- Georg Philipp Telemann und Georg Friedrich Händel
- Franz Liszt und Frédéric Chopin
- Clara Schumann und Pauline Viardot-García
- Claude Debussy und Erik Satie
- Sergej Rachmaninow und Fjodor Schaljapin
Georg Philipp Telemann und Georg Friedrich Händel – Briefe über Kompositionen und Blumenzwiebeln
Zum ersten Mal treffen Georg Philipp Telemann und Georg Friedrich Händel 1701 in Halle aufeinander. Der 20-jährige Telemann macht in der Stadt an der Saale bei einer Reise von Magdeburg nach Leipzig Station, um den vier Jahre jüngeren, „damahls schon wichtigen Hrn. Georg Fr. Händel“ kennenzulernen, wie er rückblickend schriftlich festhält. Es ist der Auftakt für eine lebenslange, produktive Freundschaft und Zusammenarbeit.
Mit den Jahren entwickelt sich eine rege Brieffreundschaft. Händel lebt später in London, Telemann in Hamburg. Die beiden konversieren auf Französisch, immer im höflich-distanzierten „vous“, schicken sich ihre Kompositionen zum gegenseitigen Feedback und tauschen sich über ihre Leidenschaft für die Gärtnerei aus. Händel schickt seinem Freund aus der englischen Metropole auch seltene Blumenzwiebeln in die Hansestadt.
Franz Liszt und Frédéric Chopin – Zwischen Rivalität und Freundschaft
Der eine ist eine Rampensau, der andere scheut das Rampenlicht. 1832 lernen sich Franz Liszt und Frédéric Chopin kennen: Beide sind Anfang Zwanzig und beide wollen den Durchbruch in Paris schaffen, seinerzeit die „Welthauptstadt der Musik“.
Der Ungar Liszt ist schon seit einigen Jahren in der Stadt und begeistert die Massen – und nicht zuletzt die Frauen – mit seinem ungestümen Klavierspiel. Es herrscht eine regelrechte „Lisztomanie“. Ganz im Gegensatz zu ihm ist Chopin schüchtern und menschenscheu. Statt auf der Konzertbühne spielt Chopin lieber in Salons oder unterrichtet.
Liszt wird auf Chopin bei seinem ersten Pariser Konzert aufmerksam, wo dieser sein Klavierkonzert Nr. 1 zur Aufführung bringt. Chopin kannte Liszt zwar bereits zuvor, hatte in seinen Briefen aber keine sonderlich warmen Worte für dessen Klavierspiel übrig. Trotzdem: Die ungleichen Pianisten freunden sich an und geben gemeinsame Konzerte. Chopin widmet seinem Freund seine 1833 erschienenen Klavier-Etüden op. 10.
Doch nach wenigen Jahren knirscht es zwischen den beiden Freunden. Als Chopin auf Reisen ist, nutzt Liszt dessen Wohnung als Liebesnest für eine Affäre mit der Frau des Klavierbauers Camille Pleyel – der wiederum ein guter Freund Chopins ist. Ihre Beziehungen zu Frauen sind wahrscheinlich auch später der Grund für die immer größere Distanz zwischen den beiden Komponisten.
Chopin, der nie sonderliches Interesse an Frauen bekundet hatte, geht auf Vermittlung von Liszt eine Beziehung mit der Schriftstellerin George Sand ein, die ihrerseits zuvor wahrscheinlich bereits mit Liszt intim war. Und Liszt findet seine Lebensgefährtin in Marie d’Agoult, die zuvor an Chopin interessiert war.
Liszt versucht in späteren Jahren immer wieder, die Beziehung zu Chopin zu kitten, schreibt ihm Briefe und organisiert Treffen. Doch Chopin lässt seinen früheren Freund immer wieder auflaufen. Zur Aussprache kommt es vor Chopins frühem Tod im Jahr 1849 nicht mehr.
Liszt schreibt seine Erinnerungen an den Freund 1851 in einer Biografie nieder. Außerdem widmet er ihm seine „Funérailles“, die von späteren Autoren immer wieder als musikalische Totenrede für Chopin gedeutet werden.
Clara Schumann und Pauline Viardot-García – Musikalische Herzensschwestern in Baden-Baden
Anders als die stürmische Freundschaft von Liszt und Chopin hält die Freundschaft der Komponistinnen Clara Schumann und Pauline Viardot-García mehr als fünfzig Jahre. Die beiden Frauen begegnen sich erstmals im Sommer 1838 in Leipzig. Clara, damals noch unverheiratete Wieck, notiert in ihrem Tagebuch:
Das „echt“ unterstreicht sie in ihrem Eintrag. Die beiden Frauen verstehen sich direkt und schreiben sich bis an ihr Lebensende innige Briefe. Schumann macht international als Pianistin Karriere, Pauline Viardot als Opernsängerin. Wann immer ihre Konzertreisen es erlauben, treffen sie sich zum Musizieren, Essen und Plaudern. Vor allem in Baden-Baden, wo beide in den 1860er-Jahren leben, sind die Treffen ungemein innig:
Pauline Viardot-García und Clara Schumann sind zwei Gegensätze, die sich anziehen: Die spanischstämmige Viardot gilt als ungemein lebensfroh, Schumann hingegen als eher melancholisch. Zwischen ihren Treffen liegen teils Jahre, doch die innige Korrespondenz bleibt auch über diese Durststrecken bestehen – bis zu Schumanns Tod im Mai 1896.
