Buch-Tipp

Teresa Hrdlicka: „Komponisten auf Sommerfrische in Bad Ischl“

Stand
Autor/in
Andreas Maurer

Bad Ischl, das Idyll im Salzkammergut, ist Europäische Kulturhauptstadt 2024. Eine Glanz-Zeit erlebte der Ort während der Habsbruger-Monarchie, denn im Kurort verbrachte der Kaiser den Sommer. Musikwissenschaftlerin Teresa Hrdlicka begleitet in ihrem neuen Buch sieben Komponisten, die eng mit dem kaiserlichen Kurort verbunden waren.

Im Salzkammergut, da kann man gut lustig sein

Die Musikwissenschaftlerin Teresa Hrdlicka begleitet in ihrem neuen Buch Komponisten auf Sommerfrische in Bad Ischl und entführt die Leserinnen und Leser in dieses wunderschöne Herzstück des Salzkammergutes. 

 Seinen Weltruf begründet der Kurort im 19. Jahrhundert. Die sommerliche Anwesenheit des Kaisers sorgt für eine gesellschaftliche Sogwirkung par excellence. 

Industrielle, Dichter, Librettisten, Operndiven, Schauspieler, Theaterdirektoren und natürlich Musiker und Komponisten - sie alle strömen in die Stadt. Einerseits um Geschäfte zu machen, andererseits um sich von der Natur in und um Ischl verzaubern zu lassen.

Historische Aufnahme von  Johann Strauß Sohn und Johannes Brahms
In Bad Ischl trafen sich prominente Komponisten, unter ihnen auch Johannes Strauss Sohn und Johannes Brahms.

Brahms sucht Ruhe vor den Groopies am Wörthersee

Der gemütliche Hamburger Johannes Brahms verbringt ganze zehn Sommer im Salzkammergut. Eigentlich hat es sich der Komponist ja bereits in Pötschach am Wörthersee, im Süden Österreichs, gemütlich gemacht. Zaungäste beim Klavierspiel und stalkende Autogrammjäger vermiesen ihm aber dort das türkisblaue Wasser. 

In Teresa Hrdlickas Buch öffnet Brahms aber seine Türen: 

Die etwas unattraktive, sonnenarme Lage der Wohnung kam Brahms’ Bedürfnis nach Ruhe und Einsamkeit entgegen. Und noch einen großen Vorteil bot die Unterkunft: Sie verfügte über zwei Eingänge, so dass Brahms, wenn un- erwünschter Besuch nahte, sich durch schleunige Flucht durch den zweiten Ausgang entziehen konnte.

Der Hamburger verduftet aber nicht. Zusammen trinken wir mit dem bärtigen Tonschöpfer einen schwarzen Kaffee auf der Esplanade des Café Walther (heute Café Zauner) und dürfen ihm sogar beim Komponieren seines Klarinettentrios über die Schulter schauen.  

Forum Sisi für das 21. Jahrhundert – Was bleibt von der Kaiserin der Herzen?

Gregor Papsch diskutiert mit
Alfons Schweiggert, Autor, München
Mag. phil. Katrin Unterreiner, Historikerin und Kunsthistorikerin, Wien
Dr. Martina Winkelhofer, Historikerin, Wien

SWR2 Forum SWR2

 Stelldichein mit der Crème de la Crème der Musikszene

Mit dem Aufenthalt von Johann Strauss Sohn wird Ischl dann vollends zur sommerlichen Musik-Zentrale, vor allem der österreichischen Operettenszene. Wie um den Kaiser, versammeln sich Librettisten und Co. nun eben um den „Walzerkönig“. 

Die Crème de la Crème der Wiener Musikszene gibt sich im sommerlichen Ischl ein Stelldichein. Anton Bruckner spielt in Ischl bei der Vermählung der Kaisertochter die Orgel – auf Wunsch der Braut. Die Hotelkosten wurden damals vom knausrigen Ehepaar aber scheinbar nicht erstattet, denn Bruckner schreibt: 

Ich schreibe auch an H[errn] Autengruber, u[nd] bitte ihn, d[a]ß er sich auch der Situation annehmen wolle, u[nd] wegen einer Wohnung. Nöthigen Falles einen Strohsack in ein Schulzimmer. 

 Schließlich kommt der bescheidene Hoforganist dann im Pfarrhof unter. In einem Bett, ist anzunehmen. Bei der Hochzeit orgelt er Variationen über die Kaiserhymne, die er in Händels „Halleluja“ überleitet.

Fassade der Lehár-Villa in Bad Ischl
1912 erwarb der erfolgreiche Operettenkomponist Franz Lehár seine eigene Villa in Bad Ischl. Gemäß dokumentarischem Willen Lehárs beherbergt sie heute ein Museum.

Kurzweilige Büchlein mit musikwissenschaftlichen Details

Teresa Hrlicka hält in ihrem Buch Rundschau, mit klarer Sprache und vielen vielen Zitaten, die nicht nur von den Komponisten selbst, sondern auch von Zeitzeugen stammen. Angereichert wird das kurzweilige Büchlein mit musikwissenschaftlichen Details - einer Chronologie der Ischl-Besuche oder Bildern von Aufführungen und Plakaten.  

Es sind intime Einblicke, die man in Teresa Hrlickas klingendem Ischl-Trip erhaschen kann, Zeitgeschichte, die sicher nicht nur für Ischlerinnen und Ischler von Interesse ist und die vor allem von einem spricht: dem Sehnsuchtsort Ischl, der auch den Ungarn Emmerich Kálmán ergreift und von dem Franz Lehár rückblickend schwärmt: 

Die ungemein schöne Welt, die mich hier umgibt, die Berge, die Flüsse, die prachtvolle Luft regen an. Wie schon ein Nichtkünstler leise vor sich hin summt, wenn er sich wohl fühlt, so geht’s uns Künstlern halt auch, und plötzlich ist der Einfall da, die Melodie, die zur Strecke gebracht werden kann.

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Autor/in
Andreas Maurer