1934, bei der Uraufführung, war Franz Lehárs letzte Operette mit dem Startenor Richard Tauber ausgesprochen erfolgreich. Heute wird sie kaum mehr gespielt. Denn, so der Ulmer Regisseur Benjamin Künzel, „die Handlung hat viele Anteile, wo man sagen muss, da geht’s um Kolonialismus, es sind viele rassistische Ausdrücke in den Dialogen drin. Da muss man eine Haltung zu entwickeln. Gleichzeitig ist die Musik sehr anspruchsvoll. Man braucht Sänger, die das singen können.“
Weitestgehend unbekannte Schicksale
Auch das Schicksal der zwei jüdischen Librettisten Paul Knepler und Fritz Löhner-Beda ist heute weitgehend unbekannt: Löhner-Beda sei ein unglaublich umjubelter Librettist gewesen, der einen Tag nach dem Anschluss Österreichs an das Dritte Reich mit dem sogenannten „Prominententransport“ abgeholt und später im KZ Auschwitz ermordet wurde. Lehár selbst habe sich dazu kaum positioniert. „Das Einzige, was man sagen kann: Er hat nach der ,Giudetta‘ aufgehört zu komponieren, aber er hat sich vollständig in den Dienst des Regimes gestellt“.
In Ulm will Benjamin Künzel „Giuditta“ nicht aus ihrer Zeit reißen und er will Menschen, die sich nicht in die große Oper wagen, dazu verleiten, „im Zuschauerraum das Taschentuch zu zücken oder herzlich zu lachen – und das mit einer Sekunde Abstand.“
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