Theater

„Das Ministerium“ am Staatstheater Wiesbaden

Stand
Autor/in
Maja Hattesen

Obwohl der Intendant des Staatstheaters Wiesbaden, Uwe Erik Laufenberg, im echten Leben mitten im Kreuzfeuer der Kritik steht, hatte er als glühender Vertreter der Kunstfreiheit ein Stück in Auftrag gegeben, das genau diese Auseinandersetzungen thematisiert. „Das Ministerium“ heißt es. Und er hat damit riskiert, dass er selbst darin gar nicht gut wegkommt. Hut ab dafür, meint unsere Kritikerin Maja Hattesen – sie war bei der umjubelten Premiere.

Die Krise des Theaters wird auf die Bühne gebracht

Von Anfang an ist klar: An diesem Abend wird die Staatstheater-Krise auf der Bühne selbst verhandelt und zu einer Parabel auf politische und demokratische Prozesse erhoben, die in den Augen des Autoren-Duos David Gieselmann und Clemens Bechtel in Schieflage geraten sind – mit eindeutigen Bildern.

Auf der Bühne werden leere Schränke hin- und hergeschoben, das Nichts von der Politik verwaltet. Ein riesiger Dinosaurier nur noch aus Pappe steht sinnbildlich für die ewig gestrige Macht des alten weißen Mannes und am Ende gibt es eine einzige echte Schlammschlacht zwischen Künstler, Politikerin und Pressevertretern.

Anspielungen auf Documenta-Skandal und Hundekotattacke

Ein Frontalangriff nur auf die grüne Ministerin Angela Dorn, die kurz vor der Landtagswahl im Kreuzfeuer steht? Mitnichten! Im Stück kriegt jeder – wie es sich für eine Politsatire gehört – sein Fett weg: manchmal sehr plakativ und nur für Eingeweihte, aber über weite Strecken bitterböse karikiert.

Da ist zum Beispiel mit seinem Seidenschal und Sprachduktus sehr stark an Skandal-Intendanten Uwe Erik Laufenberg erinnernder Künstlertyp Ivo Stehental: Eine von ihm kuratierte Ausstellung über das „Nichts“ wird von der Presse als antisemitisch etikettiert, er rächt sich mit einem Hundehaufen, die er dem Kritiker ins Gesicht schmiert.

Da grüßen der Documenta-Skandal und die Hundewurst-Attacke auf eine Tanz-Kritikerin. Und natürlich die Causa Anna Netrebko, deren Auftritt Laufenberg gegen alle Widerstände in seinem Haus als Kunstfreiheit vehement verteidigt hatte.

Seitenhiebe auf die Politik

Hauptfigur ist die der grünen Ministerin Angela Dorn zum Verwechseln ähnliche Kulturministerin Anika Grohn, gleiche Lockenfrisur, gleicher Typ. Ihre politischen Ambitionen – sie will nach Berlin Kulturstaatsministerin werden – will ihre Familie aus Softie-Ehemann mit Fahrradhelm und wütender Aktivistentochter nicht mittragen und verweigert den Umzug in die Hauptstadt.

Anika Grohns Kommunikationschef Joni will mit, darf aber nicht. Sie braucht jemanden, der sich besser mit Kultur auskennt als sie – wieder ein Seitenhieb auf die keineswegs aus der Kultur stammende echte Ministerin.

In Marie Luisa Kerkhoffs Figurenzeichnung blitzt all das auf, was die Politik mitunter so brutal erscheinen lässt: der Verlust an Idealen, die geradezu körperlich eingeschriebene Anpassung einer noch unsicheren, gehetzten, um Authentizität bemühten Karrierefrau. Eine Journalistin aus Kindertagen soll eine Homestory über sie schreiben und erinnert den Polit-Shootingstar ans gemeinsame Krötenretten.

Gewinnerin des Abends ist die Demokratie

Gewinnerin an diesem Abend ist unsere Demokratie, die Kunst-, die Presse- und Meinungsfreiheit. Die tiefe Krise wäre der Elefant im Raum gewesen, hätte das Ensemble gestern nicht das verhandelt, was seit vielen Monaten rund um das Theater schwelt. In Russland oder dem Iran – das muss hier noch mal konstatiert werden – würde das Autoren-Duo dafür direkt im Gefängnis schmoren.

Und das ist wohl noch eine Erkenntnis: Können wir uns bitte endlich den wahren Problemen zuwenden?

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Maja Hattesen