In Science-Fiction-Filmen kommen Wurmlöcher dann ins Spiel, wenn es darum geht, Menschen ganz schnell in entfernte Gegenden des Universums bringen – oder aber bei Zeitreisen. Das Wurmloch ist in diesem Zusammenhang also eine Abkürzung im Universum oder ein Fenster in die Zukunft oder die Vergangenheit. Das hat aber mit dem, was Astrophysiker unter einem Wurmloch verstehen, nur sehr entfernt etwas zu tun.
Was also ist ein Wurmloch? Wenn man sich einen Apfel vorstellt, durch den sich ein Wurm von der einen zur anderen Seite durchgefressen hat, ist das eine ganz gute Analogie zu dem, was sich Physiker unter einem Wurmloch vorstellen. Der Apfel – oder genauer gesagt: die Oberfläche des Apfels – würde das gesamte Universum darstellen, sodass der Wurm tatsächlich eine Abkürzung nähme.
Der Apfel und Einsteins gekrümmte Raumzeit
Der Vergleich mit dem Apfel hänt mit Albert Einstein zusammen, konkret: mit zwei zentralen Thesen dieser Theorie. Die erste ist, dass Raum und Zeit eine Einheit bilden, nämlich die vierdimensionale Raumzeit. Und die zweite ist, dass diese Raumzeit überall dort, wo sich Materie und Energie befinden, gekrümmt ist. Damit sind wir wieder beim Apfel: Die gerundete Oberfläche des Apfels steht in diesem Bild für die gekrümmte Raumzeit. Der Unterschied ist: Die Apfeloberfläche ist zweidimensional, die Raumzeit vierdimensional – was sich schlecht darstellen lässt. Jetzt stellen wir uns eine Ameise vor, die über den Apfel läuft. Die Ameise ist so klein, dass sie von der Krümmung nichts merkt – so wie wir auf der Erdoberfläche das Gefühl haben, dass wir uns auf einer flachen Ebene bewegen. Aber selbst wenn wir Tausende Kilometer immer geradeaus fahren würden, ist unsere Bewegungslinie in Wirklichkeit gekrümmt. Und so ähnlich ist das auch mit der gekrümmten Raumzeit: Wir haben das Gefühl, alles ist flach, dabei ist alles gekrümmt. Das bemerken wir aber nicht, weil alles, woran wir uns orientieren, diese Krümmung mitmacht – zum Beispiel auch Lichtstrahlen.
Wenn der Wurm auf der Henkeltasse eine Abkürzung nimmt
Es gibt aber noch ein paar andere Aspekte, wo der Vergleich mit dem Apfel auch schon an seine Grenzen kommt: Zum Beispiel ist der Apfel in sich geschlossen. Eine Ameise kann auf der Oberfläche einmal herumlaufen und ist am Ende wieder da, wo sie gestartet ist. Das ist im Universum oder gar in der Raumzeit nicht unbedingt so. Das Bild vom Apfel ist aber noch aus einem anderen Grund schief. Denn wenn ich sage, die Apfeloberfläche ist das Universum, stellt sich natürlich die Frage: Wozu gehört denn dann das Wurmloch bzw. der Wurm, wenn er mitten im Apfel ist? An der Stelle verlassen die Physiker das Bild vom Apfel und bemühen lieber einen anderen Vergleich: Nämlich den von einer Tasse mit einem Henkel. Die Tasse hat ja auch eine gekrümmte Oberfläche. Am Henkel passiert aber etwas Besonderes. Stellen wir uns wieder eine Ameise vor, die sich bis zum unteren Ende des Henkels hochgearbeitet hat. Um ans obere Ende des Henkels zu gelangen, kann sie an der Henkeloberfläche entlangkrabbeln. Sie kann aber auch eine Abkürzung nehmen und sich über die eigentliche Tassenoberfläche vom unteren Henkelansatz zum oberen bewegen. Diese Abkürzung entspricht mathematisch eher dem Wurmloch der Physiker, d. h. sie stellen sich vor, dass es in der Raumzeit Strukturen geben kann ähnlich wie die Henkel von Tassen – nur eben vierdimensional…
Wurmlöcher sind mathematisch-physikalisches Konstrukt
Ob es solche Wurmlöcher wirklich gibt, weiß niemand. Ein Wurmloch ist nur ein mathematisch-physikalisches Konstrukt, das unter ganz bestimmten Bedingungen möglich sein könnte. Es gibt bisher aber keinerlei Beweis oder Anzeichen dafür, dass es sie wirklich gibt. Und selbst wenn es sie gäbe, bliebe die Frage, wie sie wirklich beschaffen sind, ob man sie gezielt nutzen kann oder zufällig hineingeraten kann?
Und ob man diese Reise durch ein Wurmloch überleben würde, steht nochmal auf einem ganz anderen Blatt. Insofern ist es derzeit, was es ist: Science-Fiction.
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