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Sexualisierte Gewalt im Sport – Wie Vereine Belästigung und Missbrauch verhindern

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Autor/in
Marcus Schwandner
Marcus Schwandner
Onlinefassung
Candy Sauer

Jede 3. Sportlerin erlebt sexuelle Gewalt, jede 10. schwere sexualisierte Gewalt

Bei einer Studie von 2016, für die 1.800 Leistungssportlerinnen und -sportler befragt wurden, gab jede dritte Sportlerin an, sexualisierte Gewalt im Sport erlebt zu haben. Sportlerinnen sind deutlich häufiger betroffen als Sportler. Etwa jede zehnte Sportlerin hat demnach schwere oder länger andauernde sexualisierte Gewalt erlebt.

Sexualisierte Gewalt im Sport – lange ein Tabu

Das Thema wurde lange Zeit nicht ernst genommen, Vorfälle verleugnet, die Opfer beschämt und nicht gehört, erläutert Bettina Rulofs, Professorin für Soziologie und Genderforschung an der Deutschen Sporthochschule in Köln.

"Das Thema war lange tabuisiert und wir sehen jetzt eine Veränderung seit etwa dem Jahr 2010. Das ist angestoßen durch große Fälle sexuellen Kindesmissbrauchs, die beispielsweise in Internatsschulen passiert sind, oder im kirchlichen Bereich, und es in Folge dieser Fälle politische Initiativen gab, an denen auch der Sport beteiligt wurde, und somit auch das Bewusstsein im Sport sich langsam entwickelt hat."

Wer sind die Täter?

Was sind das überhaupt für Trainer, die ihnen anvertrauten Sportlerinnen sexualisierte Gewalt antun oder sie gar missbrauchen? Bettina Rulofs hat auch das für ihre Studie "Safe Sport" untersucht.

"Da gibt es die Trainer, die noch eher so ein sehr stark hierarchischen Trainingsstil ausüben, mit sehr rigiden Vorgaben, mit auch zum Teil manipulativen Techniken. Da werden also mitunter auch einzelne Sportler gegeneinander ausgespielt. Da geht es immer darum, wer hat die beste Stellung im Team? Da findet viel psychische Gewalt statt. Und dann könnte es eben in solchen Konstellationen auch im Extremfall dazu kommen, dass sexuelle Gewalt stattfindet."

In vielen Vereinen taucht mittlerweile aber oft auch ein ganz anderer Trainertypus auf, nicht der harte Hund, sondern eher ein lieber Kumpeltyp.

"Der total nette, junge Trainer, der sich eher als Freund darstellt, der mit den Kindern auch ganz viel außerhalb des Sports macht, Best Friend, Supertyp, und sich über diesen Weg das Vertrauen der Familien und der Kinder erschleicht. Das macht es schwer, diesen Typ von Täter zu entlarven."

Auch unter den Teammitgliedern kann es zu Übergriffen und Belästigungen kommen, auf Sportfreizeiten oder vor oder nach dem Training. Gerade unter eher Gleichaltrigen findet sexualisierte Gewalt mittlerweile häufig per Handy statt, in Form einer WhatsApp-Nachricht oder über versendete Pornodarstellungen. Täter sind dann eher gleichaltrige Jugendliche oder junge Männer.

Politik und Sportverbände arbeiten zunehmen an Lösungen

In den letzten zehn Jahren hat sich viel verändert. Sogar die Ampel-Koalition hat das Thema aufgegriffen und unterstützt eine von Athletinnen und Athleten initiierte Aktion für sicheren Sport. Mittlerweile setzen sich alle Landessportbünde, die Deutsche Sportjugend, der Deutsche Olympische Sportbund und ein Drittel der Vereine mit dem Thema ‚Sexualisierte Gewalt‘ auseinander.

Eine aktuelle Studie von 2021 listet auf, dass mittlerweile 73 Prozent der befragten 102 Stadt- und Kreissportbünde in Deutschland Ansprechpersonen für das Thema sexualisierte Gewalt haben und einzelne Präventionsmaßnahmen durchführen, aber in nur 16 Prozent der Vereine gibt es spezifische Arbeitsgruppen. Die Studienautoren fordern, dass das Thema auch schon während der Ausbildung von Assistenztrainern bearbeitet wird. Auch Vereine können sich zertifizieren lassen und dem Qualitätsbündnis beitreten.

Mit einem Stufenmodell widmet sich nun auch der Deutsche Olympische Sportbund dem Thema und verpflichtet seine Mitglieder, bis Ende 2024 alle Maßnahmen umzusetzen. Da geht es nicht nur um Prävention, Qualifikation von Ansprechpersonen und Trainern, sondern auch um den Lizenzentzug, falls Trainer gegenüber Sportlerinnen gewalttätig geworden sind.

Nach wie vor ist noch vieles im Dunkeln, denn die Vereine beschäftigen sich nur zögerlich mit dem Thema. Aber die Verbände auf Stadt-, Kreis- oder Landesebene haben das Thema erkannt und bieten Fortbildungen und Unterstützung an, um Sportler und Sportlerinnen vor sexualisierter Gewalt zu schützen. Und immer mehr Fälle landen auch jetzt schon vor Gericht.

Auch die neue Bundesregierung mit der für Sport zuständigen Innenministerin Nancy Faeser von der SPD hat angekündigt, ein unabhängiges Zentrum für Safe Sport – für sicheren – Sport einzurichten und entschlossener gegen sexualisierte Gewalt im Sport vorzugehen.

Es scheint, dass das Thema auch ganz oben angekommen ist.

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