Geflüchtete (Mann und Frau) sitzen an Lagerfeuer, Filmszene aus "Echoes from Borderland"

Migrationsgeschichten mit Frauenpower

Drei packende Debüts von Regisseurinnen beim Filmfestival „Heimat Europa“ im Hunsrück

Stand
Autor/in
Hannegret Kullmann
Hannegret  Kullmann, Autorin bei SWR Kultur

Bei den Filmfestspielen „Heimat Europa“ in Simmern werden spannende Debütfilme gezeigt. Wir stellen drei packende Filme von Regisseurinnen vor, in denen es um Migration und Identität geht.

Die sechste Ausgabe des Filmfestivals Heimat Europa in Simmern findet vom 9. bis zum 24. August statt. Schirmherr ist der aus dem Hunsrück stammende Filmregisseur Edgar Reitz. Das Festival bietet eine reiche Auswahl aus mehr als 40 Filmen. In diesem Jahr liegt der Schwerpunkt auf südeuropäischen Produktionen, aus Spanien, Italien oder der Türkei.

Neben Klassikern von Pedro Almodovar oder Federico Fellini werden auch zahlreiche Debütfilme gezeigt. Sie stammen zum Großteil von jungen Regisseurinnen, die weibliche Figuren in den Mittelpunkt stellen. Sie erzählen berührende Geschichten von Flucht, Heimatverlust und die verzweifelte Suche nach neuen Perspektiven, Frieden und Freiheit.

Jurorin Nicolette Krebitz im Gespräch über die Filmfestspiele:

Echoes from Borderland“ – Über die Pushbacks an der EU-Außengrenze

Der 70-minütige Film von Lara Milena Brose wurde auf dem diesjährigen Max Ophüls-Filmfestival als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet.

Filmszene aus "Echoes from Borderland" Großaufnahme Gesicht Protagonistin Nahid
Die junge Afghanin Nahid ist vor den Taliban geflüchtet.

Die 15-jährige Afghanin Nahid ist vor den Taliban geflüchtet und an der EU-Außengrenze in Bosnien-Herzegowina gestrandet. Sie lebt in einem improvisierten Zeltlager und hat schon mehr als 25 mal versucht, die Grenze nach Kroatien zu überqueren – ohne Erfolg.

Filmszene "Echoes from Borderland" bosnische Bäuerin mit Kopftuch, Mädchen lehnt sich an ihre Schulter
Die bosnische Bäuerin und Witwe Ferida lebt im Grenzgebiet und ist hilfsbereit.

Nahid erlebt aber nicht nur Gewalt und Ablehnung, sondern auch Sympathie. Die alte Bäuerin Ferida und der Imbissbetreiber Elvir helfen ihr – über kulturelle Grenzen hinweg. An der Grenze zur EU begegnet sie Menschen, die selbst durch den Bosnienkrieg in den neunziger Jahren traumatisiert sind.

„Jenseits der Blauen Grenze“ – aus der DDR in die Freiheit

Filmszene "Jenseits der Blauen Grenze" Schwimmerin Hanna mit Medaille um den Hals
Hanna ist eine talentierte Schwimmerin in der DDR und systemtreu.

Diese Fluchtgeschichte spielt in der DDR, im Sommer 1989. Regisseurin Sarah Neumann hat den Roman „Jenseits der Blauen Grenze“ von Dorit Linke (2014) fürs Kino adaptiert. Die Hauptrolle der Hanna spielt Lena Urzendowsky, unter anderem bekannt durch die Serie „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“.

Filmszene "Jenseits der Blauen Grenze" Hanna und ihr Freund Andreas sitzen nebeneinander
Andreas will aus der DDR flüchten und bittet Hanna um Hilfe.

Als begabte Leistungsschwimmerin, die von Olympia träumt, ist Hanna fest in der DDR-Gesellschaft verwurzelt. Ihr Freund Andreas dagegen verhält sich nicht systemkonform und will die Republik verlassen. Hanna hilft ihm schließlich, die 50 Kilometer-Strecke durch die Ostsee zu schwimmen.

Filmszene "Jenseits der Blauen Grenze" zwei Taucher schwimmen durch die Ostsee
Absolut lebensgefährlich: Am Ende bleibt nur noch die Flucht durch die Ostsee.

Die Handlung des Films ist fiktiv, hat aber einen realen Hintergrund: Zwischen 1961 und 1989 versuchten tatsächlich Hunderte von DDR-Bürgern über das Meer Richtung Freiheit zu entkommen – dabei kamen viele Menschen ums Leben.

Kinostart am 3.10.24

„Ellbogen“ – Identitätssuche einer jungen Migrantin

Filmszene "Ellbogen" Porträt Hauptfigur Hazal, junge Frau mit dunklen langen Haaren
Melia Kara spielt die 17-jährige Hauptfigur Hazal, eine junge Frau auf Identitätssuche.

Vorurteile und Zurückweisung: So erlebt die 17-jährige Deutsch-Türkin Hazal ihren Alltag in Berlin. Die Suche nach einem Ausbildungsplatz ist aussichtslos, die Arbeitsagentur empfiehlt ihr Trainingsprogramme. Aus Frust wird Gewalt, und Hazal muss flüchten. Sie landet in Istanbul, in einer Stadt, die ihr vollkommen fremd ist.

Filmszene "Ellbogen" drei junge Frauen in Parteikleidung laufen durch Unterführung
Die Uraufführung des Films fand bei der 74. Berlinale statt.

Regisseurin Azli Örsalan hat den gleichnamigen Roman von Fatma Aydemir (2017) verfilmt. Es geht um die Selbstfindung einer jungen Frau zwischen den Kulturen. Hazal hat Probleme ihren Platz in der Gesellschaft zu finden. Deshalb steht sie unter dem ständigen Druck, sich behaupten oder beweisen zu müssen – ein Schicksal, dass sie mit vielen Migrantenkindern in Deutschland teilt.

Kinostart am 5.9.24

Simmern

40 Kino-Klassiker und Neuentdeckungen Großes Kino im Hunsrück: Die HEIMAT EUROPA Filmfestspiele

In Simmern dreht sich bis 24. August wieder alles ums Kino und um Heimatfilme: Unter dem Motto "Sterne des Südens" geht es in diesem Jahr um starke und mutige Frauen.

SWR4 am Nachmittag SWR4

Filmemacher Edgar Reitz: Mit 90 Jahren den nächsten Film im Kasten

Im November wird der Regisseur Edgar Reitz 91 Jahre alt – bis dahin will er seinen neuen Dok-Film „Filmstunde 23“ produziert haben. Was der Schöpfer der „Heimat“-Filmreihe sonst noch vor hat.

SWR2 Journal am Mittag SWR2

„Heimat Europa Filmfestspiele“ in Simmern Weg vom Kitsch: Wenn die Klimakrise den Heimatfilm erreicht

Heimatfilm klingt angestaubt. Dabei hat er sich seit dem Kitsch der Nachkriegszeit weiterentwickelt. Wie sieht er heute aus und warum ist auch die Klimakrise ein Heimat-Thema?