Drei Projekte in Stuttgart sind betroffen

Ende der Ampel-Regierung hat auch Konsequenzen für Stuttgart 21

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Frieder Kümmerer
Frieder Kümmerer

Das Aus der Ampel-Koalition in Berlin hat auch Folgen für die Region Stuttgart - vor allem für Stuttgart 21, das neue Rosensteinquartier und den Pfaffensteigtunnel.

Der Bruch der Ampelkoalition könnte insbesondere drei Projekte in Stuttgart betreffen. Die Arbeiten an dem Bahnprojekt Stuttgart 21 gehen auch nach dem Bruch der Ampelkoalition in Berlin zwar weiter. Allerdings könnten Folge- und Teilprojekte wie der Ausbau des Digitalen Bahnknotens in der Region Stuttgart davon betroffen oder sogar bedroht sein. Das Ampel-Aus könnte sich auch auf das Rosensteinquartier in Stuttgart und den Bau des Pfaffensteigtunnels auswirken.

Neues Rosensteinquartier in Stuttgart

Das von der Stadt lang ersehnte sogenannte Rosensteinquartier ist in Gefahr. Denn die Ampelregierung hatte vergangenes Jahr das Gesetz zur "Freistellung von Bahnbetriebszwecken" geändert. Das führte dazu, dass die Stadt Stuttgart ehemalige Gleisflächen nicht mehr ohne weiteres entwidmen und umnutzen kann, zum Beispiel für ein neues Wohngebiet. Nach aktueller Gesetzeslage dürfte die Stadt Stuttgart also die Gleisflächen, die sie vor Jahren von der Bahn gekauft hat, nach Fertigstellung von Stuttgart 21 nicht mit Wohn- und Gewerbegebäuden bebauen.

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Matthias Gastel, Grünen-Abgeordneter aus dem Wahlkreis Nürtingen (Kreis Esslingen), erklärte nun nach dem Ampel-Aus dazu dem SWR: "Als Grüne hatten wir als erstes auf die Problematik hingewiesen und unsere Bereitschaft für eine Neuregelung erkennen lassen." Projekte wie der Städtebau in Stuttgart könnten durch das Ampel-Aus jetzt aber ins Stocken geraten, befürchtet auch Judith Skudelny von der FDP. "Dabei sind sich eigentlich alle einig, dass das Gesetz wieder angepasst werden muss."

Und der CDU-Abgeordnete Steffen Bilger (Wahlkreis Ludwigsburg) sagte, der Streit um die Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes und die Auswirkungen auf die geplante Wohnbebauung auf dem Stuttgart 21-Gelände hätten gezeigt, "dass die Ampel schon lange nicht zur Problemlösung in der Lage war." Nun werde die Unsicherheit weiter anhalten. "Auch dieses Beispiel macht deutlich, dass eine schnelle Vertrauensfrage und eine zügige Neuwahl erforderlich sind", fordert Bilger, der Vizechef der Union-Bundestagsfraktion ist.

Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) hatte sich wegen des Problems schon hilfesuchend an Landtags- und Bundestagsabgeordnete gewandt. Die Ampelregierung und auch weitere Parteien im Bundestag wie die CDU hatten daraufhin signalisiert, dass man dieses Gesetz noch mal abändern müsste. Nopper fordert nun noch in dieser Legislaturperiode eine Reform des Allgemeinen Eisenbahngesetzes. Er lobte in diesem Zusammenhang, dass Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) seine bisherige Blockade bei der für die Bebauung der Gleisflächen von Stuttgart 21 notwendigen Gesetzesänderung aufgegeben habe. Bundesregierung und Bundestag müssten nun Taten folgen lassen. Er werde sich unter anderem erneut an Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) und Bundesverkehrsminister Volker Wissing (bislang FDP) wenden, kündigte Nopper an.

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Stuttgart: Pfaffensteigtunnel ist bislang nicht finanziert

Weiterhin unklar ist auch der Bau des sogenannten Pfaffensteigtunnels. Dieser ist notwendig, damit Züge aus Zürich und Singen (Kreis Konstanz) zukünftig überhaupt in den neuen Tiefbahnhof fahren können. Der Tunnel soll von der Strecke nördlich von Böblingen abzweigen und zum Flughafen geführt werden und im Jahr 2032 fertig sein. Zwar sind die Planfeststellungsunterlagen von der Bahn zum Bau des Tunnels eingereicht worden. Doch das Projekt ist von den Beteiligten, auch der bisherigen Bundesregierung, noch nicht final beschlossen worden. Grünen-Politiker Matthias Gastel sagt dazu: "Der Pfaffensteigtunnel ist - mit oder ohne Platzen der Ampelkoalition - nicht finanziert."

