Als Walter Gropius am 21. März 1919 in Weimar das Bauhaus gründete, begann das Zeitalter der klassischen Moderne in der Kulturgeschichte. Das Bauhaus war revolutionär, weil es die Arbeiterklasse in die Kunst brachte und ein Design schaffte, dass sich am Nutzen für den Menschen statt an Protz orientierte.
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Das Jahrhundert von Weimar
Die Bonner, die Berliner, zuvor die Weimarer Republik – die Deutschen haben sich in ihrer Geschichte nicht nur mit Daten, sondern auch mit Orten Orientierungspunkte gegeben. Was für die politische Historie gilt, sollte sich mehr noch für die Kunst- und Kulturgeschichte als praktikabel erweisen.
Denn es könnte ein ganzes Jahrhundert, nämlich das 20., geradezu als das Jahrhundert von Weimar gelten. Und dieses kunstgeschichtliche Säkulum von Weimar begann am 21. März 1919 im Nationaltheater der thüringischen Klassik-Metropole.
Bauhaus: Die Geburtsstätte der klassischen Moderne
An diesem Freitagmorgen wurde dort nämlich das Bauhaus feierlich eröffnet, jene Schule, die seither als Brut- und Geburtsstätte der klassischen Moderne gilt. Und wenn es denn einen Vater des Bauhauses gibt, dann war es der damals gerade einmal 36-jährige Architekt Walter Gropius.
Auf Anregung des Großherzogs von Sachsen hatte er bereits vor Jahren entsprechende Pläne entwickelt. Nun, nach der Abdankung des Fürsten und auf Initiative der provisorischen Regierung, vereinte er die Weimarer Hochschule für bildende Künste mit den Resten der 1915 aufgelösten Kunstgewerbeschule.
Aus der Verschmelzung dieser beiden Akademien ging das Bauhaus hervor.
Die Arbeiterklasse betritt die Bühne der Kunst
Von diesem 21. März ging ein Beben aus, das die Kunst- und Kulturgeschichte wie kein anderes Ereignis des Jahrhunderts revolutionieren und prägen sollte. Nach dem Jugendstil, nach den düstern-protzigen Jahren der deutschen Gründerzeit, in der der aufkommende Kapitalismus die Vorräte des Feudalismus geplündert hatte, betrat die Arbeiterklasse die Bühne der Kunst.
In einer politisch revolutionären Epoche der endgültigen Demokratisierung forderte sie mit den Stimmen von Bruno Taut und Ludwig Mies van der Rohe, von Herwarth Walden und eben Walter Gropius eine Zusammenführung der Künste zum Wohle der Menschheit. Eine helle, freundliche, menschenwürdige Welt wollten sie gestalten.
Design für eine freundlichere Welt
Dazu müssen, so Gropius bereits in einem Manifest 1916, Handwerk, Industrie und Kunst Hand in Hand gehen. Und so schlossen Kunst und Handwerk und Industrie einen faustischen Pakt, um eine schöne neue Welt zu gestalten: mit Häusern, wie man sie später im Stuttgarter Weißenhof und schließlich in Chicago sah.
Mit Tapeten und Textilien, mit Messern und Gabeln, in denen der Imperativ des „form follows function“ seinen Ausdruck fand, indem die Form der Funktion folgte. Es entstand das moderne Design, die Ästhetik der Reduktion, ökologisch wie künstlerisch überzeugend.
Herausragende Beispiele sind etwa die legendäre Wagenfeld-Leuchte, der Barcelona Sessel Mies van der Rohes oder die weißen, kantigen Flachdachbauten eines Le Corbusier. Sie alle genießen heute Kultstatus und künden von der anhaltenden Wirkungsgeschichte des Bauhaus, der Moderne.
Bauhaus-Renaissance nach dem Krieg
An diesem 21. März 1919 begann die Moderne, begann das Kunstjahrhundert von Weimar. Und es begann der Streit um die Moderne, die die Nationalsozialisten alsbald als undeutsch verwerfen sollten.
In den 50er und 60er Jahren sollte sie dann hierzulande wieder ihre Renaissance erleben, bis sie in der industriellen Massenproduktion zum schnöden Einerlei verkam.
Im digitalen Zeitalter neu entdeckt
Ihre Kargheit führte zu einem Hunger nach Bildern, der in den 80er-Jahren in der Postmoderne, im Regionalismus, im Dekonstruktivismus seine vorübergehende Sättigung fand.
Diese Sättigung provozierte die Hungerkur, die ästhetische Diät der zweiten Moderne, womit das Bauhaus erneut auferstand. Nun wird es von den schlanken Elegantisten des digitalen Zeitalters neu entdeckt und formuliert.