Instrument des Jahres 2024

Mehr als nur Family-Guy-Meme: Das alles kann die Tuba

Stand
Autor/in
Sebastian Kiefl

Sie ist das Instrument des Jahres 2024: die Tuba. Vor allem ist sie bekannt für den UmTaTa-Sound bei Blaskapellen oder als das Instrument, mit dem in amerikanischen Cartoons Adipöse schikaniert werden. Doch die Tuba kann deutlich mehr!

Fat-Shaming mit dem Sousaphon

Junge Menschen für Instrumentenkunde zu begeistern ist wahrlich kein einfaches Unterfangen. Doch die amerikanische Zeichentrickserie „Family Guy“ aus der Feder von Seth MacFarlane hat immerhin ein Instrument fest in den Köpfen der Millenials platziert: die Tuba. In der fünften Staffel fliegt der dümmliche Chris von der Schule, der einzige Weg zur Bildung bleibt eine teure Privatschule.

Um diese Bildung zu finanzieren, geht der weibliche Teil der Familie buchstäblich anschaffen, der jüngste Sohn Stewie hingegen verfolgt dicke Leute mit einer Tuba – genauer: einem Sousaphon – und verlangt dafür auch noch 60 Dollar – Dissonanz beim Fallen inklusive.

Family Guy - Stewie mit Tuba (Deutsch)

Das Fat-Shaming mit Tuba ist seither ein Running Gag unter Fans der Serie. Doch es gibt weitaus bessere Methoden, um Instrumente bei der breiten Bevölkerung bekannt zu machen: das „Instrument des Jahres“ zum Beispiel. Denn die Tuba bietet viel mehr als nur ein Es-Dur-Akkord für Fat-Shaming, wie etliche Kompositionen zeigen.

Die Tuba macht die Blechblasinstrumentenfamilie komplett

Seit 2008 wird jedes Jahr ein Instrument zum „Instrument des Jahres“ gekürt. Damit soll Neugier auf die Instrumente geschaffen werden und den Instrumenten kommt im Idealfall eine besondere Aufmerksamkeit zu.

Das lohnt vor allem bei Instrumenten, die eher in den hinteren Reihen eines Orchesters erklingen. Hierzu zählt auch die Tuba. Nach Trompete, Posaune, Horn und Saxophon macht die Tuba die Blechblasinstrumente beim Instrument des Jahres komplett.

Bekannt ist das Instrument vor allem für seine tiefen Töne, die den hohen Flöten und Geigen ein passendes Fundament bieten, vor allem bei den lauten Passagen eines Konzertes.

Der Gedanke, dass die Tuba vor allem auf die 1 und die 3 eines Taktes spielt, ist fest in den Köpfen verankert. Grund genug, um in den letzten Tagen der Tuba als Instrument des Jahres mit diesen Vorurteilen aufzuräumen und die Tuba in den Mittelpunkt zu stellen.

Kompositionen für Solo-Tuba sind rar gesät

Am schönsten wäre natürlich, eine Liste mit den 100 schönsten Stücken für Tuba vorzustellen. Doch schnell zeigt sich: Das ist gar nicht mal so einfach, denn kaum ein Komponist würdigte der Tuba ein Konzert oder andere Solo-Stücke.

Doch zwei Beispiele gehören auf jeden Fall an den Beginn einer – wenn auch kürzeren – Liste mit den schönsten Stücke für die Tuba. Ralph Vaughan Williams komponierte 1954 das wahrscheinlich erste Tubakonzert der Musikgeschichte.

Kunstvoll zeigt Williams mit seiner Komposition, wie vielseitig die Tuba eigentlich sein kann. Den Streichern steht sie in nichts nach und gibt sich als vollwertiges Soloinstrument.

Zu ernst nimmt Williams das Instrument dabei allerdings auch nicht und lässt die Tuba im Konzert auch mal mit den Holzbläsern flirten. Es ist ein schmaler Grat zwischen übereifriger Komposition und ins Lächerliche ziehen, wenn man bisher unbekannte Instrumente in die Mitte stellen will. Doch Ralph Vaughan Williams hat ihn gemeistert.

Album-Tipp Als die Tuba zum Soloinstrument wurde: Ralph Vaughan Williams' Tubakonzert

Im Sinfonie- oder Blasorchester gehört die Tuba zu den wichtigen, aber unauffälligen Instrumenten. Deshalb dauerte es auch ziemlich lange, bis jemand mal ein Solokonzert für das tiefe Blechblasinstrument geschrieben hat: 1954 komponierte Ralph Vaughan Williams das wahrscheinlich erste Tubakonzert der Musikgeschichte.

Die Williams: Tuba-Fans

Unterstützung für die Tuba als Solo-Instrument gab es dann 31 Jahre später aus den Reihen Hollywoods. Richtig gelesen, denn kein geringerer als John Williams komponierte das „Tuba Concerto“.

Eine Korrelation zwischen dem Namen „Williams“ und dem Komponieren von Tuba-Konzerten ist aufgrund der niedrigen Fallzahlen noch nicht abschließend bewiesen, liegt jedoch nahe.

John Williams beim Dirigieren
Vor allem kennt man John Williams für seine Blockbuster-Kompositionen wie „Star Wars“, „Der weiße Hai“, „Schindlers Liste“ oder „Kevin – Allein zu Haus“. Doch er schrieb auch einige Orchesterwerke, unter anderem für die Tuba. Doch das bekannteste Tubakonzert stammt aus der Feder seines Namensvetters Ralph Vaughan Williams.

