Preis für elektronische Musik

Giga-Hertz-Preis für Elektronik-Pionierin Laurie Spiegel

Stand
Autor/in
Lydia Jeschke
Lydia Jeschke
Onlinefassung
Teodora Mebus

Die US-amerikanische Komponistin und Programmiererin Laurie Spiegel wird mit dem Giga-Hertz-Preis für ihr Lebenswerk ausgezeichnet. Sie komponierte bereits in den 1970ern mit Algorithmen, ihre Musik wurde mit der Raumsonde Voyager ins All geschossen, und sie schrieb auch für die „Tribute von Panem“. Als Elektronik-Pionierin überzeugte sie die Welt davon, dass Computer-Musik auch gefühlvoll sein kann.

Audio herunterladen (9,2 MB | MP3)

Zunächst hatte Laurie Spiegel, geboren 1945 in Chicago, Sozialwissenschaften studiert, dann in Großbritannien klassische Gitarre und Komposition, schließlich noch Renaissance- und Barocklaute sowie Komposition an der New Yorker Juillard School of Music.

Von der Barocklaute zum Synthesizer

Mit Ende 20 begann sie, bei den traditionsreichen Bell Laboratories zu arbeiten, jener technischen Forschungseinrichtung, die schon Jahrzehnte zuvor extraterrestrische Radiowellen entdeckt hatte, erste Solarzellen entwickelte sowie Transistoren, spezielle Laser und frühe Programmiersprachen.

Deren elektronische Geräte, Computer und Synthesizer durfte die junge Komponistin zunächst einfach nur unentgeltlich benutzen, wie Laurie Spiegel 2017 in einem ihrer wenigen Interviews für Waveshaper TV erzählt – bis man die junge Komponistin dann offiziell einstellte.

Ich komme aus den 60er-Jahren, aus einer Zeit der Folk Music. Computermusik, wie ich sie verstehe, ist nichts Abgehobenes oder Hyper-Intellektuelles, sondern in gewisser Weise auch eine Art Volksmusik.

Eine Musikerin, geübt in Aktion und Reaktion beim Spielen, schien also optimal geeignet für die Programmierung eines interaktiven Computersystems. 1977, zum 50-jährigen Jubiläum des amerikanischen Tonfilms, präsentierte Laurie Spiegel dann im Auftrag der Bell Labs in Hollywood den weltweit ersten digitalen Synthesizer, der in Echtzeit arbeitete.

Voyager Golden Records – Spiegels Musik für extraterestrische Lebewesen

Die Vorderseite der vergoldeten Schallplatte. In der Mitte steht "The Sounds of Earth"
Die Golden Records an Bord der Raumsonden Voyager 1 und 2 enthalten Informationen über die Menschheit – darunter Bilddaten, Musik und Grußbotschaften an Außerirdische.

Im selben Jahr schoss die Nasa die beiden Sonden Voyager 1 und 2 ins All, bestückt mit der „Voyager Golden Record“: einer Sammlung von Bildern und Tönen der Erde, gedacht für die Kommunikation mit außerirdischen Lebewesen.

Darauf findet sich neben Strawinskys „Sacre du Printemps“, einer indischen Raga und dem Beginn von Beethovens Fünfter Sinfonie auch eine Computer-Komposition von Laurie Spiegel, in der sie sich mit der „Harmonie der Welt“ von Johannes Kepler beschäftigt.

Computer Music Studio New York und Filmmusik

Immer wieder hat sich Laurie Spiegel überlegt, wie bislang unbekannte Welten klingen könnten; sie tut es bis heute – als freischaffende Künstlerin in New York. Laurie Spiegel gründete das Computer Music Studio der New York University und sie komponierte für Elektronik und für traditionelle Instrumente, unter anderem auch Filmmusik für einige größere Produktionen.

In all dem verfolgte sie immer auch die Idee einer Verbreitung und Vereinfachung des schöpferischen Musikmachens. Berühmt wurde ihre Software „Music Mouse“, die sie 1986 auf den Markt brachte. Mit deren Hilfe ließen sich, gesteuert durch die Computermaus, Akkorde und Skalen als Basis für musikalische Ideen auch ohne große musiktheoretische Kenntnisse verwenden und zusammensetzen.

Laurie Spiegel 1977 bei den Bell Labs

Giga-Hertz-Preis

Laurie Spiegel bekommt den mit 10.000 Euro dotierten Giga-Hertz Hauptpreis 2023 für ihr Lebenswerk als Komponistin. Die Produktionspreise gehen an die Komponistin und Performerin Lea Bertucci sowie an die Klangkünstlerin Jessica Ekomane. Das „Trio This Machine!“ erhält den Förderpreis „PopExperimental“. Der Giga-Hertz-Preis ist der Komposition gewidmet und wird vom Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe (ZKM) und dem SWR Experimentalstudio ausgelobt.