Wohnraum oder Kultur?

Konflikt um Kulturcampus „Ollohof“ – Stadt untersagt geplante Nutzung

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Autor/in
Natali Kurth

Die Architekten Jochen Schraut und Axel Rentschler haben die ehemalige Autovermietung „Ollohof“ in der Mainzer Neustadt gekauft und wollen sie zu einem Ort für Kultur machen. Doch nun untersagt die Stadt die geplante Nutzung aufgrund eines bestehenden Bebauungsplans. Die Architekten wehren sich juristisch. Unterstützung haben sie von vielen Mainzer Kulturschaffenden und der Kunsthochschule Mainz.

„Alles Große beginnt im Kleinen“ – diesen Titel gibt die international bekannte Street-Art Künstlerin Jasmin Siddiqui ihrem Mural, dass sie jetzt auf eine der großen Wände im Areal des Mainzer Ollohofs gesprüht hat, um den geplanten „Kunstcampus“ zu unterstützen.

Der Mainzer Ollohof: Das war eine ehemalige Autovermietung auf einem Areal des 19.Jahrhunderts. Nun sollen hier Kunst, Kultur, Bildung und Soziales ihren Raum bekommen. Das Mainzer Architektenduo Jochen Schraut und Axel Rentschler hat das Areal für rund drei Millionen Euro gekauft, die Nebenkosten etwa für Umbauten und Anwälte verschlingen nochmal die gleiche Summe.

Ollohof Mainz
Von links: Jochen Schraut (Architekt), Axel Rentschler (Architekt) und Dr. Martin Henatsch (Rektor Kunsthochschule Mainz) im Mainzer Ollohof, auf dem Gelände einer ehemaligen Autovermietung. Jetzt ist dort ein Kulturcampus geplant.

Bebauungsplan als Hindernis für Kunst und Kultur

Dem innovativen Plan steht jedoch ein 30 Jahre alter Bebauungsplan im Weg.

Auf schriftliche Anfrage von SWR Kultur an die zuständige Kultur- und Baudezernentin der Stadt Mainz, Marianne Grosse, antwortet die Pressestelle: „Im Erdgeschoss ist eine kulturelle Nutzung des sogenannten Ollohof zulässig, in allen darüberliegenden Geschossen ist als Art der Nutzung Wohnen im Bebauungsplan festgeschrieben. Eine Nutzung des gesamten Gebäudes für kulturelle Zwecke ist damit bauplanungsrechtlich nicht zulässig.“

In den Erdgeschossen würde das Kulturdezernat eine Nutzung für kulturelle Zwecke, zu denen beispielsweise auch Programmkinos gehören würden, sehr begrüßen, heißt es weiter. 

In Mainz fehlen Wohnungen – doch ist das die Lösung?

Der Konflikt zwischen Stadt und den Ollohof Eigentümern spitzt sich zu, daher hat sich das Architektenpaar rechtlichen Beistand geholt. Für Martin Henatsch, Rektor der Kunsthochschule Mainz ist die Diskussion kaum nachvollziehbar.

Die Kunsthochschule will im Ollohof eine Dependance errichten. Martin Henatsch sieht in ihnen das Potential der Hackeschen Höfe, die heute als eine der teuersten Immobilien von ganz Berlin gelten: „Ich kann verstehen, dass die Stadt Bedarf an Wohnungen hat. Aber ich kann nicht verstehen, dass die Stadt auf Teufel komm raus das überall umsetzt. Und dies ist ein Ort, der prädestiniert ist als Kulturort und der auch nie Wohnungsort war. Nicht umsonst steht dieses Gelände seit 30 oder 40 Jahren leer, weil der Bebauungsplan offensichtlich an der Realität der Gebäudestruktur vorbeigeht.“

Gewohnt hat im Ollohof vor dem Verkauf noch nie jemand, der Anspruch darauf allerdings besteht. Die Stadt hält an dem Bebauungsplan vom 1.3.1993 fest.

Mehr Kompromissbereitschaft gewünscht

Im Vorderhaus haben die Architekten mittlerweile mehrere Wohneinheiten etabliert. Doch die Hinterhofgebäude seien als Wohnraum kaum geeignet, befinden sie, für kulturelle und soziale Nutzung aber optimal. Durch die bestehende Bestimmung der Stadt werde aber der Kunst- und Kulturcampus riskiert.

„Hier gibt es überhaupt keine finanziellen Forderungen oder Wünsche. Das Einzige, was wir uns von der Stadt wünschen ist, dass sie kooperativ und kreativ mit dem Bebauungsplan umgeht. Um das, was auf privater Basis zusammen mit der Kunsthochschule, dem Land entstehen könnte, nicht zu verhindern“, sagt Martin Henatsch von der Kunsthochschule.

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Natali Kurth