Raketen und Böller an Silvester sind bei vielen beliebt, aber auch immer umstrittener. In Baden-Württemberg gibt es in diesem Jahr unter anderem in Stuttgart, Tübingen, Reutlingen und Konstanz lokale Böllerverbote.
In der Landeshauptstadt Stuttgart ist innerhalb des Cityrings ein Feuerwerksverbot geplant. In Abstimmung mit der Polizei werde eine Verordnung erlassen, die das Abbrennen und Mitführen von Feuerwerkskörpern in diesem Bereich verbiete, sagte eine Stadtsprecherin dem SWR. Damit sollen den Angaben zufolge Besucherinnen und Besucher der Innenstadt und des Schlossplatzes geschützt werden. Auf dem Schlossplatz wird demnach wieder eine zentrale Silvesterfeier stattfinden - allerdings ohne öffentliche Feuerwerke, sondern mit einer Lichtshow auf der Schlossfassade.
Böller stehen in der Kritik, weil sie Tiere erschrecken, Menschen verletzen und die Umwelt belasten sollen. Wie sehr Feuerwerkskörper die Umwelt tatsächlich schädigen, beschreibt ein Beitrag der SWR Umweltredaktion:
Böllerverbote in Tübingen und Reutlingen
Auch in der Tübinger Altstadt haben Raketen, Schwärmer, Knallkörper und Batterien an Silvester nichts zu suchen, so eine Stadtsprecherin. Seit dem Jahreswechsel 2009/2010 gelte ein striktes Feuerwerksverbot, um das historische Stadtzentrum vor Schäden zu schützen. Auslöser für das Verbot war der Brand eines Fachwerkhauses, der einen Millionenschaden verursachte. Verstöße gegen das Verbot können mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 Euro geahndet werden.
Auch in Reutlingen gibt es in diesem Jahr ein kommunales Böllerverbot. In der Reutlinger Altstadt sind Böller und Raketen an Silvester tabu. Oberbürgermeister Thomas Keck (SPD) reagiert damit unter anderem auf einen Brand im vergangenen Jahr, wie die Stadt Reutlingen mitteilte: "Wir setzen damit ein klares Zeichen für den Schutz und den Erhalt unserer historischen Altstadt", hieß es. Durch den "unsachgemäßen Umgang mit Feuerwerk" hatte nach Angaben der Stadt in der Silvesternacht 2022/2023 ein Haus in einer schmalen Gasse der Altstadt Feuer gefangen und benachbarte Gebäude in Mitleidenschaft gezogen.
Traditionen zum Jahreswechsel Mit diesen Bräuchen wird in BW Silvester und Neujahr gefeiert
Politiker auf einer Sackwaage, Schwimmen im eisigen Wasser oder eine Reiterprozession zu Ehren des heiligen Silvester: Zum Jahreswechsel gibt es in BW zahlreiche Bräuche.
Schutz der historischen Altstädte in Konstanz und Ravensburg
In Konstanz dürfen nach Angaben einer Sprecherin zum Jahreswechsel ebenfalls seit einigen Jahren keine Feuerwerkskörper in der Altstadt gezündet werden. Die Stadt weist zudem darauf hin, dass außerhalb dieser Zone nur in Deutschland zugelassenes, sicheres Feuerwerk verwendet werden sollte.
Seit Jahren ist das Abbrennen von Feuerwerkskörpern auch in der historischen Altstadt von Ravensburg verboten. Dort gibt es viele Fachwerkhäuser, die dicht nebeneinander stehen. Wer dort trotzdem Feuerwerkskörper zündet, muss mit einem Bußgeld rechnen. In Radolfzell fordert die Umwelthilfe ein Verbot der Knallerei.
Unterschiedliche Regelungen und Verbote in Südbaden
Auch in Südbaden gibt es Einschränkungen und Verbote. So gilt etwa in Waldshut-Tiengen ein Böllerverbot in den Fußgängerzonen der Altstädte. Denn die sind mit ihren historischen Gebäuden durch Feuerwerkskörper besonders gefährdet. Gleiches gilt für die historischen Stadtkerne von Villingen-Schwenningen (Schwarzwald-Baar-Kreis). Dort ist das Abbrennen von Feuerwerkskörpern außerdem rund um Krankenhäuser, Kirchen, Alten- und Jugendheime sowie in der Nähe von Fachwerkhäusern verboten.
Rottweil, Schopfheim (Kreis Lörrach) und Kehl (Ortenaukreis) verhängen ebenfalls Verbote. In der Schopfheimer Altstadt dürfen Silvesterraketen schon seit 2018 nicht mehr gezündet werden. In Rottweil besteht diese Regelung bereits seit mehr als zehn Jahren. In Kehl wollen die Behörden das Feuerwerk in diesem Jahr stärker kontrollieren. Grund dafür sind Ausschreitungen im vergangenen Jahr.
