Im September 2019 taucht ein Video in den sozialen Netzwerken auf. Darauf zu sehen ist ein Polizeieinsatz auf dem Hahnplatz in Prüm in der Eifel. Polizisten ziehen einen Mann aus einem Auto, einer davon schlägt und tritt mehrmals auf den am Boden liegenden Mann ein. Ein Fall von unrechtmäßiger Polizeigewalt?
Video aus der Tatnacht zeigt nur Teil des Geschehens
Bei der Urteilsverkündung heute Vormittag am Trierer Landgericht spricht Richterin Theresa Hardt von einem brisanten Verfahren. Denn das Video des Vorfalls sei wohl das wichtigste Beweismittel, zeige aber nur einen Ausschnitt von dem, was sich im September des Jahres 2019 zugetragen hat. Was fehlt ist, sozusagen die Vorgeschichte des Zwischenfalls.
Mehr als fünf Jahre nach Vorfall Widersprüchliche Aussagen bei Prozess um Polizeigewalt in Prüm
Ein Bundespolizist muss sich vor dem Landgericht Trier wegen Körperverletzung im Amt verantworten. Jetzt sagte er aus, bei dem Einsatz in Prüm habe er Angst um sein Leben gehabt.
Geflüchteter Autofahrer wollte sich nicht festnehmen lassen
Es geht um eine gefährliche Verfolgungsjagd, die sich im Vorfeld des Polizeieinsatzes abgespielt hat. Alles hatte damit begonnen, dass die Polizei ein aus Belgien kommendes Auto auf einer polizeibekannten Drogen-Schmuggelroute in der Eifel kontrollieren wollte.
Der Fahrer flüchtete laut Gericht über längere Zeit mit hohem Tempo. Auf dem Prümer Hahnplatz kam es zum Zusammenstoß mit dem Polizeiwagen, in dem auch der angeklagte Bundespolizist saß. Der geflüchtete Autofahrer hatte Drogen genommen und wollte sich nicht widerstandslos festnehmen lassen. Die Autoscheibe des Fluchtwagens musste erst eingeschlagen werden. Pfefferspray kam zum Einsatz.
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Bundespolizist schlug fünfmal mit dem Schlagstock zu
Danach seien dann die Bilder entstanden, die isoliert betrachtet durchaus befremdlich wirkten, so die Richterin in ihrer rund 30-minütgen Urteilsverkündung. Schließlich habe der Bundespolizist insgesamt fünfmal mit dem Schlagstock auf den am Boden liegenden Autofahrer eingeschlagen.
Das Gesetz erlaube es Polizeibeamten, im Rahmen einer Festnahme bei Widerstand oder in einer Notwehrsituation körperliche Gewalt anzuwenden, doch diese müsse verhältnismäßig sein.
Die Grenzen der Notwehr sind überschritten worden. Das Ganze war rechtswidrig".
Im konkreten Fall - das machte die Richterin klar - war sie das nicht. "Die Grenzen der Notwehr sind überschritten worden. Das Ganze war rechtswidrig".
Psychische Ausnahmesistuation als Grundlage für den Freispruch
Warum kam es nun dennochzu einem Freispruch? Grund dafür ist nach Angaben des Gerichts die psychische Ausnahmesituation, in der sich der Polizist während des Einsatzes befunden haben soll.
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Fast in ganz Rheinland-Pfalz hat die Polizei eine gute Funkverbindung. In der Eifel allerdings gibt es Funklöcher. Das kann gefährlich werden.
Während der Verfolgungsfahrt und dem Zusammenprall mit dem Fluchtwagen habe der Angeklagte Angst um sein Leben gehabt. Dies habe eine akute Belastungssituation ausgelöst, die letztendlich dazu geführt habe, dass er sich in der konkreten Situation nicht korrekt verhalten habe. Dies könne man nicht bestrafen, so das Gericht.
Der Autofahrer ist inzwischen wegen der Verfolgungsjagd verurteilt worden. Der nun freigesprochene Bundespolizist war seit dem Vorfall in den Innendienst versetzt worden.