Seit 1999 lebt Ma Jian, der zuvor in Hongkong ein Verlagshaus geleitet und anschließend für zwei Jahre in Deutschland chinesische Literatur gelehrt hatte, in London. Seine Werke sind unter dem Verdacht der „geistigen Verschmutzung“ in China verboten.
Der Titel seines neuen Romans geht auf ein Zitat des heutigen chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping zurück. Der stattete im November 2012 dem frisch umgebauten Nationalmuseum am Tiananmen-Platz einen Besuch ab.
Am Ende des Rundgangs sprach Xi Jinping dann von seinem „Traum von China auf dem Weg zur nationalen Wiederbelebung.“ Es versteht sich von selbst, dass jeder Traum von einer Utopie, formuliert von einem Diktator, die Dystopie in sich birgt. Es muss nur jemanden geben, der sie auch ausformuliert.
Jians Protagonist ist Ma Daode, der Direktor des neu geschaffenen Traum-von-China-Amts. Ma Jian zeigt in seinem nicht allzu umfangreichen, aber gnadenlos bösen Roman, wie der Nationalismus als neue gesellschaftliche Vision installiert wird, wie mit Abweichlern umgesprungen wird, wie die Propagandamaschinerie arbeitet.
Allerdings kommt Ma Daode bei seinem großen Zukunftsprojekt immer wieder die Vergangenheit in die Quere, denn er hat in Zeiten der Kulturrevolution als junger Mann seine Eltern denunziert, die sich daraufhin das Leben nahmen.
Da hilft auch ein eigens für ihn angerührter Vergessenstrank nichts, im Gegenteil. „Für George Orwell, der alles vorausgesagt hat“, so lautet das Motto des Romans. Ein Alptraum.