Sanktionen gegen Oligarchen

Die Jagd auf das Geld der russischen Oligarchen

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Autor/in
Christof Gaißmayer
Onlinefassung
Katharina Fortenbacher-Jahn
Katharina Fortenbacher-Jahn, SWR Aktuelle Wirtschaft

Druck auf die russische Führung. Das ist Ziel der internationalen Sanktionen gegen Oligarchen. Aber: Ihre geschätzt gigantischen Reichtümer sind gut versteckt. Wir erklären, warum.

Ein schnelles Ende des Kriegs in der Ukraine - das ist das Ziel der internationalen Sanktionen gegen Russland. Mit im Fokus stehen sogenannte Oligarchen, reiche Unternehmerinnen und Unternehmer, die seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion zu Geld und Macht gekommen sind.

Ermittler auf schwieriger Mission

Jetzt sind staatliche Ermittler ihren Bankkonten, Unternehmen, Beteiligungen, Immobilien und Yachten auf der Spur. Was gehört wem, und wie lässt es sich einfrieren oder beschlagnahmen? Diese Fragen sind, so berichtet ein erfahrener Rechercheur, alles andere als einfach zu beantworten. Und über allem schwebt natürlich die Frage, wenn das gelingt, welche Wirkung können die Sanktionen dann entfalten? In unserem dreiteiligen Podcast "Die Jagd auf die russischen Oligarchen" gehen wir auf Spurensuche.

"Oligarchen sind Menschen, die durch Korruption und politische sowie wirtschaftliche Einflussnahme ihr Vermögen aufgebaut haben. Dabei können sie auch eine gewisse politische Macht besitzen." 

Wie die Oligarchen seit dem Ende der Sowjetunion in den 90er Jahren zu Vermögen und Einfluss gekommen sind, und was sich für sie unter Wladimir Putin verändert hat, das hören Sie in einem historischen Überblick von Wolfgang Brauer.

"Putin hat dann diesen Oligarchen einen Deal aufgezwungen, und zwar hat er gesagt, wir als Staat bieten euch an, wir greifen die Eigentumsrechte, eure Unternehmen nicht an, aber wir wollen dafür absolute politische Loyalität."

Cui bono?

Die Sanktionen sollen das Vermögen der Oligarchen treffen, in der Hoffnung, dass sie unter diesem Druck Einfluss auf die russische Politik nehmen. Dabei stellen sich zwei Fragen:

Welchen politischen Einfluss haben die Oligarchen? Und wie gut gelingt es, entsprechenden Druck auf sie aufzubauen, also Zugriff auf ihre Vermögen zu bekommen. Zumindest auf Zweiteres lautet die Antwort derzeit wohl: eher mäßig! Warum, dem geht SWR Wirtschaftsredakteur Christof Gaißmayer im Podcast "Jagd auf die Oligarchen /Oligarchen-Report" nach. Den ersten von drei Teilen hören Sie hier. Darin unter anderem: wie sich russische Oligarchen in Großbritannien gegen Sanktionen wehren und aktuelle Zahlen dazu, was die Europäische Union schon unternommen hat, im Gespräch mit SWR Brüssel-Korrespondent Stephan Ueberbach.

Bekannt ist nur die kleine Spitze eines gigantischen Eisbergs

Die Vermögenswerte russischer Oligarchen werden auf hunderte Milliarden Euro geschätzt. Das, was westliche Staaten schon an Milliardenwerten beschlagnahmt oder eingefroren haben, dürfte trotz Milliardenwerten nur ein kleiner Teil davon sein.

Rechercheure auf den Spuren des Geldes

Ein Rechercheprofi beim Aufspüren dieser Vermögenswerte ist Benedict Strunz vom Norddeutschen Rundfunk. Von dieser nervenaufreibenden und gleichermaßen packenden Detektiv-Arbeit hat er SWR Wirtschaftsredakteur Christof Gaißmayer im Podcast "Die Jagd auf die russischen Oligarchen" für SWR2 Geld Markt Meinung erzählt.

Benedict Strunz ist Mitglied des internationalen Medien Recherchenetzwerks Russian Asset Tracker. Bislang hat das Netzwerk Vermögenswerte von mehr als 15 Milliarden Euro russischen Oligarchen zuordnen können: von Bankguthaben, über Firmenanteile bis hin zu Villen und Yachten. In Kürze will das Netzwerk einen neuen Stand mit weiteren Entdeckungen veröffentlichen.

"Das ist wirklich nur eine ganz kleine Spitze des Eisbergs. Es ist wahnsinnig schwierig, gerichtsfest zu machen, juristisch sicher sagen zu können, dieser Vermögenswert gehört einem russischen Oligarchen."