Claude Debussy und Erik Satie – Eine Freundschaft in der Pariser Bohème
Eine weitere große Komponistenfreundschaft, die sich in Paris entwickelte, ist die zwischen Claude Debussy und Erik Satie. Wie genau sich die beiden Männer Ende der 1880er-Jahre kennengelernt haben, ist nicht belegt.
1883 hatte sich der 21-jährige Debussy die Aufmerksamkeit seiner Komponisten-Kollegen gesichert, als er beim Prix de Rome, dem seinerzeit renommiertesten Kompositionspreis Frankreichs, den zweiten Platz belegte. Ein Jahr später gewann er den ersten Preis und durfte vier Jahre in der römischen Villa Medici seinen Musik-Studien nachgehen.
Als er im Anschluss wieder nach Paris zurückkehrt,stürzt er sich in das Künstlerleben der Pariser Bohème. Debussy hält sich mit kleineren Kompositionen über Wasser, finanziell unterstützt wird er auch von seinem Verleger Georges Hartmann.
Erik Satie verkehrt in denselben Kreisen. Er verlässt 1887 das Elternhaus und findet im Nachtlokal „Le Chat noir“ Anstellung als Pianist. In dieser Zeit entsteht auch eine seiner bekanntesten Kompositionen, die „Gymnopédies“. Debussy ist begeistert von dieser Komposition und orchestriert zwei dieser Stücke für seinen Freund. Die Uraufführung der von Debussy arrangierten Fassung findet 1897 unter der Leitung von Gustave Doret statt.
Debussy stirbt am 25. März 1918 in Paris. Satie schreibt rückblickend über seinen Kollegen und Freund:
Sergej Rachmaninow und Fjodor Schaljapin – Eine lebenslange Freundschaft, die an der Oper begann
Rachmaninow und der Opernsänger Fjodor Schaljapin, beide 1873 geboren, begegnen sich 1896 im Moskauer Mamontow-Opernhaus. Schaljapin wechselt vom Petersburger Mariinski-Theater an das privat geführte Haus, weil er sich in der Zarenstadt nicht ausreichend gewürdigt fühlt. Rachmaninow befindet sich in einer tiefen Schaffenskrise und hat mit dem Komponieren aufgehört. An der Oper hat er Anstellung als Dirigent gefunden.
Es ist einmal mehr eine Freundschaft, die von den Gegensätzen lebt: Schaljapin ist ein geborener Entertainer, der es liebt, im Rampenlicht zu stehen. Rachmaninow ist schüchtern und kommt nur schwer mit anderen Menschen in Berührung. Der Sänger schafft es, den Komponisten aus seinem Schneckenhaus zu locken.
Künstlerisch inspirieren die beiden Musiker sich gegenseitig. Rachmaninow ermutigt Schaljapin, sich stärker mit der Partitur als musikalisches Gesamtwerk und den anderen Rollen in den Opern auseinanderzusetzen. Er legt ihm die Werke von Rimsky-Korsakow und Mussorgski ans Herz.
In seiner Autobiografie „Mann und Maske“ erinnert sich Schaljapin später an den Freund:
Rachmaninow wiederum lernt von Schaljapin, seinen Kompositionen ein theatralisches Element zu verleihen. Er schreibt viele Gesangskompositionen auf die Stimme seines Freundes.
Schaljapin singt Rachmaninow
1901 zieht es Schlajapin nach Westeuropa. Er singt in New York, London, Mailand und Paris. Auch nach seinem Weggang aus Moskau arbeiten die Freunde vereinzelt zusammen oder ziehen sich in künstlerischen Fragen ins Vertrauen. Rachmaninow geht schließlich 1917 mit seiner Familie ins amerikanische Exil.
Als Schaljapin 1938 im Sterben liegt, reist Rachmaninow nach Paris, um seinen todkranken Freund zu besuchen. Zwei Tage nach dem letzten Treffen stirbt der Sänger. Rachmaninow nimmt nicht an seiner Beerdigung teil, zu tief sitzt die Trauer. Doch folgende Worte sind überliefert : „Schaljapin wird nicht sterben. Er kann nicht sterben. Dieser wunderbare Künstler mit einer wirklich fantastischen Begabung darf nicht vergessen werden. Für zukünftige Generationen wird er zur Legende“.