Die Unsicherheiten in Berlin könnten also dazu führen, dass auch diese Umsetzung vorerst ins Stocken gerät. Wenn Stuttgart 21 fertiggestellt wird, wird die Eisenbahnstrecke für Jahre unterbrochen werden. Pendlerinnen und Pendler müssen solange am Stadtrand in Stadt- und S-Bahnen umsteigen. Sollte der Pfaffensteigtunnel durch eine neue Bundesregierung nicht beschlossen und finanziert werden, könnte das zu einem Dauerprovisorium werden.

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Brandbriefe von Landesverkehrsminister Winfried Hermann und Ministerpräsident Winfried Kretschman (beide Grüne) an die Bundesregierung bewirkten nichts. Diese finale Ausbaustufe muss nun dringend vorangetrieben werden, so der Grünen-Verkehrsexperte Gastel: "Ohne Digitalisierungsmaßnahmen in der Metropolregion Stuttgart werden die Schienenwege keine ausreichende Kapazität für die geplanten Angebotsverbesserungen aufweisen." Nach SWR-Informationen wären die Bundesmittel für den Digitalen Knoten eigentlich vergangene Woche bei Nichtabrufung verfallen, aber das Bundesfinanzministerium hatte laut Insider-Informationen die Frist um zwei Wochen verlängert. Die Frage ist, ob bis kommende Woche unter diesen Bedingungen eine Entscheidung getroffen werden kann.

"Beim Digitalen Knoten herrscht seit mehr als einem Dreivierteljahr Stillstand, und ohne rasches Eingreifen droht der Verfall von Haushaltsmitteln in Höhe von 850 Millionen Euro," sagt die CDU-Abgeordnete Christina Stumpp aus dem Rems-Murr-Kreis. Der Digitale Knoten Stuttgart ist ein Pilotprojekt, auf das der deutschlandweite Ausbau der digitalen Schienentechnik folgen sollte. Nach SWR-Recherchen hat die DB-InfraGo den deutschlandweiten Ausbau vorerst gestoppt, viele haben in den vergangenen Wochen vergeblich auf ein Eingreifen der Bundesregierung in dieser Frage gehofft. Die CDU-Abgeordnete Stumpp sieht eine Mitschuld bei Verkehrsminister Volker Wissing: "Es ist völlig unverständlich, dass der Minister hier weiter zusieht - die Pendler in der Region Stuttgart erwarten nach Jahren des Wartens endlich Fortschritte und Ergebnisse."

 

Wissing bleibt Verkehrsminister - gut oder schlecht für S21?

Bundesverkehrsminister Volker Wissing bleibt auch nach dem Ampel-Aus vorerst im Amt. Am Tag nach dem Ende der Regierung gab er bekannt, aus der FDP auszutreten und weiter Verkehrsminister zu bleiben. Ob das für Projekte allerdings förderlich ist, sehen Politikerinnen und Politiker aus Baden-Württemberg unterschiedlich. Aus Sicht des Grünen-Bundestagsabgeordneten Matthias Gastel sind die Folgen noch schwer absehbar. "Ob er - wie auch die anderen Mitglieder der Minderheitsregierung - unter den neuen Bedingungen noch etwas erreichen kann, lässt sich derzeit noch nicht einschätzen", sagte der Politiker aus dem Wahlkreis Nürtingen dem SWR über Wissing. Zugleich lobte Gastel Wissings Entscheidung, aus der Partei auszutreten, Verkehrsminister zu bleiben und Kompromissbereitschaft zu zeigen. Das sei konsequent und verdiene Respekt.

Die Abgeordnete und stellvertretende CDU-Generalsekretärin Christina Stumpp aus dem Rems-Murr-Kreis hingegen sieht es anders: "Der Verbleib von Bundesverkehrsminister Wissing verheißt für die Verkehrspolitik in der Region Stuttgart wenig Gutes. Dass ausgerechnet einer der schwächsten Bundesminister mit einem Austrittsmanöver weiter an seinem Amt festhält, ist ein Armutszeugnis und zeigt, wie wenig es ihm und der verbliebenen Regierung noch um Inhalte geht."

Der Stuttgarter Bundestagsabgeordnete Bernd Riexinger (Linke) kritisiert, dass Volker Wissing weiter Bundesverkehrsminister bleiben will. "Mit ihm ist eine nachhaltige Mobilitätswende nicht zu machen", so Linken-Politiker Riexinger.

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