Bühne

Enttäuschend: Schauspiel Stuttgart zeigt „Zeit wie im Fieber – Büchner-Schrapnell“

Stand
Autor/in
Karin Gramling

Kriege, Klimawandel, Populismus: Was tun gegen das Auseinanderdriften der Gesellschaft? Damit beschäftigt sich „Zeit wie im Fieber“ von Autor und Hörspielmacher Björn SC Deigner, der revolutionäre Texte von Georg Büchner in den Stoff einwebt. Doch wie ein Schrapnell, also ein Geschoss, schlägt das Stück nicht ein. Am Schauspiel Stuttgart dümpelt der handlungsfreie Abend zäh vor sich hin.

Revolutionäre Parolen hier und da

Auf der Bühne reichen ein paar Requisiten: Ein Podest aus Eisen, eine große Windmaschine, ein Megaphon durch das ab und an – Obacht! – revolutionäre Parolen geschrien werden.

Lena und Julie im schwarzen Rollkragenpulli ziehen mal zuversichtlich, mal hoffnungslos sinnierend herum, um sich der Frage anzunähern, wie man die Welt ändern könnte. Ins Stück hineinverwoben sind die Texte von Georg Büchner.

Figuren aus Büchners Kosmos

Das alles prasselt in einer komplexen, phrasenhaften und ziemlich anstrengenden Dichte aufs Publikum herab. Auf der Bühne ziehen die Gegenspieler von Lena und Julie auf. Allesamt ebenfalls aus dem Büchner'schen Kosmos. Bäcker, Ärztlerinnen, Pferde und Könige – sie wollen alles beim Alten lassen.

Regisseur Zino Wey lässt das Personal immer zu dritt auftreten. Die Könige, wild grimassierend in Trenchcoats, an denen hinten eine Schleppe hängt. Die Pferde verkleidet mit orangen Perücken als Mähnen, die bis zum Knie reichen.

"Zeit wie im Fieber" im Staatstheater Stuttgart
Zwei grandiose Schauspielerinnen in den Hauptrollen: Sylvana Krappatsch (Lena) und Paula Skorupa (Julie).

Und Ärztlerinnen, die anderen Hufeisen auf den Körper legen, um sie zu heilen. Das hat sogar eine gewisse Komik, wirkt gelegentlich aber auch albern.

Botschaft ist schnell zusammengefasst

Dieser Abend funktioniert aber vor allem deshalb nicht, weil die Kernbotschaft des Stücks sehr schnell zusammengefasst ist: Obwohl wir wissen, dass wir die Verhältnisse dringend und schnell ändern müssten, kommen wir nicht aus unserem Quark. Und der Abend nicht über diesen Gedanken hinaus.

So dümpelt „Zeit wie im Fieber“ ziemlich zäh vor sich hin. Selbst die zwei grandiosen Schauspielerinnen Paula Skorupa und Sylvana Krappatsch in den Hauptrollen kämpfen in diesem handlungsfreien Stück auf verlorenem Posten.

Dabei hätte man sich „Zeit wie im Fieber – Büchner-Schrappnell“ unbedingt wie ein Geschoss gewünscht. Ein Schrapnell, dessen Text in unser Hirn einschlägt, um wirklich aufzurütteln. Es wäre bitte nötig.  

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Autor/in
Karin Gramling