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Colson Whitehead: Die Regeln des Spiels

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Colson Whitehead ist ein Schriftsteller, der zwar gewichtige Themen anschneidet, dabei aber stets das Spielerische der Sprache feiert. Eine Ausnahme war sein Roman „Die Nickel Boys“, in dem eine niederschmetternde Geschichte Whitehead zu einem anderen Tonfall zwang. Mit „Harlem Shuffle“ aber kehrte Whitehead zu seinem Witz zurück. Der Roman spielte in einem fast comichaft überzeichneten Milieu von Harlem, New York, und setzte in den frühen 1950er Jahren ein. Der Protagonist hieß Ray Carney, ein Möbelhändler mit gutem Geschmack; ein sympathischer Gauner mit Hochschulabschluss.

„Harlem Shuffle“ war ein swingendes und detailverliebtes Zeitbild, voll von Aufstiegsträumen, kleinen Gangstern und krummen Geschäften. Daran schließt Whitehead jetzt in „Die Regeln des Spiels“ unmittelbar an, ohne dass dafür die Kenntnis des Vorgängers zwingend nötig wäre. Wir befinden uns im Jahr 1971: Ray Carney will nichts mehr zu tun haben mit illegalen Aktivitäten. Er hat einen verantwortungsvollen Job. Er hat sich spezialisiert auf bequeme Ohrensessel für Ruheständler. Eine seriöse Tätigkeit. Das New York der 1970er ist ein wilder Ort. Gangs liefern sich Schießereien auf offener Straße. Da hält Ray sich raus.

Aber dann sind es „die Jackson 5, die Ray Carney nach vier Jahren auf dem rechten Weg wieder ins Spiel brachten.“ Und das heißt: zurück in die Kleinkriminalität mit den „ortsüblichen Sitten“. Denn seine Tochter May wünscht sich nichts dringender als eine Konzertkarte für die Jackson 5. Kein leicht zu erfüllender Wunsch. Also muss Ray als guter Vater seine alten Netzwerke aktivieren, und schon ist er wieder mittendrin. Erneut gelingt Whitehead eine Mischung aus Alltagsethnologie und rasanter Storyline.

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Autor/in
SWR