Der Jahreswechsel verlief in Baden-Württemberg nicht ohne Zwischenfälle: Unter anderem brannte in Sindelfingen ein Hochhaus, in Stuttgart wurden Polizistinnen und Polizisten mit Böllern attackiert und in Mannheim gab es durch Feuerwerk verletzte Einsatzkräfte. Auch im Rest von Deutschland kam es zu Angriffen. In Berlin mussten Polizei und Feuerwehr zusammen zu fast 4.000 Einsätzen ausrücken. Diese Vorkommnisse sorgen für hitzige Diskussionen in den sozialen Medien und in der kommunalen Politik.
Mögliches Verbot spaltet Facebook-Community
Die Politik, aber vor allem auch Polizei und Feuerwehr fordern nach den Angriffen ein bundesweites Böller- und Feuerwerksverbot. Auch Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) befürwortete eine solche Maßnahme: Man könne "ernsthaft" über ein Verbot von besonders gefährlichen und lärmintensiven Feuerwerkskörpern nachdenken, so der Oberbürgermeister.
Unter einem Facebook-Beitrag von SWR Aktuell zu diesem Zitat entbrannten hitzige Diskussionen. Ein Teil der Community erachtet derartige Maßnahmen schon lange als überfällig. Auch wird bereits über Alternativen zu herkömmlichem Feuerwerk nachgedacht.
Für andere Nutzerinnen und Nutzer gehen diese Maßnahmen aber in eine falsche Richtung. Häufig wird angemahnt, dass ein allgemeines Verbot von Feuerwerkskörpern eine unverhältnismäßige Kollektivstrafe darstellen würde.
Wut und Unverständnis auf Instagram
Auch auf dem sozialen Netzwerk Instagram wurde die Silvesternacht in Baden-Württemberg intensiv diskutiert. Ein großes Thema hier: das Entsetzen über die Übergriffe auf Einsatzkräfte. Unter einem Post von SWR Aktuell zu einer Äußerung von Ralf Kusterer, Chef der Polizeigewerkschaft von Baden-Württemberg, sind sich die Userinnen und User einig: Angriffe mit Feuerwerkskörpern auf Männer und Frauen von Polizei und Feuerwehr darf es nicht mehr geben.
Die Kommentarspalte unter dem Beitrag ist voll mit Wut und Unverständnis auf und über die Täterinnen und Täter. Wie man Feuerwehr und Sanitäter an der Arbeit hindern oder sie gar angreifen könne, ist eine häufig gestellte Frage. Und auch hier wird ein Verbot von Böllern und anderen Feuerwerkskörpern als mögliche Maßnahme ins Spiel gebracht.
Ein weiteres oft gelesenes Argument für ein Böller-Verbot ist der Tierschutz. Die Silvesternacht sei "die Hölle" für Haus- und Wildtiere, so die Meinung eines Instagram-Users. Und unter einem Post zu einem möglichen Böllerverbot in Stuttgart spricht eine Instagram-Userin vom schlimmen Leiden ihres Hundes durch die Geräuschkulisse in der Silvesternacht.
Es gibt aber auch auf Instagram Stimmen, die ein Verbot von Pyrotechnik für Privatpersonen nicht gutheißen. Ein Feuerwerk an Silvester sei eben eine Tradition, die viele Menschen im Land schon seit klein auf in ihrer Familie pflegten, heißt es in vielen Kommentaren.
Eine klare Meinung zum Feuerwerksverbot gibt es in den sozialen Medien also erwartungsgemäß nicht. Dennoch sind sich alle einig: Angriffe auf Rettungskräfte sind nicht zu tolerieren.
Städtetag hält Ausweitung von Böllerverbotszonen für denkbar
Entgegen den unterschiedlichen Meinungen in den sozialen Medien positionierte sich der Städtetag von Baden-Württemberg am Dienstag eindeutig zu einem möglichen Böllerverbot. An Orten und Plätzen, an denen viele Menschen zusammenkommen, sei die Zielsetzung richtig, geltende Regeln nachzuschärfen, so der Ordnungsdezernent des Städtetags, Sebastian Ritter. Das gleiche gelte für Zonen, in denen Polizei oder Rettungskräfte aktiv sind. Städte und Gemeinden könnten mit einer Landesverordnung entsprechende Verbotszonen festlegen, so Ritter. Ein generelles Feuerwerkverbot lehne der Städtetag dagegen ab. Ein solches würde die Mehrzahl der Menschen treffen, die sich vernünftig verhielten.
Grünen-Fraktionschef Schwarz offen für landesweite Regelung
Der Fraktionschef der Grünen im Landtag, Andreas Schwarz, steht einer landesweiten Regelung für Böllerverbote offen gegenüber. "Wichtig ist mir, die Idee nach allen Seiten abzuwägen, um die Konsequenzen richtig abschätzen zu können", sagte Schwarz. Er wolle sich daher zunächst mit den Betroffenen austauschen. "Denn wir sprechen hier von Regelungen, die in Stuttgart und auch in Sigmaringen gelten würden", so Schwarz.
Junge Union BW will lieber über "Täter-Klientel" diskutieren
Die Junge Union Baden-Württemberg dagegen lehnt die nun diskutierten Böllerverbote ab. Diese seien nicht das richtige Mittel, sagte Florian Hummel, der Landesvorsitzende der Jungen Union. Stattdessen brauche es eine "konsequente Debatte ohne ideologische Scheuklappen über das Täter-Klientel, welches seit einigen Jahren bei jeder sich bietenden Gelegenheit deutsche Innenstädte in bürgerkriegsähnliche Schauplätze verwandelt", so Hummel. Er sprach von einer in Teilen gescheiterten Migrations- und Integrationspolitik. Auch aus der AfD-Landtagsfraktion hatte es die Forderung gegeben, die Täter klar zu benennen.