Rhythmus

Welche Art Musik verführt zum Tanzen?

Stand
Autor/in
Gábor Paál
Gábor Paál

Audio herunterladen (2,9 MB | MP3)

Der Rhythmus und seine Komplexität

Ob ein Musikstück bei uns das Bedürfnis auslöst, uns instinktiv dazu zu bewegen oder gar zu tanzen, wird stark vom Rhythmus beeinflusst. Oder von dem, was man auch als "Groove" bezeichnet.

Welche Faktoren das genau sind, dazu gab es 2019 ein sehr interessantes Experiment der dänischen Universität Aarhus. Dort gab es eine Studie mit 200 Menschen im Alter zwischen 17 und 70. Die haben natürlich einen sehr unterschiedlichen Musikgeschmack, aber ob ein Musikstück als groovig empfunden wird, man sich also mitbewegen will, lässt sich trotzdem an ein paar wenigen Faktoren festmachen. Vor allem an der rhythmischen Komplexität.

Heino-Schlager: schlichtes Bumbum – Jazz: wechselhaft und zu komplex

Musik verführt uns dann zum Mitbewegen, wenn der Rhythmus mittelkomplex ist, also nicht zu simpel und nicht zu anspruchsvoll. In diesem Stück von Heino z.B., völlig unabhängig davon, ob es einem gefällt oder nicht, ist der Rhythmus zu schlicht, um groovig zu sein. Es ist ein einfaches Bumm Bumm Bumm – und damit kein Rhythmus, der einem einen Tanzimpuls in die Beine jagt.

Das andere Extrem wären sehr komplexe Rhythmen wie etwa im Jazz-Stück „Ghosts“ von Albert Ayler. Da ist der Rhythmus so komplex und wechselhaft, dass sich auch kein Groove entwickelt.

Optimaler Tanz-Verführer: "Happy" von Pharrell Williams

Rhythmen, die zum Bewegen animieren, müssen sich zwischen diesen Extremen bewegen. Die Forscher nennen explizit ein Stück, das sie für ziemlich optimal halten, nämlich "Happy" von Pharrell Williams.

Der entscheidende Punkt ist, dass es zwar einen erkennbaren Grundrhythmus gibt, aber insgesamt ist das Stück sehr synkopisch, d. h. es ist kein Tak-Tak-Tak, sondern es gibt versetzte Zwischenschläge, die stärker betont sind als die eigentlichen Hauptschläge.

Junge Frau mit Kopfhörern tanzt: Was sie wohl gerade hört: Funk? Oder vielleicht Reggae?
Was sie wohl gerade hört: Funk? Oder vielleicht Reggae?

Synkopen-Trick: Gehirn will fehlende Hauptschläge durch Bewegung "füllen"

Genau das ist der Trick: Wir fühlen uns dann zum Mitbewegen animiert, wenn unser Gehirn die Hauptschläge zwar erwartet, sie aber nicht kommen, sondern stattdessen solche synkopischen Zwischenschläge. Denn das weckt das Bedürfnis, die fehlenden Hauptschläge – also die Lücken im Rhythmus – durch eigene rhythmische Bewegungen zu füllen. Das macht typische Funk-Musik aus, aber auch bei den Salsa-Klassikern funktioniert das so.

Die mittelkomplexen Rhythmen sind also der wichtigste Faktor, um ein Stück groovig zu machen. Auch die Harmonieführung scheint eine Rolle zu spielen, auch wenn der Zusammenhang hier weniger klar ist. Vor allem aber hat die Harmonieführung einen Einfluss darauf, ob wir ein Stück mögen – und das wirkt sich dann natürlich auch darauf aus, wir Lust haben, darauf zu tanzen.

Musik Warum hören viele nicht, dass sie falsch singen?

Wer es nicht gewohnt ist, darauf zu achten, hat wenig Übung, schiefe Töne zu erkennen. Wenn man übt, geht das recht schnell. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Sport Warum können Eiskunstläufer sich so häufig drehen, ohne dass ihnen schwindlig wird?

Sie benutzen einen Trick; den gleichen Trick, den auch Kunsttänzer benutzen. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Derzeit gefragt

Redewendung Man sagt: "Das kommt mir spanisch vor." Warum nicht italienisch oder französisch?

Als Karl V. im Jahr 1519 zum König von Deutschland gewählt wurde, zog er mit seinem spanischen Hofstaat nach Deutschland. Zur Verwunderung der Deutschen. Karl sprach nicht gern Deutsch und wenn, dann nur mit seinem Pferd. Von Rolf-Bernhard Essig

Hygiene Wie sollte man Perlatoren und den Duschkopf reinigen?

Kalk ist eine gute Grundlage für mikrobielles Wachstum und schafft eine große Oberfläche. Mit der Säure, die man benutzt, um den Kalk wegzumachen, holt man die Mikroben heraus. Von Markus Egert | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Linguistik Wie hat sich die Grammatik von Sprachen entwickelt?

Die Sprachentwicklung sieht man anhand von Spuren. Die Vergangenheitsform lautete zum Beispiel früher: "Ich reden tat", die heute zu dem Wort "redete" mit Endung verschliffen ist. Von Gábor Paál. Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Redensart Warum haben Adelige "blaues Blut"?

Der Ausdruck "blaues Blut" hat seinen Ursprung wohl in Spanien ("sangre azul"). Das hat mit den Adern zu tun, die bläulich durch die Haut schimmern. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Redewendung Woher kommt die Redewendung "Wes Brot ich ess, des Lied ich sing"?

Minnesänger zogen früher von Hof zu Hof, um mit Singen für ihren Unterhalt zu sorgen. Und da war es besser, den Grafen oder Fürsten, dem der Hof gehörte, nicht zu verärgern. Von Rolf-Bernhard Essig

Sexualität Wie entsteht Homosexualität?

Eine endgültige Erklärung gibt es noch nicht, aber es sieht so aus, dass Homosexualität zwar in gewisser Weise angeboren ist, aber trotzdem nicht direkt vererbt wird. Von Gábor Paál | Dieser Beitrag steht unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

Klima Versprühen Flugzeuge am Himmel Aluminium, um eine weitere Klimaerwärmung zu verhindern?

Nein, stimmt nicht. Es ist eine Verschwörungstheorie, die sich seit Jahren hält: Die „bösen Amerikaner“ sprühen, damit sie an ihrer Klimapolitik nichts ändern müssen, stattdessen Metalle in die Atmosphäre, sodass die die Sonnenstrahlen reflektieren und sich das Klima auf diese Weise wieder abkühlt ... Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.