Premiere "Die Walküre" am Theater Basel

Oper

Voller Wut, aber ohne Fallhöhe: „Die Walküre“ feiert Premiere am Theater Basel

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AUTOR/IN
Bernd Künzig

Die Neuproduktion von Richard Wagners Opernvierteiler „Der Ring des Nibelungen“ versteht Intendant und Regisseur Benedikt von Peter als ein groß angelegtes Familienstück. Nach der kompletten Familie geht es im ersten Tag „Die Walküre“ um die Kinder des Familienoberhaupts Wotan. Sie sind letztlich Werkzeuge im Spiel um die Macht, mit dem der Ring der Herrschaft zurückerobert.

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In der Baseler Inszenierung der „Walküre“ geht es um die Demontage des Patriarchen

Wotan ist der große Donnerer und sorgt für schlechtes Wetter. In Richard Wagners „Walküre“ zieht er mit mächtigem Gewittersturm auf. Für Benedikt von Peter ist der oberste Gott in seiner Inszenierung des ersten Tags aus „Der Ring des Nibelungen“ am Theater Basel vor allem das gewalttätig wütende Familienoberhaupt. Es geht um die Demontage des Patriarchen.

Premiere "Die Walküre" am Theater Basel
Wotan (Nathan Berg)

Nathan Berg verkörpert ihn entsprechend. Hier wird stimmlich gewütet, gebellt, zumeist im Sprechton, der nur gelegentlich das Gesangliche streift. Aus Unvermögen oder aus Gründen des Konzepts sei dahingestellt. Die Einseitigkeit der Darstellung des ursprünglich komplexen Charakters verfehlt damit auch die tragische Fallhöhe.

Wotan als großer Manipulator und hinterlistiger Strippenzieher

Die kann es nicht geben, weil Wotan von Anfang an als großer Manipulator und hinterlistiger Strippenzieher gezeigt wird. Das von ihm als anarchische Hoffnung gezeugte Zwillingspaar Siegmund und Sieglinde samt Kind Siegfried ist in Basel bereits im „Rheingold“ dabei.

Auch in der „Walküre“ geistert der Kleine wieder durch Wotans Walhall im trüb ausgeleuchteten Bühnenbild von Natascha von Steiger. Wenn Siegmund und Sieglinde zueinander finden, ist Wotan als Kommandeur präsent und man weiß nicht so recht, will er das Paar zusammenbringen oder auseinanderreißen. Wohl letzteres. Denn zum orgasmischen ersten Aktschluss werden die beiden durch das übrige Walhall-Gelichter getrennt.

Premiere "Die Walküre" am Theater Basel
Siegmund und Sieglinde (Ric Fuhrmann, Theresa Kronthaler)

Zänkisches Gekeife: Der Ehedialog zwischen Wotan und Fricka

Damit fällt auch Wagners sinnlich-erotische Feier des Geschwisterinzests als Revolte flach. Das ist schade, weil Ric Furman mit heller Stimme einen im Gegensatz zur Regie ganz und gar nicht jämmerlichen Siegmund gibt. Die Sieglinde der Theresa Kronthaler ist mit wabernder Stimme allerdings keine angemessen besetzte Partnerin.

Wotans Aufklärung seiner Selbsttäuschungen durch Gattin Fricka als Moralhüterin der Zwangsehe von Sieglinde und Hunding, macht hier keinen Sinn mehr. Alle haben ja bereits erlebt, wie Wotan den angeblich freien Menschen manipuliert. Also versinkt der Ehedialog mit Solenn‘ Lavanant Linke als Fricka in einem zänkischen Gekeife, wie man es lange nicht mehr als Opern-Klischee erlebt hat.

Premiere "Die Walküre" am Theater Basel
Fricka (Solenn' Lavanant Linke) und Wotan

 Was am Anfang überinszeniert wirkt, ist später langweilig

Auch die eigentlich ihren Vater und das Zwillingspaar liebende Wotans-Tochter Brünnhilde kann ihr berüchtigtes Hojotoho-Jauchzen nur noch angstgetrieben hervorstoßen. Trine Møller singt gut. Für die Wandlung der Tochter zur visionär liebenden Frau fehlt aber das Ausdrucksvolumen.

Was am Anfang noch überinszeniert wirkt, ist danach langweilig. Wotan schlachtet alle ab, Siegmund, Hunding und zu guter Letzt auch noch Sieglinde. Brünnhilde wird im Rohbau zum Strafschlaf abgelegt, wo sie dann auf den sie erweckenden Helden warten soll.

Premiere "Die Walküre" am Theater Basel
Brünnhilde (Trine Møller) mit Wotan

Wotan macht sich mit gepacktem Köfferchen davon. Und dann umgeht Brünnhilde die läppischen Flämmchen des Feuerzaubers, um den übriggebliebenen Siegfried an den aus einem Loch kriechenden Zwerg Mime weiterzureichen. Fortsetzung folgt.

Das Sinfonieorchester Basel würde man gerne einmal uneingeschränkt hören

Wie bereits im „Rheingold“ erweist sich das unter der Bühnenmitte positionierte, abgedeckte Orchester klanglich problematisch. Die Streicher sind zu dominant, die Bläser im Hintergrund. Wenn dann noch der Vorhang am Ende des zweiten Aufzugs heruntergelassen wird, gibt es ein unschönes Fade-Out des akkordischen Knallschlusses. Das durch Jonathan Nott tempomäßig gut strukturierte Sinfonieorchester Basel würde man gerne einmal uneingeschränkt hören.

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