Die Gewerkschaft ver.di setzte ihre Warnstreiks im öffentlichen Nahverkehr fort und bestreikte am Donnerstag und Freitag Busse und Bahnen in Karlsruhe und Baden-Baden. Erstmals im laufenden Tarifkonflikt sind auch Beschäftigte der Albtalverkehrsgesellschaft (AVG) zum Streik aufgerufen.
SWR-Reporterin Fabiola Germer war zu Beginn des Streiks am Donnerstagmorgen am Karlsruher Hauptbahnhof:
Stimmung bei Pendlerinnen und Pendlern
Seit Donnerstagfrüh sind Straßenbahnen und städtische Busse der Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK) 48 Stunden lang stehen geblieben. In Baden-Baden wurde neben dem städtischen Busverkehr auch die Merkurbahn bestreikt.
Die Stimmung bei Pendlerinnen und Pendlern war am Karlsruher Hauptbahnhof durchwachsen. Eine Frau, die täglich auf die Bahn angewiesen ist, war zwar auf den Streik vorbereitet, dennoch sei sie mittlerweile frustriert. "Streiken ja, aber doch nicht alle zwei Wochen. Denken die [Streikenden] auch mal an die Leute, die auf die Bahn angewiesen sind?"
Ein weiterer Mann zeigte Verständnis, er konnte noch rechtzeitig mit einer Bahn der AVG zu seinem Ziel kommen. "Sonst laufe ich eben die 15 Minuten, das geht schon." Eine weitere Pendlerin hat gemischte Gefühle. Sie sei einerseits daran gewöhnt und andererseits genervt. "Bis jetzt hat meine Verbindung gut geklappt, aber ich muss mir trotzdem jeden Tag Gedanken machen, wie ich auf die Arbeit komme."
Durch den Streikaufruf bei der AVG könnten zusätzlich einzelne S-Bahnen der AVG ausfallen. Ein Großteil der S-Bahn-Fahrerinnen und -Fahrer sind allerdings nicht bei ver.di organisiert, beteiligen sich also nicht am Streik. Verantwortliche der AVG rechnen mit geringeren Auswirkungen im S-Bahnverkehr.
Gemeinsame Aktion von ver.di und Fridays for Future
Landesweit hat die Gewerkschaft den Freitag zum zentralen Streiktag in Baden-Württemberg erklärt. Dann wird es auch in Karlsruhe eine gemeinsame Aktion mit Fridays for Future und anderen Organisatoren des geplanten Klimastreiktags geben.
Die Gewerkschaft will mit der Aktion ihre Forderung nach einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten im öffentlichen Nahverkehr unterstreichen. Unter anderem fordert ver.di eine geringere Wochenarbeitszeit.
VBK warnt vor neuen Schulden in Millionenhöhe Streik im ÖPNV - Darum streiten die Verkehrsbetriebe Karlsruhe mit der Gewerkschaft ver.di
Im laufenden Tarifkonflikt im öffentlichen Nahverkehr haben die Verkehrsbetriebe Karlsruhe vor drastischen Folgen gewarnt. Die Tarifforderung sei in Karlsruhe nicht zu finanzieren.
Der Kommunale Arbeitgeberverband Baden-Württemberg (KAV) lehnt die Forderung ab. Eine Reduzierung der Arbeitszeit würde den Personalmangel noch verschärfen, hieß es.
Gewerkschaft ver.di kritisiert Einsatz von Streikbrechern scharf
Die Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK) haben bei den zurückliegenden Streikaktionen versucht, die Folgen durch den Einsatz von Bussen von Fremdfirmen abzumildern. Die Gewerkschaft ver.di wirft den VBK vor, in diesem Zusammenhang auch Busse des landeseigenen Unternehmens, Südwestdeutsche Landesverkehrs-GmbH (SWEG), im Karlsruher Stadtgebiet einzusetzen.
VBK-Geschäftsführer Alexander Pischon wies die Kritik unterdessen zurück. Busse der SWEG würden in Karlsruhe ohnehin eingesetzt. An Streiktagen würden sie lediglich auf anderen Routen fahren, um Streikfolgen gezielt abzumildern. Das Vorgehen sei rechtlich geklärt, so Pischon gegenüber dem SWR.
Streik auch in Baden-Baden
In Baden-Baden haben sich am Donnerstagmorgen 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer versammelt, um gemeinsam zu streiken. Der städtische Busverkehr und die Merkurbahn stehen hier heute still.
ver.di "enttäuscht" von Haltung der Stadt Karlsruhe
Kritik der Gewerkschaft gibt es auch an der Haltung der Stadt Karlsruhe im laufenden Tarifkonflikt. Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) lehne es bislang ab, zusätzliche Gelder für den öffentlichen Nahverkehr beim Bund zu beantragen, so ver.di-Geschäftsführer Dossow.
Er sei deswegen vom Karlsruher Oberbürgermeister enttäuscht. Mentrup und VBK-Geschäftsführer Alexander Pischon hätten sich bislang geweigert, einen entsprechenden Brief an die Bundestagsabgeordneten der Region zu unterzeichnen, so Dossow weiter.
Stadt Karlsruhe weist Gewerkschaftskritik zurück
Die Stadt Karlsruhe hat die von der Gewerkschaft ver.di erhobene Kritik am Montag zurückgewiesen. In einer Mitteilung gegenüber dem SWR heißt es, Oberbürgermeister Mentrup setze sich seit langem bei jeder Gelegenheit für eine bessere Bundes- und Landesförderung des ÖPNV ein.
Die Gewerkschaft versuche derzeit, die Forderung nach einer besseren ÖPNV-Finanzierung und die Tarifforderung zu verbinden. Zu dieser Vermengung dürfe die VBK-Führung nicht beitragen, so die Stadt weiter. Deswegen könne der von ver.di initiierte Brief nicht unterstützt werden, solange die Tarifverhandlungen laufen.
Die festgefahrenen Tarifverhandlungen für den öffentlichen Nahverkehr werden am 5. März fortgesetzt.