Mit 3,68 Metern Länge zählt das Alphorn zu den unhandlicheren Instrumenten. Doch die Fangemeinde ist groß und hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verjüngt. Ein Besuch beim Sommertreffen des im schwäbischen Fichtenberg beheimateten Freundeskreises Süddeutscher Alphornbläser im Würzburger Hofgarten.
Alphorn spielen als Jugendtraum
Es sei für sie ein Jugendtraum gewesen, den sie sich nicht verwirklichen konnte, weil ihre Eltern nicht bereit waren, ihrer 16-jährigen Tochter ein Alphorn zu spendieren, erinnert sich Sabine Burgetsmeier über die Anfänge ihrer Begeisterung für das Instrument. „Ich habe dann zehn Jahre später von einem Kurs erfahren, und hatte die Möglichkeit, ein Alphorn relativ kostengünstig zu erwerben,. Und ja, dann war's passiert, gell.“
Zu Hause in Ochsenfurt spielt sie meist alleine. So freut sie sich besonders über dieses Konzert im lauschigen Würzburger Hofgarten mit dem Freundeskreis Süddeutscher Alphornbläser (FSA).
Der Verein habe den Anspruch, das Alphornspielen in einer Großgruppe publik zu machen, erklärt der Vereinsvorsitzende Fritz Glock: „Unser Ziel ist es zum einen, die Qualität in einer Großgruppe so darzubieten, dass sie gut hörbar ist, und zum anderen, das Alphorn bekannter zu machen. Denn für mich wird das Alphorn in der Öffentlichkeit und auch in manchen Musikerkreisen noch hoffnungslos unterschätzt.“
Das Sinfonieorchester des KIT spielt Jean Daetwylers Konzert für Alphorn und Orchester
Lange galt das Albhorn als Exot
Dirigiert wird dieser Alphornchor von Ralf Denninger aus Heilbronn — der selbst aus einem ganz praktischen Grund auf das Schweizer Nationalsymbol verfiel. Er sei studierter Posaunist. Um Übezeit zu sparen, habe er sich ein Alphorn zugelegt: „Ein Posaunist muss normalerweise im Profibereich 4 Stunden am Tag üben, und mit dem Alphorn schaffe ich das in einer Stunde.“
Galt das Albhorn lange eher als Exot, hat es inzwischen wirklich viele Fans. Allein im Freundeskreis Süddeutscher Alphornbläser sind 170 davon organisiert. Aber auch die Struktur der Bläserschaft hat sich gewandelt — etwa in den Kursen, die Denninger an der Musikakademie Hammelburg gibt. Waren vor 15 Jahren die meisten Bläser noch Ü50, sei der Schnitt heute Ü20, zudem liege der Frauenanteil zwischen 30 und 40 Prozent.
Lippenspannung statt Ventilen und Grifflöchern
Die meisten kommen dabei etwa aus Jagdhorn-, oder Posaunenchören, aber auch aus Sinfonieorchestern. Sie bringen Erfahrung im bläserischen Bereich mit — und entsprechende Lippenspannung. Ganz einfach ist es aber auch dann nicht, so weit zu kommen, dass man andere Menschen am eigenen Alphornspiel teilhaben lassen möchte, denn Ventile oder Grifflöcher hat das Instrument nicht: Die Töne werden nur mit Lippenspannung und Atem gebildet, mittels Überblastechnik.
Ein guter Spieler kann bis zu 16 Töne der Naturtonreihe blasen, je nach Können und täglicher Übezeit. Und das Repertoire ist erstaunlich reichhaltig, beginnend mit einer Sinfonia pastorella für Alphorn und Streicher von Leopold Mozart.
„Das Alphorn hat sehr vielfältige Möglichkeiten, vom traditionellen Bergruf bis BoogieWoogie“, erklärt Ralf Denninger, „im Jazz wird es genutzt, es werden Polka, Marsch, Walzer gespielt, und es werden auch Flash-Töne damit gemacht.“
Beim FSA dirigiert Denninger bei Proben, Konzerten und Konzertreisen eine Schar von 30 bis 100 Bläsern aus ganz Süddeutschland.
Zum Üben brauchen Alphornisten Platz
Was übrigens leicht zu einem kulturellen Zwiespalt führen könnte, denn die in Süddeutschland zumeist gespielten Instrumente, deren tiefster Ton ein Kontra-F ist, sind 3,68 m lang — Schweizer Alphörner dagegen nur 3,47 m, so dass sie auf Fis stehen. Zur Völkerverständigung gibt es deshalb Einsätze für die Hörner, um — in jeder Hinsicht — die Stimmung anzugleichen.
Wenn der Alphornist mit Spielen fertig ist, wird die Sache dann deutlich handlicher: Nur vier bis fünf Kilo wiegen die riesigen Instrumente, sind in zwei bis fünf Teile zerlegbar und damit selbst auf dem E-Scooter transportabel. Oder beim Wandern in den Bergen, dem eigentlichen Habitat des Alphorns, das denn auch von -50 bis +50 Grad spielbar ist.
Nur zum Üben braucht man ein wenig Platz: Fünf Meter sollten es schon sein, von Wand zu Wand, damit Alphornist und Alphorn halbwegs komfortabel stehen können. Oder man hält es aus dem Fenster — dann haben auch noch Leute weiter weg was davon, denn je nach Umgebung hört man ein Alphorn bis zu fünf Kilometer weit.