Feuerwerk an Kirchen und Krankenhäusern grundsätzlich verboten
Unabhängig von kommunalen Verboten und Einschränkungen gibt es bundesweite Regeln für das Silvesterfeuerwerk: Laut einer Verordnung zum Sprengstoffgesetz besteht ein Verbot für das Abbrennen von pyrotechnischen Gegenständen in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altersheimen sowie besonders brandempfindlichen Gebäuden oder Anlagen wie Tankstellen.
In Karlsruhe gilt durch diese bundesweite Verordnung ein Böllerverbot auf dem Schlossplatz und auf dem Marktplatz, so ein Stadtsprecher. Auf dem Schlossplatz gebe es zudem ein böllerfreies Jahreswechselprogramm mit DJ und Lasershow. Ähnlich ist es in Freiburg: Hier gibt es kein von der Kommune verordnetes Böllerverbot, da unter anderem der Münsterplatz bereits vom bundesrechtlichen Verbot eingeschlossen ist, so eine Sprecherin. Auch in Mannheim, Heidelberg, Ulm und Heilbronn sind über die bundesweit geltenden Regeln hinaus keine Böllerverbote geplant.
Deutsche Umwelthilfe fordert Böllerverbot
Die Deutsche Umwelthilfe mit Sitz in Radolfzell (Kreis Konstanz) will mehr als die lokalen Verbote. Geschäftsführer Jürgen Resch fordert ein sofortiges bundesweit geltendes Feuerwerksverbot. Gegenüber dem vorletzten Jahr habe sich die Zahl der Augenverletzungen um das Zehnfache erhöht, argumentiert er und beruft sich auf Ärztinnen und Ärzte, die Augenverletzungen behandeln. "Was mich besonders erschreckt ist, wie viele Kinder dabei sind, die irgendwie von den Knallern oder Raketen getroffen und schwer verletzt werden."
Feuerwerksverkauf startet Umwelthilfe aus Radolfzell fordert Böllerverbot
Der Verkauf von Böllern und Raketen für den Jahreswechsel startet am Donnerstag. In ein paar Städten in der Region Bodensee-Oberschwaben dürfen sie nicht in die Luft steigen. Das geht der Deutschen Umwelthilfe nicht weit genug.
Rettungsdienste mahnen einen sachgemäßen Umgang mit Böllern an. Das Hauptzollamt Singen warnt vor dem Kauf illegaler Böller und Raketen. Gerade bei importiertem Feuerwerk solle man darauf achten, dass ein CE-Zeichen auf den Knallern sei. Es besagt, dass alle EU-Anforderungen an Sicherheit, Gesundheits- und Umweltschutz erfüllt sind.
Ihringen sammelt Spenden für "Bürgerfeuerwerk"
Die Gemeinde Ihringen (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) geht einen anderen Weg: Dort gibt es zwar kein direktes Verbot für privates Feuerwerk. Gemeinderat und Gewerbeverein haben jedoch gemeinsam dazu aufgerufen, freiwillig darauf zu verzichten. Stattdessen werden Spenden für ein sogenanntes Bürgerfeuerwerk gesammelt, das von Fachleuten durchgeführt werden soll.
Hintergrund der Idee waren große Mengen Müll auf den Straßen sowie Unfälle durch den unverantwortlichen Umgang mit Feuerwerk, wie auf der Website der Gemeinde zu lesen ist. Auch auf die Tierwelt wolle man Rücksicht nehmen, denn für Tiere sei die "Knallerei eine traumatisierende Quälerei".
Mitte Dezember gab die Gemeinde jedoch bekannt, dass die Initiatoren das "Bürgerfeuerwerks" wegen zu geringer Spendenbeteiligung zunächst absagen wollten. Auf Anregung eines Feuerwerkers und nach Absprache mit dem Rathaus werde es nun aber doch ein etwas kleineres "Bürgerfeuerwerk" geben.
Vorbild für Ihringen war die Gemeinde Heitersheim (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald). Dort waren bereits im vergangenen Jahr über 9.000 Euro an Spenden für ein "Bürgerfeuerwerk" zusammen gekommen.
Nutzer-Voting: Mehrheit für Böller-Verbot
Eine nicht repräsentative Nutzer-Umfrage des SWR im BW-Newsticker am Morgen kam Anfang Dezember zu einem eindeutigen Ergebnis: 78,62 Prozent der Befragten sprachen sich für ein Verbot von privatem Feuerwerk an Silvester aus, 21,38 Prozent waren dagegen.
Nach den Böllerverboten zu Silvester während der Corona-Pandemie in den Jahren 2020 und 2021 durfte im vergangenen Jahr wieder privates Feuerwerk gekauft werden. Der Andrang war in Baden-Württemberg entsprechend groß. In der Silvesternacht 2022/2023 wurden jedoch auch Einsatzkräfte mit Feuerwerk beschossen und verletzt - auch in Baden-Württemberg. Im Anschluss wurde über ein Böllerverbot diskutiert.
In diesem Jahr darf Feuerwerk in Deutschland seit dem 28. Dezember verkauft werden. Das ist einen Tag früher als in den meisten anderen Jahren und liegt daran, dass in diesem Jahr der 31. Dezember auf einen Sonntag fällt.