun die Herausforderungen der Klimakrise ernst nehmen und Maßnahmen für eine nachhaltige und zukunftsorientierte Mobilität umsetzen."

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