Mathematische Simulation der wirksamsten Corona-Impfstrategie
Amerikanische Wissenschaftler*innen haben mit mathematischen Modellen simuliert, durch welche Impfstrategie die Corona-Pandemie am wirksamsten eingedämmt werden könnte. Sie entwerfen dazu mehrere Szenarien.
Szenario 1 - Ausreichend Impfstoff, dann zuerst junge Erwachsene impfen
Bei einer hohen Wirksamkeit des neuen Covid-Impfstoffes über 70% ist es nach der Modellierungsstudie ideal, zunächst die Altersgruppen zu impfen, die die höchsten Virus-Übertragungsraten zeigen. Das sind jüngere Erwachsene.
Die Impfung derjenigen, die die meisten Kontakte haben, und die Übertragung voran treiben, führt zu einer deutlichen Verlangsamung der Epidemie und damit insgesamt zu weniger Todesfällen.
Der Impfschutz für Gruppen mit hoher Übertragungsrate schützt indirekt die Gruppen mit hohem Risiko und stellt daher die optimale Nutzung der Ressourcen dar, so die Forscher*innen aus Seattle.
Szenario 2 - Wenig Impfstoff, dann erst Hochrisikogruppen impfen
Aber wenn der Impfstoff nicht gleich für mindestens die Hälfte der Bevölkerung zur Verfügung steht, ist es besser, zuerst die Hochrisikogruppen zu impfen. Erst wenn genügend Impfstoff da ist, dann nutzt er am meisten, wenn er zuerst an die Gruppen mit hoher Übertragungsrate verteilt wird.
Grenzen der Simulation und Kompromiss
Doch auch die amerikanischen Modellierer kommen zu dem Schluss, dass die Verteilung des Impfstoffes auch ethische, politische und gesellschaftliche Faktoren berücksichtigen muss.
Sie schlagen daher als praktikable Lösung vor, bei einer großen Verfügbarkeit von Impfstoffen zunächst die Hochrisikogruppen zu impfen und dann die Hochübertragungsgruppen.
Deutsches Positionspapier zur Impfstoffverteilung
Die Ständige Impfkommission (STIKO) hat gemeinsam mit dem Deutschen Ethikrat und der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina ein Positionspapier mit Rahmenbedingungen für die Impfstoffverteilung vorgelegt.
Zuallererst sollen danach jene Menschen geimpft werden, die das höchste Risiko haben, durch das Virus schwer zu erkranken oder zu sterben. Das sind Bewohner*innen von Senioren- und Altenpflegeheimen sowie Personen im Alter von über 80 Jahren.
Außerdem müssten jene rasch geimpft werden, die Erkrankten beistünden und dadurch selbst ein erhöhtes Risiko einer Covid-19-Infektion trügen. Also zum Beispiel Beschäftigte im Gesundheitswesen.
Hinzu kommt, dass Menschen, die in «Bereichen der Daseinsvorsorge» Schlüsselfunktionen innehaben, ebenfalls prioritär geimpft werden sollen. Dazu zählen Beschäftigte bei der Polizei, in Gesundheitsämtern oder an Schulen.
Das Verteilungskonzept kann aber im Detail erst festgelegt werden, wenn ein konkreter Impfstoff zugelassen ist und dessen möglicherweise spezifische Wirkung bei einzelnen Bevölkerungsgruppen bekannt ist.
Keine Impfpflicht geplant
Wichtig auch: Es wird keine Impfpflicht geben. Die Impfung soll freiwillig in staatlichen Impfzentren unabhängig vom Versichertenstatus durchgeführt werden.
Um mögliche Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen und die Wirksamkeit weiter zu ermitteln, sollten die Impfungen bundesweit in einer zentralen Datenbank online erfasst werden.
Zuständig für die nationale Planung und Verteilung nach Einführung eines geeigneten Impfstoffs sind das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und die Bundesländer.
Impfung naher Kontaktpersonen als Strategie
Im Nationalen Pandemieplan des RKI findet sich eine weitere Priorisierungsgruppe: Menschen, die einen besonders großen Einfluss auf die Viruszirkulation haben. Die Gesellschaft für Virologie hat aber bereits in einer Stellungnahme klar gestellt: Es sei schwierig, diese Personengruppe zu definieren. Ein großer Teil der Infektionen sei zwar auf „Superspreader“ zurückzuführen, diese Menschen könne man aber nicht im Voraus identifizieren.
Die Gesellschaft für Virologie rät bei schwacher Wirksamkeit in einer besonders gefährdeten Personengruppe zu einer „Kokon-Strategie“. Damit ist die Impfung naher Kontaktpersonen gemeint, die dann als Überträger ausscheiden. Zum Beispiel betreuende Angehörige und medizinisches Personal in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern.
Ideal wäre auch, wenn die Impfstoff-Verteilung regionale Fallzahlen berücksichtigte. Doch die Gesellschaft für Virologie merkt an, dass ein solches Vorgehen bei der Priorisierung politisch sicherlich nur schwer umsetzbar ist.