In seiner 30-jährigen künstlerischen Laufbahn widmet sich der Fotograf Rainer Zerback dem Thema Zivilisation. Den gebürtigen Stuttgarter beschäftigt das Zusammenspiel zwischen Mensch und Umwelt. Ist die Klimakatastrophe unaufhaltsam? Hat der Mensch die Natur schon zerstört? Die Volkshochschule Stuttgart zeigt nun seine Arbeiten in der Ausstellung „Recent Topographics“.
Postkartenmotive zählen nicht zu Zerbacks Sujet
Rainer Zerback ist immer auf der Suche nach neuen Motiven für die Umsetzung seiner Projektideen. Schöne glattgebügelte Postkartenmotive sind dabei nicht das Objekt seiner Begierde.
Mystisch, in helles zartgelbes, roséfarbenes oder hellblaues Licht getaucht – wie Aquarelle erscheinen die überbelichteten Bilder mit morbiden Motiven wie Autoskeletten am Strand, verlassenen Strandkörben oder Booten.
So wirkt die Serie „Contemplationes“, an der der gebürtige Stuttgarter über 20 Jahre feilte, zwar licht und zart, aber zugleich irgendwie bedrückend, gar dystopisch. Entstanden ist die Serie durch Zufall.
„Ich habe ein Bild gemacht, das allererste Bild der Serie in Andalusien. Und dieses Bild habe ich selber im Fotolabor vergrößert und beim Vergrößern ist es versehentlich zu hell geworden. Ich habe dann sofort erkannt, dass dieses zu helle irgendwo ein Potenzial für eine Serie beinhaltet“, sagt Rainer Zerback.
Von menschenleeren Landschaften zu bevölkerten Plätzen
Kunstfertig sind auch seine „Places of Interest“ – das genaue Gegenteil seiner menschenleeren Bilder. Diese Serie war so eigentlich gar nicht geplant, denn Zerback war ursprünglich weiter auf der Suche nach menschenleeren Plätzen.
„Da hab ich ewig gewartet, bis es im Kopf irgendwann Klick gemacht hat und ich gesagt habe, warum denn eigentlich menschenleer, das gehört doch zu den Landschaften dazu – zeigt doch genau dieses Phänomen ,Massentourismus‘“, sagt der Fotograf.
Aber auch das auf fotografisch ästhetische Weise: Die Menschen auf den Fotos wirken real, sind aber hineinmontiert. Sie stehen in perfektem Abstand zueinander, sind bunt gekleidet, werfen sich in die unterschiedlichsten Posen. 500 bis 1500 Einzelbilder fertigt Zerback in ein bis zwei Stunden für das endgültige Bild an.
Die Nacharbeit ist die Hauptarbeit: „Ich arbeite dann unterschiedlich zwischen einigen Tagen bis einigen Wochen. Das fertige Bild setzt sich am Ende zusammen aus 50 bis vielleicht 120, 130 verwertbaren Einzelbildern“, so Zerback.
Immer dabei: ein siebeneinhalb Meter hohes Stativ
Der Aufwand ist enorm: Bis zu 30 Kilo Gepäck schleppt der Stuttgarter regelmäßig an seine Aufnahmeorte. Immer mit dabei: ein siebeneinhalb Meter hohes Stativ. Seine Bilder sollen Tiefe bekommen und der Beobachter einen Überblick über das Geschehen.
Von seiner Faszination für die Fotografie hat sich die Kuratorin der VHS-Photogalerie, Bettina Michel, anstecken lassen. Sie beobachtet Zerbacks Wirken schon viele Jahre und findet die Themen seiner beiden Serien „Contemplationes“ und „Places of Interest“ aktueller denn je.
Was bleibt am Ende übrig von der Welt?
„Was mich unmittelbar an den beiden Serien fasziniert, ist ihr inneliegender Widerspruch, diese fast schon poetisch anmutende Atmosphäre, die aber im Grunde genommen diese Doppeldeutigkeit in sich birgt“, sagt Bettina Michel.
Betreibt der Mensch weiter Raubbau an der Umwelt, könnten lediglich menschliche Relikte übrigbleiben. Darauf zielt auch der Titel des Fotobuchs zur Ausstellung ab: „The world without us“ – Die Welt ohne uns.
Naturfotografie
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