Wer nun denkt, dieses Konzert war einer der ersten Gehversuche von John Williams zu Beginn seiner Musikkarriere wird erstaunt feststellen, dass es zum einen gar nicht das erste Konzert Williams war – es war bereits sein drittes nach Konzerten für Flöte und Geige – und das es bereits inmitten seiner Hollywood-Karriere entstand.

Nämlich genau zehn Jahre nachdem er die Musik zu „Der weiße Hai“ („Jaws“, 1975) und acht Jahre nachdem er die berühmte Melodien zu „Krieg der Sterne“ („Star Wars“, 1977) schrieb.

Für beide Kompositionen erhielt er einen Oscar, somit ist es nicht verwunderlich, dass man bei John Williams zuerst an Lichtschwerter oder panische Schwimmer denkt und nicht an ein Tubakonzert.

John Williams – Concerto for Tuba and Orchestra | Hans Nickel | Sanderling | WDR Sinfonieorchester

Rasant an den Ventilen

Die Virtuosität einer Tuba lässt sich nicht nur bei den Konzerten beweisen, sondern auch bei den unzähligen Transkriptionen von Stücken für die Tuba. Rimski-Korsakows „Hummelflug“ gilt oft als Messlatte für die Fingerfertigkeit, sei es am Klavier oder an der Geige.

Canadian Brass stellte das Stück für Bläserensemble zusammen und zeigt, dass bei diesem Stück die Finger des Tubisten selbst in einer kalten Kirche garantiert nicht einfrieren werden.

Flight of the Bumblebee - Canadian Brass

Tierische Geschwindigkeiten bringt auch das Melton Tuba Quartet auf die Tuba bzw. ihre vier Tuben (oder Tubas – beide Schreibweisen sind korrekt). Selbst auf über einem über 7 kg schwerem Instrument galoppiert die Melodie vor sich her wie das Pferd aus „The Lone Ranger“ mit dieser Titelmelodie.

Das Tempo des Allegros aus der Ouvertüre zu „Wilhelm Tell“ von Gioachino Rossini macht auch in der Version für die Tuba keine Ausnahme.

Allegro aus der Ouvertüre zu Wilhelm Tell

Mehr Tuba-Transkriptionen in der ARD Mediathek

Tiefe Shantys

Einer der Gründe, warum es so wenig Kompositionen für die Tuba als Solo-Instrument gibt, mag sein – nebst einer vergleichsweise späten Erfindung – dass die Tuba in einer sehr tiefen Lage spielt.

Blickt man in die Welt der Kompositionen für Streichinstrumente zeigt sich ein ähnliches Bild, es gibt zuhauf Kompositionen für Geige, Bratsche und Cello, doch der Kontrabass steht im Vergleich recht vergessen da. Beim tiefsten Instrument der Blechblasinstrumente ist das nicht anders.

Doch hier liegt eine Stärke der Tuba, vor allem im Bereich der Arrangements. Anfang 2021 fand das Walfängerlied „Soon May the Wellerman Come“ in einer Version von Nathan Evans Einzug in die weltweiten Charts und belegte dort Platz 1.

Auf Social Media verbreiteten sich etliche Versionen, vor allem Bässe konnten bei diesem Lied ihr Können zeigen, ein gefundenes Fressen für Tuba-Arrangeure, wie Daniel Ridder, der selbst Tuba spielt und sammelt.

Wellerman - Nathan Evans - Tuba Quartett(TikTok Sea Shanty) - Daniel Ridder Tuba - Feature- Santiano

Blech-Bruder

Ein kleiner Abstecher in die Familie der Blasinstrumente sei auch noch gestattet. Mit satten 7-10 kg ist eine Tuba wahrlich kein Leichtgewicht. Ein wenig leichter ist das Euphonium. Man könnt es als den kleinen Bruder der Tuba bezeichnen. In der B-Stimmung liegt es in der Tonhöhe genau eine Oktave zwischen der Tuba und einer Trompete.

Tuba- und Euphonium-Spieler mit Weihnachtsmütze
Das Instrument des Jahres soll die Besonderheitens eines Instrumentes hervorheben. Doch ein Blick in die Instrumentenfamilie soll nicht fehlen. Das Euphonium (links) kann als der kleine Bruder der Tuba bezeichnet werden. Und verdient in diesem Jahr auch noch ein bisschen Aufmerksamkeit.

Es ist zwar genau wie die Tuba geplagt von wenig solistischen Kompositionen, doch ganz ohne Solo-Repertroire stehen Euphonisten nicht da, denn Joseph Horovitz komponierte 1972 das Euphonium Konzert in c-Moll.

Euphonium Concerto, mvt. i - Moderato

Weihnachtsgrüße von der Tuba

Zum Ende des Jahres darf sich nicht nur die menschliche Stimme dem Ende des Jahres entgegensehnen, denn sie ist das Instrument des Jahres 2025, auch Fans von Weihnachtsmusik kommen endlich auf ihre Kosten. Auch hier liefert die Tuba, zusammen mit Euphonium, passende Töne mit Stefan Nilssons „Gabriellas sång – Wie im Himmel“.

Gabriellas Sang - Wie im Himmel - Tuba Quartett - Miraphone + Willson Tuba, Adams + Besson Euphonium

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