Biologie

Warum bilden sich im Winterschlaf die Muskeln von Tieren kaum zurück?

Stand

Von Autor/in Gábor Paál

Amerikanischer Schwarzbär (Ursus americanus): Durch regelmäßiges Zittern trainieren Bären ihre Muskeln auch im Winterschlaf. So beugen sie einem zu starken Muskelabbau vor.

Warum bilden sich im Winterschlaf die Muskeln von Tieren kaum zurück?

Bär baut 23 Prozent Muskelkraft ab, Mensch würde 90 Prozent verlieren

Das ist noch gar nicht so lange erforscht und man weiß es bisher auch nur von einem einzigen Tier, nämlich dem Bären. Und der Bär hält streng genommen auch keinen Winterschlaf, sondern eine Winterruhe. Der Unterschied ist, dass beim echten Winterschlaf auch die Körpertemperatur runtergefahren wird. Es sind eher kleinere Tiere, die das machen, etwa Fledermäuse oder Hamster.

Bären halten nur eine Winterruhe, die Körpertemperatur bleibt also hoch und sie sind zwischendurch öfters mal wach. Allerdings nicht lang genug, dass das erklären würde, warum die Muskeln kaum zurückgehen. Untersuchungen haben gezeigt, dass nach monatelanger Winterruhe beim Bären die Muskelkraft nur um 23 Prozent reduziert ist, also nicht mal ein Viertel. Zum Vergleich: Wenn ein Mensch so lange im Bett liegen und sich nicht rühren würde, würden die Muskeln um 90 Prozent zurückgehen. Deswegen sollten sich auch bettlägerige Menschen im Rahmen ihrer Möglichkeiten bewegen bzw. ihre Muskeln trainieren. Das heißt umgekehrt: Wenn man weiß, wie das beim Bären funktioniert, könnte man möglicherweise solchen Menschen helfen.

Bären: regelmäßiges Zittern und Proteinzufuhr auch im Winterschlaf

Vor ein paar Jahren kam man dem Geheimnis beim Bären auf die Spur. Es scheinen zwei Faktoren eine Rolle zu spielen:

  1. Bären trainieren ihre Muskeln auch im Winterschlaf immer ein bisschen, nämlich durch unwillkürliches ständiges Zittern. Etwa viermal am Tag zittern die Muskeln und spannen sich an. Dadurch werden sie angeregt und bleiben "im Training". Ob dieses Zittern allein ausreicht, um den Muskelschwund aufzuhalten, ist fraglich. Offenbar kommt ein zweiter Faktor dazu:
  2. Der Körper hält die Muskeln durch ständige Zulieferung von Proteinen, also von Eiweißen, instand. Er "füttert" sie gewissermaßen.

Harnstoff nicht ausscheiden, sondern zur Proteinproduktion verwenden

Nun ist die Frage: Wo kommt dieses Eiweiß her? Denn die Winterschläfer fressen ja in dieser Zeit nichts. Aber sie spalten aus Harnstoff, der ja normalerweise ausgeschieden wird, Stickstoff ab. Dieser Stickstoff ist das zentrale Element für Proteine. Der Körper "recycelt" also den Stickstoff, den er eingelagert hat, und stellt daraus Proteine her. Diese werden den Muskeln zugeführt. Auch das verhindert offenbar, dass sich die Muskeln abbauen. Das ist so bisher aber nur bei den amerikanischen Schwarzbären untersucht worden. Ob das bei anderen Winterschläfern und Winterruhern auch so ist, weiß man nicht.

Zwei europäische Braunbären im Winter
Zwei europäische Braunbären im Winter

Bärenforschung kann für Patienten und Astronauten nützlich sein

Die Erkenntnisse aus der Tierforschung können auch für den Menschen hilfreich sein. Zum einen für Patienten, die zum Beispiel nach einem Unfall lange bettlägerig sind. Eine andere Möglichkeit ist es für Astronauten, die vielleicht mal zum Mars oder noch weiter fliegen sollen. Da besteht ebenfalls das Problem, dass Muskel- oder Knochenabbau droht. Hierfür existiert die bisher einzig bekannte Lösung derzeit nur in Science-Fiction: Was machen die Astronauten bei "2001 – Odyssee im Weltraum"? Sie halten Winterschlaf! Vielleicht wäre also das Problem gelöst, wenn dieser Winterschlaf beim Menschen genauso funktionieren würde wie beim Bären. Und wenn man den Menschen überhaupt in einen künstlichen Winterschlaf versetzen kann.

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