Regisseur Christian Petzold war sprachlos über seinen Silbernen Bären auf der diesjährigen Berlinale: „Es bedeutet mir sehr viel, es hat mir sogar die Stimme verschlagen, als ich meinen Namen hörte", sagte er nach der Preisverleihung. In seinem Film „Roter Himmel“ erzählt er von vier jungen Menschen, die ihren Sommer an der Ostsee verbringen, bis plötzlich der Wald zu brennen anfängt. Ein Abgesang auf die Unbeschwertheit einer Generation. Bildstark und melancholisch.
Ein Sommerfilm im idyllischen Ferienhaus an der Ostsee
„Ich muss arbeiten“ – kein Satz fällt häufiger in Christian Petzolds Film „Roter Himmel“. Und keiner hat weniger Konsequenzen. Eigentlich soll der Schriftsteller Leon das Manuskript für sein Buch fertigstellen, aber irgendwie will ihm nichts gelingen. Dabei könnte das Setting schöner nicht sein: Zusammen mit drei netten jungen Leuten verbringt er den Sommer in einem verwunschenen Ferienhaus an der Ostsee im Wald. Während Felix, Nadja und Devid die Ferien am Meer genießen, fühlt sich Leon von so viel Lebensfreude provoziert.
Paula Beers Lächeln bringt alles zum Leuchten
Petzolds Stamm-Kameramann Hans Fromm kreiert mit seinen Bildern das traumartige Ambiente eines französischen Sommerfilms, in dem die Zeit still zu stehen scheint. Aus Leons Perspektive beobachtet die Kamera, wie die jungen Menschen miteinander umgehen: unbeschwert, liebevoll, im Einklang mit sich und der Welt.
Nur Leon selbst hält sich schlecht gelaunt aus allem raus, was Spaß machen könnte. Und auch Nadja näher zu kommen, schafft er nicht, obwohl er insgeheim längst in sie verliebt ist. Paula Beer spielt sie mit einem Lächeln, das alles zum Leuchten bringt.
Die Pose eines unverstandenen Künstlers
Thomas Schuberts Leon ist einer, der sich so sehr in der Rolle des unverstandenen Künstlers eingerichtet hat, dass er gar nicht mehr merkt, dass sein Schriftstellertum reine Pose ist. Denn wie kann einer wahrhaftig über das Leben und die Liebe schreiben, wenn er ausschließlich um sich selbst kreist? Nicht einmal der Horror der nahen Waldbrände löst etwas in Leon aus.
Regisseur, Drehbuchautor und Romantiker Christian Petzold
Die Waldbrände, die zunächst nur den titelgebenden Himmel glühend rot färben, rücken Stück für Stück näher an das Ferienidyll und verwandeln es schließlich in einen Sommernachtsalptraum. Der deutsche Sehnsuchtsort Wald endet als tote Landschaft, in der vom Leben, wie es bisher war, nichts übrig bleibt.
Wie schon in seinem letzten Film „Undine“ verzahnt Regisseur, Drehbuchautor und Romantiker Christian Petzold die Themen Liebe und Sterben eng miteinander. Im Vergleich zu der mythischen Liebe Undines wirken die hier erzählten Sommerliebesgeschichten allerdings eher klein.
Melancholische Abgesang auf die Unbeschwertheit einer Generation
Über die konkrete Geschichte hinaus kann man die Flammen durchaus auch in einem übergeordneten Sinn verstehen als Allegorie auf eine Gesellschaft, die mit sich selbst beschäftigt ist und kaum wahrnimmt, dass das Inferno in Gestalt des Klimawandels bereits vor der Tür steht.
Petzolds Film wirkt wie der melancholische Abgesang auf die Unbeschwertheit einer Generation und zugleich als Aufforderung an sie, die Zukunft in die eigene Hand zu nehmen und die Welt mit neuen Erzählungen zu verändern.