Sie haben Albträume. Wenn im Fernsehen ein Kriegsfilm läuft und irgendwelche Geräusche kommen, zucken Sie am ganzen Körper.
Kindersoldat im Iran: als 12-Jähriger Kanonenfutter der Basiji-Milizen
Sein Lebensweg hatte eigentlich alles andere als Erfolg für ihn vorgesehen: Eine zunächst behütete Kindheit im Iran endete als Kindersoldat auf den Minenfeldern des Iran-Irak-Kriegs in den frühen 80er Jahren.
Die haben uns von der Schule abgeholt. Wir wurden in ein Lager gebracht, da hatten wir eine Quasi-Ausbildung – das klingt alles so zivilisiert, ist es aber nicht – und dann wurden wir kurze Zeit später an die Front geschickt. Wir mussten über Minenfelder laufen, wir mussten Wege freihalten, immer mit dem Wissen, dass man das zu 99,9 Prozent nicht überleben kann.
Eine Bilderbuch-Kindheit endet in der Revolution der Mullahs
Man hat kein Zeitgefühl, für Jahreszeiten, für Zwischenmenschliches, für all die Dinge, die wir Gefühle nennen. Man ist in einem Dauer-Schockzustand, man ist eine Maschine, die versucht, zu funktionieren. Da ist gar nichts Menschliches dran.
Viele haben das nicht überlebt, und die, die es überlebt haben, haben Narben fürs Leben – ich sowieso. Das ist mit das Traumatischste, was Sie im Leben erleben können – Krieg wird immer ein Teil von Ihnen, das wird nie weggehen. Sie können versuchen, irgendwie damit klar zu kommen, Ihr Leben aufzubauen, aber es wird immer da sein.
Werbe- und Marketing-Experte in Deutschland
Amir Kassaei flüchtete aus seiner Heimat - seine Eltern sorgten dafür, dass er während eines Fronturlaubs an die grüne Grenze zur Türkei kam. Er schlug sich zu Fuß bis nach Istanbul durch und beantragte in der österreichischen Botschaft Asyl – ein Freund der Familie lebte in Wien. Das alles mit gerade einmal 15 Jahren, traumatisiert von den Schrecken des Krieges.
Meine Eltern haben mir das Leben wieder geschenkt, weil sie mich außer Landes gebracht haben – aber sie mussten auch viel Ungutes ertragen, nachdem ich weg war als Deserteur. Es ist das Schlimmste für Eltern, wenn sie nicht wissen, was aus diesem Kind wird, ob es überlebt, denn es ist ja ein Teil von ihnen.
Krieg in der Ukraine und Nahost holt das Trauma wieder hervor
Amir Kassaei machte sein Abitur in Wien und studierte in Frankreich Betriebswirtschaftslehre, um dann eine Bilderbuchkarriere in der Werbe- und Marketingbranche zu starten. Mit viel Fleiß und – wie er selbst sagt – "deutschen" Tugenden ging es für ihn bis ganz nach oben.
Man nannte ihn das "Enfant Terrible" der Werbebranche, bevor er nach 30 Jahren den Ausstieg wagte. Als vielfach ausgezeichneter und erfolgreicher Unternehmer leitete er unter anderem als Global Chief Creative Officer eine in über 80 Ländern tätige Werbeagentur. Dass das alles auch seinen Preis hat, bleibt dabei häufig unerwähnt.
Vieles kommt jetzt hoch. Gerade jetzt, wenn man die Bilder sieht, was gerade im Nahen Osten und der Ukraine passiert - weil ich mir nie hätte vorstellen können, dass wir in der westlichen Welt, in Europa, noch so etwas erleben. [...] Krieg ist das Schrecklichste, was wir uns Menschen gegenseitig antun können, weil es sinnbefreit ist.