Mantelgesellschaften, Scheinfirmen und Strohmänner

Russische Oligarchenvermögen aufzudecken und Besitztümer zuzuordnen, das sei weltweit schwierig, erklärt Strunz. Denn es handle sich um ein globales Geschäft, das häufig einer bestimmten Grammatik folge. Teils schirmten mehrere Mantelgesellschaften die wahren Eigentümer beispielsweise einer Villa, eines Schlösschens oder anderer Immobilien ab.

Oligarchen-Immobilien in Deutschland besonders gut versteckt

Benedict Strunz berichtet von teils mehreren Mantelgesellschaften, mit denen die Verbindung von Oligarchen zu Bürokomplexen in deutschen Großstädten verschleiert werde. Dahinter stehe dann zum Beispiel eine Person, die nur in loser Verbindung zu dem eigentlichen Eigentümer stehe.

"In Deutschland ist mein Eindruck, dass sich Oligarchen, oder Personen, die wir für Scheindirektoren von Oligarchen halten, noch deutlich mehr Mühe geben, aus Angst vor Beschlagnahmungen."

Schon vor den Sanktionen war das Verschleiern von Vermögen Standard

Die internationalen Sanktionen sieht Benedict Strunz nicht als vorrangige Motivation für diese Praktiken. Frühere Recherchen zeigten, dass vermögende Personen in Russland ihre Werte schon seit langem verschleiert hätten. Sie hätten Angst vor der politischen Führung gehabt, Sorge ihren Besitz zu verlieren. Es sei eher ein "angenehmer Nebeneffekt", dass das jetzt auch vor Sanktionen und dem Zugriff westlicher Staaten schütze.

Viele aktive und passive Helfer

Rechercheure sehen ganze "Heerschaaren" von Helfen: Von Bankmitarbeitern über Rechtsanwälte, auf Briefkastenfirmen spezialisierte Kanzleien oder Geschäftspartner, die sich als Immobilieneigentümer eintragen lassen.
Aber auch das System an sich helfe russischen Oligarchen bei ihren Praktiken.

Deutschland als Paradies für Geldwäsche

Deutschland sei auch deswegen sehr beliebt für russisches Geld, weil nicht großflächig ermittelt werden könne, wem welche Immobilie gehöre, sagt Rechercheur Strunz.

Ist Deutschland, sind die deutschen gut genug aufgestellt dafür, die Sanktionen durchzusetzen, verschleierte Eigentumsverhältnisse aufzudecken? Die Leiterin der SWR Wirtschaftsredaktion, Sabrina Fritz, bezweifelt das. Hören Sie hier ihren Kommentar: Zittern werden die Oligarchen hier noch lange nicht.

Immobilien zuordnen - schwer gemacht

Wie langwierig und schwierig die Recherchen nach den Eigentümern von Vermögen und Immobilien im Einzelfall sind, und zwar ganz besonders in Deutschland hören Sie im Podcast "Die Jagd auf die russischen Oligarchen".

Blick in die Zukunft: Systemwechsel oder "Oligarchen-Dämmerung"?

Die Oligarchen haben von Putin extrem profitiert, sagt der Russland-Experte Michael Rochlitz. Der Krieg in der Ukraine schade den Oligarchen mittlerweile aber extrem.

"Es sieht tatsächlich für die Oligarchen zurzeit nicht so gut aus."

Drei Zukunfts-Szenarien denkbar

Den Oligarchen drohe einmal der Verlust ihres Einflusses, wenn es zu einem Regimewechsel in Russland komme, sagt Michael Rochlitz. Bleibe Putin im Amt und ziehe sich der Krieg hin, dann blieben auch die Sanktionen bestehen. Das bedeute für die Oligarchen weit weniger Möglichkeiten, Geld zu verdienen und im Westen zu investieren und Geld anzulegen.

"Es gibt aber auch eine dritte Möglichkeit, Russland radikalisiert sich zurzeit auch politisch. Es könnte durchaus sein, dass wir hier in der Zukunft eine Art zweites Nordkorea zu sehen bekommen. Und das Leben eines Oligarchen in so einem vom Rest der Welt isolierten System wäre wahrscheinlich einiges weniger attraktiv als das Leben, das sie jetzt geführt haben."

Können die Oligarchen helfen, den Krieg zu beenden?

Die Oligarchen hätten also Interesse daran, Einfluss auf Putin zu nehmen. Mit dem Ziel, diesen Krieg zu beenden. Aber können Sie das? Wie nahe sind sie an Putin dran, wie gut ist ihr Draht zum russischen Präsidenten? Das beantwortet Michael Rochlitz im Podcast "Die Jagd auf die russischen Oligarchen". Teil zwei und Teil drei finden Sie Anfang kommender Woche hier.

SWR2 Feature | das ARD radiofeature Putins Oligarchen im Westen – Doku über umgangene EU-Sanktionen

Von Alexander Bühler
(Produktion: WDR 2021)

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Katharina Fortenbacher-Jahn
Katharina Fortenbacher-Jahn, SWR Aktuelle Wirtschaft