Wiederentdeckung der Wiener Philharmoniker

Ein Moment des Glücks: Die Komponistin Constanze Geiger

Stand
Autor/in
Fanny Berold
Onlinefassung
Dominic Konrad

Beim traditionellen Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker wird 2025 erstmals eine Komponistin zur Aufführung kommen: Constanze Geiger. Wenig wusste man bislang über die 1835 in Wien geborene Komponistin, Pianistin und Schauspielerin und es gibt bis heute kaum Aufnahmen ihrer Musik. Der Pianist Frank Dupree hat jetzt für den SWR ein Klavierstück eingespielt.

Im Mai 1854 wird die Kaiserin Elisabeth von Österreich mit einer besonderen Huldigung geehrt. Die Gesellschaft der Musikfreunde überreicht ihr ein Musik-Album, darin sind Werke von 88 Komponisten und Komponistinnen. Eines dieser Stücke stammt von Constanze Geiger: „Un instant de bonheur“, auf Deutsch: ein Moment des Glücks.

Die Komponistin Constanze Geiger ist heute nahezu vergessen. Von ihrer Musik gibt es kaum Aufnahmen. Der SWR hat das jetzt geändert. Für den Pianisten Frank Dupree war es ein besonderes Vorhaben, das Klavierstück „Un instant de bonheur“ einzuspielen.

Denn bis zu diesem Projekt hatte er noch nie von Constanze Geiger gehört. Den ersten Zugang zur Komponistin und ihrer Musik fand er über die Noten: „Es ist sehr ungewöhnlich für uns Pianisten und Pianistinnen heutzutage, dass man aus einer Handschrift spielt. Ich habe mich zuerst zuhause hingesetzt und die Noten selbst mit meinem Notenprogrammabgeschrieben, damit ich auch ganz genau jede Note identifizieren kann.“

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Noten geben nur wenige Hinweise zu Artikulation und Dynamik

Und Frank Dupree fiel dabei direkt etwas auf: Im Vergleich zu anderen Komponisten, die sehr viel in die Noten an Artikulation oder Dynamik hinein schreiben, hat sich Constanze Geiger eher zurückgehalten. Sie gebe wenig Artikulationsbeispiele, erklärt Dupree.

„Sie macht dann über die ersten drei Noten einen Punkt, also ein Staccato, und zwischendurch steht auch mal ein dolce, aber ansonsten hält sie sich sehr zurück“, erklärt der Pianist. „Ich habe versucht, meine Interpretation nüchtern zu halten. Und trotzdem lässt es sich nicht vermeiden. meine eigene Note mit einzubringen.“

Als Wunderkind auf den Bühnen Wiens präsentiert

Constanze Geiger wird 1835 in Wien geboren und wächst in wohlhabenden Verhältnissen auf. Ihr Vater, Joseph Geiger, ist selbst Komponist und hat große Pläne für seine Tochter. Er stellt sie als Wunderkind auf die Bühnen Wiens.

Mit neun präsentiert sie als junge Pianistin ihre ersten beiden Kompositionen. Besonders bemerkenswert für ihr Alter: Zu diesem Zeitpunkt ist ihr Opus 1 bereits im Verlag Diabelli erschienen. Fast alle ihrer Werke mit Opuszahl werden gedruckt, darunter viele Tanzkompositionen vor allem für Klavier, aber auch Lieder und geistliche Werke.

Von den Kritikern wird Constanze Geigers Musik oft als lieblich beschrieben. Und die Melodie ihres Klavierstücks „Un instant de bonheur“ strahlt eine solche Lieblichkeit aus. Gestützt wird sie durch eine luftige, leichte Begleitung, die sich aber immer virtuoser entfaltet.

Lob als Wunderkind, Kritik als Komponistin

Die Bühnen von Wien erobert Constanze Geiger übrigens nicht nur als Musikerin. Sie entdeckt schon früh ihre Liebe zum Theater und tritt in verschiedenen Schauspielrollen auf – manchmal sogar als Schauspielerin, Pianistin und Komponistin zugleich.

Dann agiert sie im fliegenden Wechsel ihrer Rollen mal als Schauspielerin, dann als Pianistin ihrer eigenen Werke, die sie zwischen zwei Theaterstücken zur Aufführung bringt. Diese geschickte Verbindung ihrer Talente sollte zu ihrem Markenzeichen werden.

„Es liegt ein eigener Zauber in diesem Wunderkinde“, schreibt die Wiener Presse. Doch die Meinungen über die Komponistin Constanze Geiger sind gespalten, sie erntet auch viel negative Kritik. Ihre Auftritte wurden als „Übungen“ bezeichnet. Ihre Musik sei dem Publikum „aufgenötigt“ worden.

An der Tatsache, dass Constanze Geiger eine talentierte Komponistin ist, ändert das natürlich nichts. Und das beweist auch ihr Klavierstück „Un instant de bonheur“ – wirklich: ein Moment des Glücks.

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Dominic Konrad