Musikgespräch

Zum Tod von Antônio Meneses: „Er hat jeden Ton mit Herz und Verstand gespielt“

Stand
Das Interview führte
Christiane Peterlein
Interview mit
Friederike Kienle

Am 3. August verstarb der brasilianische Cellist Antônio Meneses im Alter von 66 Jahren nach kurzer, aber schwerer Krankheit. Die Dirigentin und Cellistin Friederike Kienle erinnert an ihren Lehrer und langjährigen Freund, der vor allem für seine Arbeit im Beaux Arts Trio bekannt war und die klassische und moderne Musik Brasiliens in Europa vorstellte.

„Er hat jeden Ton mit Herz und Verstand gespielt.“

Antônio Meneses hat Musikgeschichte geschrieben. Als einziger Cellist gewann er sowohl den Ersten Preis des ARD-Musikwettbewerb 1977 in München und die Goldmedaille beim Tschaikowsky-Wettbewerb 1982 in Moskau.

Cellistin Friederike Kienle erinnert sich an Meneses als großen Namen, der schon in ihrer Kindheit prägend war, vor allem seine Aufnahmen mit Anne-Sophie Mutter und Herbert von Karajan: „Er hat jeden Ton mit Herz und Verstand gespielt“, so Kienle. Sein Spiel sei immer edel und wohlüberlegt gewesen.

Auch die Kammermusik nahm einen großen Platz in seinem künstlerischen Schaffen ein. 1998 wird er Cellist des Beaux Arts Trio, arbeitet mit Yung Uck Kim und Daniel Hope an der Geige und Menahem Pressler am Klavier. Letzterer sei sehr streng gewesen mit seinen Streichern, das habe Meneses immer wieder erzählt.

„Er konnte sich so präzise ausdrücken über die Kunst.“

2006 hat Kienle Antônio Meneses zunächst als Lehrer bei einer Masterclass in Siena kennengelernt. Es sei ein unheimlich inspirierender Kurs gewesen, erinnert sich die Cellistin: „Er hatte so viel zu sagen und konnte sich so präzise ausdrücken über die Kunst.“

Meneses habe ihr auch unerschöpflichen Input für ihr eigenes Cello-Spiel gegeben. Als sie für zwei aufeinanderfolgende Konzerte in Japan alle Cellosuiten von Johann Sebastian Bach einstudierte, habe sie Meneses gebeten, diese mit ihm bearbeiten zu können. „Da sind wir in aller Strenge alle Suiten durchgegangen“, so Kinele. „Er hatte einen sehr hohen Anspruch an uns alle. Die Strenge mit der Partitur und mit den Komponisten, das hat er von uns eingefordert.“

Aus dem Lehrer-Schülerinnen-Verhältnis habe sich mit den Jahren eine Freundschaft entwickelt. Ihre Weiterentwicklung von der Cellistin zur Dirigentin habe er interessiert und fasziniert verfolgt. Auch über ihre Entscheidung, nach Japan zu gehen, habe er sich gefreut. „Er hat mich immer unterstützt. Es wäre natürlich für mich ein Traum gewesen, etwas mit ihm zusammen zu tun“, sagt Friederike Kienle.

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