Ingmar Hoerr ist Biologe und Gründer der Tübinger Biotech-Firma CureVac. Er ist Pionier der mRNA-Forschung. Seinen Visionen und seiner Hartnäckigkeit haben wir es zu verdanken, dass aktuell erfolgversprechend gegen Corona geimpft werden kann.
Am 13. März 2020 – nach Verhandlungen in Berlin mit Vertretern der Bundesregierung – erlitt Hoerr im Hotel eine Hirnblutung und lag sechs Wochen im Koma. Danach musste er alles neu lernen: Schlucken und Sprechen, Stehen und Laufen, Denken und Sprechen. Ingmar Hoerr hat sich zurückgekämpft.
Im Gespräch mit SWR1 Leute Moderator Wolfgang Heim erklärt der CureVac-Gründer unter anderem, wie mRNA Impfstoffe funktionieren und ob sie unfruchtbar machen.
Wie funktionieren mRNA-Impfstoffe?
Dietmar Hoerr: "Man kann es sehr vereinfachen, indem man dafür die Analogie "Software" nimmt: RNA und DNA sind die Software, aus der das Leben gespeist wird. DNA ist in den Chromosomen, die auch von Generation zu Generation vererbt wird und RNA ist der Nachrichtenübermittler, auch messengerRNA (messenger = englisch für "Nachricht") genannt.
Diese Boten-RNA hat man für lange Zeit nicht im Fokus gehabt, weil dieses Molekül sehr instabil ist; es wird sofort verdaut. Man möchte natürlich kein stabiles Molekül haben: Wenn die Information vermittelt wurde, dann ist das wie ein Briefumschlag - man zerknüllt ihn und schmeißt ihn weg. Genauso ist das bei der RNA."
Das heißt: mRNA–Moleküle werden in den menschlichen Körper eingebracht und die Immunabwehr des Menschen wird entsprechend programmiert und aktiviert?
Hoerr: "Genau. RNA ist überall im Körper, das heißt, der Körper kennt das und es gibt Möglichkeiten, diese RNA abzulesen und Proteine, also Eiweißstoffe, zu machen. Das setzen wir ein, indem wir einfach einen Bauplan von einem Eiweißstoff beispielsweise in einen Muskel injizieren. Diesen nehmen die Muskelzellen dann auf und dann werden sie – so wie sie es eigentlich immer machen, wenn sie RNA haben – diese Eiweiße exprimieren (bauen). Die Eiweißstoffe, die dann entstehen, sind das eigentliche Vakzin - und nicht die RNA."
Verändert und schädigt die mRNA-Impfung die menschliche DNA?
Hoerr: "Das ist wissenschaftlich nicht möglich – wir reden über RNA, also Boten-Ribonukleinsäure. Das ist seit der Evolution ein Botenstoff, der so gemacht ist, dass er wieder weggeht. Informationen werden wie in einem Umschlag übermittelt – der danach zerknüllt und weggeschmissen wird. Es ist also nicht möglich, dass eine RNA im Körper verbleibt. Sie wird abgebaut – das ist wissenschaftlich fundiert erwiesen."
Warum werden Schwangere nicht geimpft?
Hoerr: "Man möchte natürlich bei Schwangeren keine Risiken eingehen. Aber das betrifft ja alle Impfungen, nicht nur diese RNA Impfungen. Auch Tetanus und andere Impfungen; das sind alles Sachen, die man da letztlich hinten anstellt, um das Neugeborene nicht zu schädigen."
Was ist mit Langzeitfolgen? Ein Impfstoff, der in weniger als einem Jahr entwickelt wurde, kann doch gar nicht funktionieren?
Hoerr: "Auch hier denke ich: man sollte sich doch freuen, dass wir irgendwie eine Waffe haben. Natürlich muss man das auch langfristig sehen – aber was man wirklich sehen kann ist, dass diese RNA auch wieder verschwindet. Die Immunantwort ist da und die RNA verschwindet. Jetzt kann man natürlich diskutieren: Wie lange besteht die Immunantwort? Braucht man eine Auffrischimpfung beispielsweise nach einem Jahr? Aber das sind alles Dinge, die ganz normal sind bei einem Impfstoff."