Sam ist ein besonders cleverer Schimpanse. Er kann in der Gebärdensprache kommunizieren, sich einen Cheeseburger bestellen und sogar lügen. Sam wohnt mit einem Sprachforscher in einer Art Wissenschafts - WG und hat in der Menschenwelt sogar eine Freundin gefunden, die schüchterne Studentin Aimee.
Als Aimees skrupelloser Boss den Affen als biomedizinisches Versuchstier verkaufen will, schmiedet sie einen Rettungsplan.
T. C. Boyles neuer Roman erforscht die vermeintlichen Unterschiede zwischen Mensch und Tier und zeigt uns, wie primatenhaft wir wirklich sind. Boyle bleibt dabei immer realistisch, driftet nie ins Kitschige ab. „Sprich mit mir“ ist spannend, unterhaltsam und erzählerisch genial, ein „echter Boyle“ eben.
Ein Affe steht im Fokus von Boyles neuem Roman
Affen haben es dem Amerikaner T.C. Boyle neuerdings angetan: In seinem letzten Roman „Licht“ um den LSD-Guru Timothy Leary gab es diese Geschichte um eine Frau, die in Learys Kommune mit einem Schimpansen zusammenlebt. Der rast kreischend durch die Flure, beschmiert die Wände mit Exkrementen und klaut ständig Pancakes.
In seinem neuen Roman macht Boyle einen Affen sogar zur Hauptfigur: Sam ist ein besonders cleveres Exemplar beherrscht sogar die Gebärdensprache.
Sam der Schimpanse ist ein besonderes Tier
Sam hat es in die Fernsehshow „Sag die Wahrheit“ geschafft. Denn Sam ist ein besonderer Schimpanse: Dank seines menschlichen Lehrers beherrscht er die Gebärdensprache. Er ist in der Lage, sich einen Cheeseburger zu bestellen, Leute zum Narren zu halten und wenn es sein muss, sogar zu lügen.
Wie viel Mensch steckt in einem hoch entwickelten Tier? Und wie viel Tier steckt in uns, den Menschen? Diese Fragen beschäftigen den amerikanischen Autor T.C. Boyle schon länger.
Die tierische Seite blitzt bei Sam nur selten durch
In seinem Roman "San Miguel“ von 2013 schickte er drei Frauen aus der Zivilisation in die Wildnis, um zu sehen, wie die Natur sie nach und nach bezwingt. Jetzt, in „Sprich mit mir“, geht er den umgekehrten Weg: Er versetzt einen Affen in die mehr oder weniger zivilisierte Menschenwelt.
Sam lebt nämlich zum Zweck der Sprachforschung an Primaten in einer Art WG um den Wissenschaftler Guy Schermerhorn. Er guckt Fernsehen, blättert durch bunte Magazine, trinkt abends gerne einen Gin Tonic und raucht - die Geschichte spielt Ende der 70er Jahre - mit seinen Mitbewohnern auch mal einen Joint.
Nur gelegentliche Wutausbrüche und Attacken erinnern daran, dass Sam eben auch ein unberechenbares Tier ist, mit dem die Instinkte dann doch mal durchgehen.
Durch die platonische Liebe zu Aimee entwickelt Sam eine Persönlichkeit
Als eines Tages die schüchterne Studentin Aimee als neue Hilfskraft zu der Wissenschaftler-Kommune stößt, entwickelt sich zwischen ihr und Sam eine bedingungslose, platonische Affen-Liebe, unter der sich Sam immer mehr zu einer echten Persönlichkeit und zu einem intelligenten Wesen entwickelt.
Boyle findet in der Erzählung großartige poetische Bilder
Den Zauber dieser einzigartigen Mensch-Tier-Beziehung zerstört dann Schermerhorns Boss, der zwielichtige Forscher Moncrief. Mehr vom schnellen Profit als vom Wissensdrang getrieben, will er die Sprachforschungen mit Sam beenden und den Schimpansen für biomedizinische Experimente verkaufen. Für Aimee bricht eine Welt zusammen, und sie fasst einen wahnwitzigen Plan.
T.C Boyle zeigt sich beim Aufbau des Spannungsbogens seiner Geschichte wieder mal als großer Meister des klassischen Erzählens, die Handlung schnurrt wie ein gut geöltes Uhrwerk, Boyle findet großartige poetische Bilder, kongenial übersetzt von Dirk van Gunsteren.
Der Roman ist immer dann besonders ergreifend, wenn er aus Perspektive des Schimpansen erzählt wird
Die Geschichte wird abwechselnd aus den Perspektiven aller Hauptfiguren erzählt, auch aus Sicht von Sam. Es sind die ergreifendsten Momente des Romans: wenn sich Boyle in den gefangenen Schimpansen hineinversetzt:
„Sprich mit mir“ konfrontiert den Menschen mit seiner eigenen Primatenhaftigkeit
Boyle bleibt, bei aller Sympathie für seinen tierischen Protagonisten, ein Realist, der niemals der Gefahr unterliegt, das Mensch-Tier-Verhältnis irgendwie zu verkitschen.
Im Gegenteil, manchmal treibt er es mit absurdem Witz auf die Spitze - etwa, als Aimee Sam tatsächlich taufen lässt, und der Pfarrer sich bemüht, dem Affen das Leben Jesu näher zu bringen, was diesen natürlich nicht die Bohne interessiert.
„Sprich mit mir“ konfrontiert uns - mitfühlend und komisch - mit der eigenen Primatenhaftigkeit und zeigt uns auch, dass die Tiere uns vermutlich viel näherstehen, als wir wahrhaben möchten.
Buchkritik T.C. Boyle – Blue Skies
Das hätte sich Catherine nicht träumen lassen: dass ihr Leben wegen einer Pythonschlange so aus den Fugen geraten könnte, ganz abgesehen vom Dauerregen im „Sunshine State“ Florida. Und dass es bei ihrer Hochzeit in Kalifornien geröstete Heuschrecken und Sturmböen geben würde. Doch das sind nur einige der Überraschungen, die T.C. Boyles Ökothriller „Blue Skies“ zu bieten hat.
Rezension von Eberhard Falcke.
Aus dem Englischen von Dirk van Gunsteren
Hanser Verlag, 400 Seiten, 28 Euro
ISBN 978-3-446-27689-5