Nach Pause wegen Corona-Pandemie

Viel Andrang zum Verkaufsstart von Silvesterfeuerwerk in Baden-Württemberg

Stand

Zwei Jahre lang war der Handel verboten. Seit Donnerstag dürfen in Baden-Württemberg wieder Böller ge- und verkauft werden. Der Andrang war riesig.

Nach zwei Jahren ohne Böllern haben Händler in Baden-Württemberg am Donnerstag mit dem Verkauf von Feuerwerk für die Silvesternacht begonnen. Offenbar gibt es einiges nachzuholen - SWR-Reporter aus verschiedenen Regionen berichten von langen Schlangen an Spezial-Läden für Feuerwerk und bereits zum Teil leer gekauften Supermarkt-Beständen.

Zu den frühesten "Interessenten" zählten offenbar Kriminelle. Wie die Polizei am Donnerstag bekannt gab, stahlen Unbekannte in der Nacht aus dem verschlossenen Container eines Discounters in Gemmrigheim (Kreis Ludwigsburg) Feuerwerk im Wert von rund 700 Euro.

In Kirchheim/Teck (Kreis Esslingen) war besonders viel los. Die Ladenbetreiber kamen nach eigenen Angaben gar nicht mit dem Auffüllen hinterher:

Feuerwerk an Silvester: Verbot aufgrund der Corona-Pandemie in den Vorjahren

In den beiden Vorjahren war der Verkauf verboten worden, um die Krankenhäuser in den Hochzeiten der Corona-Pandemie zu entlasten. In diesem Jahr hat der Bund die Entscheidung über den Verkauf von Böllern den Städten und Gemeinden überlassen.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte sich gegen ein landesweites Feuerwerks-Verbot ausgesprochen. Einzelne Kommunen könnten dies allerdings erlassen, etwa für Teile der Altstadt, erklärte der Regierungschef. Mehrere Städte wie Stuttgart, Tübingen, Karlsruhe, Calw und Villingen-Schwenningen haben wieder Böllerverbotszonen eingerichtet.

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Politiker setzen auf Eigenverantwortung bei Silvesterfeuerwerk

Der CDU-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Manuel Hagel, sagte dem SWR, man solle nicht alles regulieren, sondern auf den vernünftigen Umgang mit Feuerwerk und die Eigenverantwortung der Menschen vertrauen. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke will es den Leuten ebenfalls selbst überlassen, ob sie böllern wollen oder nicht. Auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Andreas Stoch hält nichts von Verboten. Er freue sich aber über jeden Euro, der nicht mit Raketen verpulvert werde, sondern anderen Menschen helfe.

Die Deutsche Umwelthilfe wies zum Verkaufsstart für Feuerwerksartikel auf die Luftbelastung durch Feinstaub an Silvester hin. Die beiden vergangenen Jahre hätten bereits ahnen lassen, welche umfassenden Verbesserungen ein Böller-Verbot bringen könne. Obwohl zu den Jahreswechseln 2020/21 und 2021/22 nur ein Verkaufsverbot und kein allgemeines Anwendungsverbot gegolten habe, seien die positiven Auswirkungen immens gewesen.

Experten der Landesanstalt für Umwelt in Karlsruhe (LUBW) erwarten zudem, dass es in der Silvesternacht wieder die höchste Feinstaubbelastung des Jahres gibt. Nach Angaben des Umweltbundesamts entstehen durch Böller und Raketen jährlich gut zweitausend Tonnen Feinstaub, der die Atemwege gefährdet.

Krankenhäuser bereiten sich auf Verletzungen vor

Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) mahnt zur Vorsicht: Ein verantwortungsvoller Umgang mit Böllern entlaste Notaufnahmen und Krankenhäuser. Unter anderem das Mannheimer Uniklinikum geht davon aus, dass in diesem Jahr mehr Personen mit Brandverletzungen oder Menschen, die zu viel Alkohol getrunken haben, in die Notaufnahme kommen. Grund dafür sei, dass wegen der entspannten Corona-Auflagen wieder mehr Menschen öffentlich feierten. 

Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, hatte von Bund und Ländern ein dauerhaftes Böllerverbot an Silvester gefordert. Die "ungeregelte Knallerei" passe nicht mehr in die Zeit, sagte der Ärztepräsident der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Sie ist schlecht für Umwelt und Klima und führt immer wieder zu schweren Verletzungen."

Umweltministerium: Böllern für Tiere "purer Stress"

Baden-Württembergs Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) forderte die Menschen zur Rücksichtnahme bei der Verwendung von Silvesterfeuerwerk auf. "Wir sollten uns über die Auswirkungen im Klaren sein, die die Knallerei auf unsere Umwelt hat", sagte die Politikerin am Dienstag in Stuttgart. Insbesondere für Tiere mit feinem Gehör sei der Krach purer Stress.

Der Handelsverband Baden-Württemberg erwartet in den kommenden Tagen eine große Nachfrage nach Böllern und Raketen. "Es gibt einen großen Nachholbedarf. Einige sind schon heiß drauf", sagte ein Sprecher am Donnerstag in Stuttgart. Der Verband gehe von einem sehr ordentlichen Verkauf aus - die Eindrücke zum Beispiel aus Kirchheim/Teck scheinen ihm Recht zu geben.

Verband rechnet mit Millionenumsatz durch Feuerwerk und Böller

Der Verband der pyrotechnischen Industrie (VPI) rechnet mit einem Umsatz von etwa 120 Millionen Euro - so viel wie vor der Corona-Pandemie. Als Grund führt ein Sprecher des Bundesverbands Pyrotechnik zwei Faktoren an: den Nachholbedarf der Menschen beim Böllern auf der einen Seite und die gestiegenen Preise auf der anderen. Einer der größten deutschen Händler und Produzenten, Weco, teilt die Einschätzung. In diesem Jahr hätten die großen Supermarktketten in etwa so viel Ware bestellt wie vor der Pandemie.

Bei den Feuerwerks-Profis scheint die Lage dagegen eher schlechter zu sein als vor der Pandemie: Die Auftragslage für seine Branche sei zurückgegangen, berichtet der Pyrotechniker Valentin Schuster. Auch die Inflation mache ihm zu schaffen: Die Transportkosten für die Ware hätten sich fast verzehnfacht. Ans Aufgeben will er trotzdem nicht denken.

Die großen deutschen Baumarktketten toom, Globus, Bauhaus und Hornbach hingegen verzichten dieses Jahr auf den Verkauf von Feuerwerk, manche bereits zum wiederholten Mal. Als Grund nennen die Unternehmen vor allem den Tier- und Umweltschutz.

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