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Olga Martynova: Such nach dem Namen des Windes. Gedichte

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Im vergangenen Jahr veröffentlichte Olga Martynova, in St. Petersburg geboren, seit 1990 in Frankfurt am Main lebend, ihr bewegendes „Gespräch über die Trauer“. Im Juli 2018 war Martynovas Ehemann Oleg Jurjew überraschend gestorben; Martynova verarbeitete ihren Schmerz in einem Reflexions- und Trostbuch, das eine Reihe von Denk- und Lektüreangebote an seine Leserinnen und Leser machte.

Schreiben ist für Olga Martynova stets eine produktive Verarbeitung von Lektüren. In ihren Gedanken stecken sehr viel Welt, sehr viel Kunst, sehr viel Erfahrung und vor allem ein großes Formbewusstsein. Das gilt erst recht für Olga Martynovas Gedichte, die ohne den Anreiz der Avantgarde des 20. Jahrhunderts nicht denkbar wären.

Von dort aus zieht Martynova Verbindungslinien in die Vergangenheit, beispielsweise zu ihrem ewigen und treuen Begleiter Dante, aber eben auch in die Gegenwart. Das ist mehr als nur ein Spiel mit Formen und Intertextualität, sondern ihre Art, sich Raum zu schaffen für Gefühle und Daseinszustände.

Und trotz dieses intellektuellen Unterbaus wirken Martynovas Gedichte leicht, spielerisch und elegant. Zugleich aber haben sie immer Assoziationstiefe:

Schnittwundengeruch
abgemähten Grases,
dunkelgraues Geräusch
des elektrischen Rasenmähers –
all das bist du. Bist kaum wiederzuerkennen. Aber immerhin.

Mehr Literatur von Olga Martynova

Buchkritik Olga Martynova – Gespräch über die Trauer

Als der deutsch-russische Lyriker und Dramatiker Oleg Jurjew im Juli 2018 starb, versuchte seine Frau, die Schriftstellerin Olga Martynova, ihren Kummer mit einem Trauertagebuch zu bewältigen. Dabei entstand das „Gespräch über die Trauer", eine anspruchsvolle literarische Reise auf den Spuren von Tod und Verlust.
Rezension von Eva Karnofsky.
S. Fischer Verlag, 304 Seiten, 25 Euro
ISBN 978-3-10-397519-2

SWR2 lesenswert Kritik SWR2

Gespräch Gedichte und Lieder der russischen Lyrikerin Olga Martynova und des jüdischen Dichters Oleg Jurjew

Anlässlich des Holocaust-Gedenktags hat die Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz die russische Lyrikerin Olga Martynova und ihren Sohn, den Lyriker und Übersetzer Daniel Jurjew eingeladen.

SWR2 Journal am Mittag SWR2

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